Unvergessen wie Dein Kuss
Verlegenheit brennende Wange. “Es war genauso erbärmlich wie es klingt.”
Marcus zog ihr die Hand vom Gesicht und hielt sie fest. “Ich könnte den Kerl umbringen.”
Sie wich seinem Blick aus. “Keine Sorge, das haben schon die Franzosen für dich erledigt.”
“Ein kleiner Trost”, sagte er scheinbar gelassen, auch wenn er ihre Hand so heftig drückte, dass es wehtat. “Hast du ihn wirklich geliebt?”
“Das dachte ich damals zumindest. Aber …” Isabella zögerte. Es erschien ihr wie ein fürchterlicher Verrat, ausgerechnet mit dem Mann über einen abgelegten Liebhaber zu sprechen, dem immer ihr Herz gehört hatte. “Marcus, es tut mir leid.”
“Sag das nicht”, fuhr er sie an, und sie zuckte vor dem plötzlichen Feuer in seinen Augen zurück. “Natürlich bin ich wütend. Wütend und eifersüchtig, das kann ich nicht leugnen. Trotzdem … ich kann dich gut verstehen. Du warst einsam und unglücklich, und nur auf der Suche nach etwas Beistand.”
Es trat eine schmerzhafte Stille ein. Isabella wusste nicht, was sie noch sagen sollte. Marcus seufzte.
“Und die übrigen?”, fragte er, und seine Stimme klang jetzt müde.
Einen Augenblick lang verstand Isabella nicht, was er meinte. Dann hob sie die Hand in einer abwehrenden Geste. “Es gab keine anderen. Reicht das nicht?”
Er sah sie ungläubig an. “Aber … es müssen noch andere gewesen sein! Ich habe gehört …” Er ließ den Satz unvollendet und starrte sie an.
Sie war dem Lachen nahe. Zuerst hatte sie bei ihrem Mann im Bett versagt, dann hatte sie ihren früheren Liebhaber mit ihm diskutiert, und jetzt konnte er kaum glauben, dass sie nicht die Lebedame war, für die alle sie hielten.
“Du hast auf Klatsch gehört, Marcus”, sagte sie. “Das ist alles.”
Er lehnte sich etwas zurück und sah sie prüfend an. “Von Trier? Er war der Einzige? Aber …”
“Geflirtet habe ich schon.” Isabella zeichnete mit der Hand ein Muster auf die Bettdecke. “Es war ein Zeitvertreib.”
“Nur warum …” Marcus ereiferte sich jetzt mehr und mehr, und Zorn blitzte aus seinen Augen. “Warum lässt du zu, dass die Leute so über dich reden?” Er fasste sie mit beiden Händen an den Schultern und schüttelte sie. “Die Liebhaber und die Skandale … Gibt es irgendetwas, was man nicht über dich gesagt hat?”
“Ich bin nicht sicher”, antwortete sie ruhig. “Ich versuche stets, nicht hinzuhören.”
Marcus’ Augen waren jetzt fast rot unterlaufen vor Zorn. “Warum hast du diesen ganzen Klatsch möglich gemacht? Warum hast du der Mätresse deines Mannes erlaubt, der Beerdigung beizuwohnen, sodass alle Welt glauben musste, ihr lebtet in einer bequemen
ménage à trois
?”
Isabella hatte plötzlich das Gefühl, sie sei viel älter und weiser als er. “Lieber Marcus”, sagte sie wehmütig, “mein Leben mit Ernest war so erbärmlich und elend, dass ich für wenig Frieden fast alles getan hätte. Madame de Coulanges machte Ernest glücklich.” Sie sah ihn leicht belustigt an. “Sie hat ihn mir vom Hals gehalten, und das war viel wert. Aus dem Grunde war ich der Meinung, dass sie es verdiente, in Würde Abschied von ihm zu nehmen.”
Damit rutschte sie an die Bettkante. “Ich werde dich jetzt verlassen. Es tut mir leid, dass die Dinge sich heute so entwickelt haben.”
“Bleib.” Er hielt sie fest, als sie unter der Bettdecke hervorkommen wollte, und zog sie neben sich. “Leg dich hin.” Er sprach jetzt ruhig, fast zart. “Du siehst erschöpft aus. Du hast mir viel gesagt, über das ich nachdenken muss, Bella. Aber ich möchte nicht, dass du mich jetzt verlässt.”
Wenigstens nannte er sie noch “Bella”. Das war ein Trost, denn es zeugte von einer Vertrautheit, die sie beide erreicht und offenbar nicht verloren hatten. Plötzlich verspürte sie große Erleichterung. Der Schatten Indias war zwar immer noch gegenwärtig, aber Isabella war voller Hoffnung. Eines Tages würde sie über seine erste Frau reden und die Wahrheit von Marcus erfahren.
Isabella legte sich gehorsam hin und ließ es zu, dass er sie eng an sich heranzog. Sie versuchte, sich vorzustellen, was er jetzt dachte und fühlte, aber schon die Wärme seines Körpers war für sie tröstlich und beruhigend, sodass sie bald einschlafen würde. Sie drehte ihr Gesicht näher an seinen Nacken und atmete den Duft seiner Haut ein. Wie immer war dieser Duft vertraut und genau richtig. Es war ein merkwürdiges, aber beruhigendes Gefühl. Nach und nach wuchs
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