Unvergessen wie Dein Kuss
das Vertrauen zwischen ihnen.
Marcus wusste genau, wann Isabella einschlief. Ihr Atem wurde ruhiger, und ihr Körper lag weich und entspannt in seinen Armen. Er rückte zu ihr, um sie noch näher an sich zu ziehen, hüllte sie sorgsam in die Bettdecke und strich ihr das Haar aus dem Gesicht. Sie sah so reizend, jung und schön aus. Dennoch fühlte er etwas wie Verzweiflung.
So hatte er sich das Ende des Abends nicht vorgestellt. Dieses Resultat war genau das Gegenteil von dem, was er sich erhofft hatte, als sie in sein Schlafgemach getreten war und mit einem solchen Verlangen und einer so willkommenen Herausforderung in sein Bett kam. Hier zu liegen, sie so zart mit seinen Armen schützend zu umfassen, und dennoch so unwürdige Gefühle wie Zorn, Eifersucht und Groll zu empfinden, all das war außerordentlich. Verzweifelt fragte er sich, ob es ihm jemals gelingen könnte, diese Eifersucht zu überwinden.
Es war Marcus sehr bewusst, wie ungerecht er war. Er hatte so manche Frau gehabt, die ohne Liebe und nur zum beiderseitigen Vergnügen sein Bett geteilt hatte – und doch ärgerte er sich darüber, dass Isabella sich einem einzigen Mann in der Ehe und einem anderen in Liebe hingegeben hatte. Aber das war eben sein
Gefühl
. Sie hätte allein ihm gehören sollen.
Was sie betraf, so war er ihr gegenüber immer sehr besitzergreifend gewesen. Nie hatte er dies bei irgendjemand anders empfunden, am allerwenigsten bei seiner ersten Frau. Seine Gefühle für India waren vielschichtig und schuldbeladen, aber er hatte bei ihr nie auch nur einen Bruchteil des heißen Verlangens gespürt wie bei Isabella.
Er versuchte, die ganze Angelegenheit aus seinen Gedanken zu verbannen. Er konnte ja am folgenden Tag weiter darüber grübeln. Wenn er Isabella wollte – und er wollte sie immer noch –, dann würde er für immer mit diesem Gefühlswirrwarr leben müssen. Er musste einen Weg finden, damit er das konnte.
Marcus stand auf, als die Morgendämmerung den Himmel und sein Schlafgemach zu erhellen begann. Er hatte nur wenig geschlafen und fühlte sich erschöpft. Er wusste, dass Isabella sich beim Erwachen an alles erinnern würde. Sie würde reden wollen, aber gerade jetzt war er nicht dazu in der Lage. Auf eine ihm selbst unerklärliche Weise empfand er immer noch Groll darüber, dass sie einmal einen Liebhaber gehabt hatte. Als er aus dem warmen Bett stieg, hatte er das elende Gefühl, ein Verräter zu sein.
Hastig kleidete er sich an, ging die Treppe hinunter und verließ das Haus, um einen klaren Kopf zu bekommen. Am Strand angelangt, schlug er die Richtung zu den Kinvara-Klippen ein. Das Geräusch der Wellen beruhigte ihn, tief atmete er die Luft ein, die würzig nach Salz und Ginster roch. Er verdrängte alle Zweifel und Ängste, hob das Gesicht der Sonne entgegen und genoss das Gefühl des weichen Sandes unter seinen Füßen.
Erst als er wohlig erschöpft war und sein Herz voll neuer Hoffnung, kehrte er nach Salterton Hall zurück. Hungrig machte er sich auf den Weg in den Speisesaal. In der Türöffnung hielt er jedoch plötzlich inne.
Isabella saß in einem dunkelblauen Reitanzug am Tisch. Ihr Gesicht war sehr blass, das Haar war straff geflochten, und ihr Gesichtsausdruck verriet keine Gemütsbewegung. Marcus sah sofort, dass sie sich von ihm zurückgezogen hatte – genauso wie er von ihr. Nachdem sie gesehen hatte, dass er nicht mehr da war, musste sie angenommen haben, dass er ihr die Enthüllungen der letzten Nacht nicht verziehen hatte. Marcus fühlte sich hilflos. Er wusste, dass er versuchen sollte, die Kluft zwischen ihnen zu überbrücken, ehe sie noch breiter wurde und ihnen alles, was sie aufgebaut hatten, entglitt. Aber er konnte es nicht. Etwas in ihm wollte es auch gar nicht. Marcus spürte, dass er wirklich noch wütend war und besitzergreifende Eifersucht in sich trug – all diese hässlichen Gefühle, der er auch sich selbst gegenüber nicht zugeben wollte. Er überlegte, ob ihm noch die Gelegenheit zur Flucht blieb.
Einen Augenblick danach war es zu spät, als Isabella sich in einem Ton höflicher Gleichgültigkeit nach seinem Morgenspaziergang erkundigte.
Sie nahmen schweigend ihr Frühstück ein. Marcus schrak vor dem Gedanken zurück, dass vertraute Zweisamkeit in ihrem Eheleben, wenn überhaupt, dann nur als höfliche Fassade erreicht werden könnte. So war nämlich seine Ehe mit India verlaufen. Die Beziehung beruhte nicht auf wirklicher Nähe. Und jetzt war er dabei, all das genauso
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