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Untreu

Titel: Untreu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa v Bernuth
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so überzeugt.
    Ein warmer Wind spielte mit den abscheulich gemusterten Vorhängen am Schlafzimmerfenster. Von draußen hörte man Kindergeschrei, untermalt vom Tosen der Wellen. Anfangs hatte Mona wegen des ständigen Seegangs nicht schlafen können. Inzwischen wusste sie gar nicht mehr, wie sie es jemals ohne Meer hatte aushalten können. Nachts beruhigte sie das beständige Geräusch der Wellen, morgens machte es sie glücklich, weil es Freiheit verhieß von allem, was sie sonst bewegte und beschäftigte.
    Monas Lippen waren aufgesprungen und schmeckten nach Salz. Wenn man in einem Strandhaus Ferien machte, schmeckt bald alles nach Salz. Nach Salz und dem feinen weißen Sand, der einem unablässig zwischen den Zähnen knirschte. Es war Mitte September, aber heiß wie im Hochsommer. Die Luft war so trocken, dass einem die Haut in Fetzen abging, wenn man sich nicht ständig eincremte. Aber sonst war das Leben wunderbar.
    Fast perfekt.
    Mona lag auf dem gemachten Bett, den rechten Arm unter dem Kopf. Neben ihr Anton, der Sonnenöl auf ihren Bauch tropfen ließ und es langsam, mit kreisenden Bewegungen, verrieb.
    »Nicht.«
    »Was denn?«
    »Nicht da. Du weißt schon.«
    Aber Anton ließ seine Hand tiefer wandern, zwischen ihre Beine. Seine Hand war breit, viel stärker gebräunt als ihre sonnenempfindliche Haut, seine Nägel waren sorgfältig geschnitten und manikürt, sogar jetzt noch, nach drei Wochen Sonne und Strand. Er streichelte sie so, wie sie es mochte.
    »Du bist unmöglich.«
    »Soll ich dich ganz - eincremen?«
    »Nein!«
    »Jetzt komm schon. Nur eincremen.«
    Mona schloss die Augen. Ihre Haut schien das Öl aufzusaugen wie ein Schwamm. Sie war wirklich völlig ausgetrocknet. Das Öl würde ihre Haut wieder prall und jung machen.
    Plötzlich musste sie lachen.
    »Was?« Anton ließ sich nicht ablenken.
    »Ich bin so eine alte Schachtel. Was willst du mit so einer alten Schachtel wie mir?«
    »Jetzt sei still.« Er saß jetzt im Schneidersitz vor ihr und massierte ihre Füße, ihre Beine, sorgfältig und ernst. Sie stützte sich auf ihre Ellbogen und sah ihn an.
    »Zu Hause sitzt deine kleine - wie heißt sie noch? Julia?«
    »Jetzt geht
das
wieder los.« Sein Blick haftete an seinen Händen, die unablässig in Bewegung waren, geschickt und unbeirrbar. Er platzierte ihre Beine rechts und links neben seine und nahm sich erneut ihren Bauch vor. Sie konnte seine dichten Locken sehen, die sich, seit sie hier waren, an den Spitzen aufgehellt hatten. Er hatte kein einziges graues Haar.
    »Julia. Die würd dir was erzählen, wenn sie uns hier sehen würde. Wie du mit deiner alten...«
    »Sei still. Immer dieses Gerede. Ich hasse das.« Anton beendete die Massage und legte sich ohne weitere Umstände auf sie, sein Gesicht wie immer schön und undurchdringlich, sein Körper überwältigend heiß und trocken. »Du bist ja ganz fettig«, flüsterte er ihr ins Ohr.
    Und Mona spürte, wie sie sich unter ihm entspannte. Ein leises Frösteln kroch ihr die Wirbelsäule hoch und sie kämpfte nicht länger dagegen an. Die Hitze seines Körpers schien plötzlich ein Teil von ihr zu werden, jede Faser an ihr schien zu brennen, und es war ein gutes Gefühl. Sie brannte, und das Öl auf ihrer Haut transportierte die Hitze zu Anton, folglich würde auch er gleich brennen. Anton nahm ihre Hände und drückte sie aufs Kopfkissen. Sie schloss die Augen und stöhnte wieder.
    »Mona. Hör mal, Mona.«
    »Ja. Mach weiter. Bitte, bitte mach weiter.«
    »Mona, du bist die Einzige für mich. So gut wie. Ehrlich.«
    »Sei schon ruhig.«
    »Mit Julia ist Schluss.«
    »Ja. Sei ruhig.«
    Abends gingen sie in die Bar in der Nähe ihres Ferienhauses, in der sie fast immer aßen, seit sich herausgestellt hatte, dass hier die Pommes frites am besten schmeckten - was wichtig war, um Lukas bei Laune zu halten. Es war ihr letzter Urlaubstag. Monas und Lukas' letzter Urlaubstag, um genau zu sein. Anton hatte, wenn man so wollte, immer Urlaub, und er war, wenn man so wollte, immer im Dienst.
    Sie liefen am Meer entlang, im Rücken die untergehende Sonne, die ihre Schatten lang und immer länger machte. Der Wind frischte auf, was er häufig tat, sobald es dämmerte, als wollte er sich rechtzeitig vor Einbruch der Nacht wieder in Erinnerung bringen. Nachts war der Wind dann in der Regel stark und kühl: ein Vorbote des nahenden Herbstes, der - noch - jeden Morgen an Kraft verlor und schließlich gegen neun, zehn Uhr vor der warmen Spätsommerluft

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