Untot | Sie sind zurück und hungrig
auf die Knie fallen lässt, um seinen Körper und seine Atmung zu stabilisieren, geht mir plötzlich auf, dass er hier der Glückspilz ist. Die Untoten setzen sich wieder in Bewegung und stolpern auf uns zu – jetzt kommen sie von beiden Seiten. Sie lassen echt nicht locker.
Pete krächzt irgendwas, Panik in den Augen, einen Arm zu uns hochgereckt. Zuerst denke ich, er will vor Verzweiflung schreien, weil er davongetragen wird, aber in diesem Moment kriegt er wieder Luft und ruft noch mal. »Springt!«
»Nie im Leben«, faucht Alice.
»Doch.« Russ steigt über das Geländer. »Wenn er das schafft, schaffen wir das auch.«
»Er ist nicht gesprungen, er ist runtergefallen«, meckert Alice, aber sie macht sich zum Sprung bereit. Und wir anderen auch.
»Das ist ein Klacks, Alice«, ruft Russ. »Pete hat sich nicht mal was getan dabei!«
Pete, der da zusammengekauert hockt und mit bleichem, verzerrtem Gesicht zu uns heraufschaut, sieht das vielleicht ein bisschen anders. Und doch will er uns eindeutig bei sich haben. »Nun macht schon! Der Zug wird schneller.«
Na toll. Smitty spielt Bleifuß und Thomas, die kleine Lokomotive, wird zur Rakete. Aber die Wahrheit ist, dass uns das nun auch nicht mehr abschrecken wird. Jetzt betreten nämlich die Zombies die Bühne, Auftritt von rechts und Auftritt von links. Uns bleibt gar nichts anderes übrig, als zu springen.
Russ macht den Anfang und legt einen athletischen Sprung durch die Luft mit Landung in der Hocke hin. Er rennt leichtfüßig den fahrenden Zug entlang, bis er genau unter uns ist, und geht dann auf der Stelle, als würde er auf einem Laufband trainieren.
»Ich fang euch auf.«
Ich drehe mich zu Alice um. »Komm, wir springen zusammen.« Ich halte ihr eine Hand hin und nicke.
»Bleib mir ja mit deiner Dreckspfote weg!«, kreischt sie. »Ich trau dir nicht.«
Ich sehe zu den Zombies hinüber. Gleich haben sie uns.
»Traust du denen mehr?«, brülle ich zurück. »Wenn ja, dann bleib meinetwegen hier und feier schön. Wird bestimmt ’ne Mordsparty!«
Der erste Zombie brüllt in unsere Richtung; übler Fischgestank schlägt mir entgegen, aber so was von widerlich. Alice kann mich mal, dieser Zug fährt von hier weg, und zwar mit mir. Wem will sie denn was vormachen? Sie wird so oder so nach mir da herunterspringen oder -fallen und ich will aus dem Weg sein, wenn sie’s tut, damit sie mir bei der Landung nicht das Genick bricht. Ich mache mich zum Sprung bereit.
»Bobby!« Russ zeigt hektisch auf das Ende des Zugs, das schnell immer näher kommt. »Ihr müsst springen, sofort!«
Ich ducke mich ein bisschen, hole tief Luft und …
»Hilf mir«, wimmert Alice. »Bitte.«
»Alles klar.« Ich nicke und nehme ihre Hand. »Bei drei. Eins, zwei …«
»Aaah!« Alice stürzt hinunter, bevor ich fertig bin, und reißt mich mit. Als unsere Füße auf das Zugdach schlagen, wird mir ihre Hand entrissen und wir können beide das Gleichgewicht nicht halten und fallen nach hinten um. Ich mache eine perfekte Rückwärtsrolle und lande auf Händen und Knien. Alice ist irgendwo hinter mir. Ich drehe mich um, sehe nach ihr – und sie ist weg.
Da ist nur noch das Ende des letzten Wagens zu sehen, als wir den Überweg hinter uns lassen und die Zombies uns von oben hinterherwinken.
Kapitel
21
»Aliiiice!«
Ich krieche zur Kante und hoffe, dass ich ihre zartrosa Fingernägel zu sehen bekomme, mit denen sie sich festkrallt. Aber denkste. Ich traue mich kaum, hinunterzugucken, aber ich zwinge mich dazu.
Da unten ist sie, liegt seitlich auf diesem kleinen Gitterbalkon, der hinten aus dem Zug herausragt. Sie liegt da und stöhnt, die Arme um den Oberkörper geschlungen, während der Zug ruckelnd Tempo aufnimmt.
Von dem eiskalten Fahrtwind bekomme ich Kopfschmerzen. Ich muss hier weg – bevor ich heruntergeweht werde. »Bleib da, Alice!« Ich sehe mich nach einem Weg zu ihr nach unten um und da ist eine Leiter.
Eine Sekunde später bin ich bei ihr und sie flucht, weil ich auf sie draufgetreten bin; ist nicht gerade viel Platz hier. »Dann geht es dir also gut«, knurre ich und ziehe sie ins Sitzen hoch.
»Habe ich je erwähnt, dass ich Klassenreisen total hasse?«, blubbert sie los. »Wer hätte je gedacht, dass ich den netten kuscheligen Bus mal vermissen würde?« Sie sieht hinter sich auf die Gleise. »Igitt, voll eklig. Smitty überfährt sie einfach.«
Die Schienen sind rot. Ab und zu ruckelt es, wenn wir Leichen überfahren. Sie müssen allerdings
Weitere Kostenlose Bücher