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Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition)

Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition)

Titel: Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Dreyer
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kam heraus. Er spannte seinen Schirm auf und trat zu dem wartenden Mann auf der Treppe. Beide drehten sich um und sahen zu, wie die Kutsche vorbeifuhr. In diesem Moment erblickte Olivia das Gesicht des anderen Mannes.
    Er war mittleren Alters, schlank, wie aus dem Ei gepellt, die Haare mit Makassar-Öl zurückgekämmt. Seine Augen blitzten auf, als hätte er sie erkannt, und er duckte sich, als könnte er sich vor ihr verstecken.
    Es war zu spät. Olivia hatte ihn bereits wiedererkannt. Es war der Diener ihres Ehemannes – Edward Chambers. Eine weitere unwillkommene Erinnerung an die Vergangenheit, eine weitere nicht beantwortete Frage. Es schien so, als wäre er inzwischen Gervaises Diener. Das ist vermutlich Antwort genug, dachte sie.
    Olivia wandte sich ab und schloss die Augen. Sie zitterte noch immer vor Angst.
    Es stand so viel auf dem Spiel. Mehr als ihre eigene Ehre. Mehr als ihr Leben. Mehr als eine einzelne Frau ertragen konnte. Denn Gervaise würde keine Ruhe geben, ehe er nicht jedes Geheimnis in Erfahrung gebracht hatte, um es gegen sie zu verwenden. Bis er ihr kleines Häuschen in Devon gefunden hatte, wo Georgie sich versteckte. Bis er sie alle zerstört hatte.
    Doch sie konnte Lady Kate nicht in Gefahr bringen. Sie musste ihr die Wahrheit sagen. Wenn sie Lady Kate nicht ihren richtigen Namen sagte, gefährdete sie deren Ruf. Wenn sie ihr nicht die ganze Wahrheit erzählte, brachte sie diese wundervolle Lady in große Bedrängnis.
    Aber wenn sie die Wahrheit sagte, würde Lady Kate sie hinauswerfen müssen. Und Gervaise hatte nicht übertrieben: Es gab keinen anderen Ort, an den sie fliehen konnte. Sie hatte kein Geld. Sie konnte Gervaise nicht entkommen. Sie konnte ihre kleine Familie nicht beschützen – dabei hatte sie alles, was sie in den vergangenen fünf Jahren aushalten musste, nur aus diesem einen Grund überlebt.
    Sie würde Lady Kate die Wahrheit sagen.
    Morgen.
    Wenn sie ausgeruht war. Wenn sie einen klaren Gedanken fassen konnte. Wenn sie nicht mehr von nackter Angst gepackt war.
    Sie hoffte nur, dass Lady Kate nicht dafür würde büßen müssen.
    Am nächsten Nachmittag stand Olivia auf dem verwüsteten, zertrampelten Feld vor der massiven Steinmauer, die Brüssel umgab. Noch nie in ihrem Leben war sie so erschöpft gewesen. Lady Kate hatte tatsächlich acht Soldaten in dem Haus an der Rue Royale einquartiert, das sie gemietet hatte, doch die Pflege war dem Hauspersonal übertragen worden. Draußen wurde dringender Hilfe benötigt. Die Lage war angespannt. An den Toren Richtung Namur und Löwen waren Sanitätszelte errichtet worden. Aber es waren schnell viel zu viele Verwundete gekommen, die hatten versorgt werden müssen. Sie drängten auf die Kopfsteinpflasterstraßen und auf die gepflegten Plätze der mittelalterlichen Stadt, und in all dem Chaos war Olivia einfach keine Zeit geblieben, um mit Lady Kate zu reden.
    Ihr tat alles weh, und ihr war schwindelig vor Müdigkeit. Sie lehnte sich an die kühlen ockergelben Steine der alten Mauer. Die Spätnachmittagssonne brannte erbarmungslos vom Himmel, immer mehr Verwundete trafen ein, und der Wind wehte ab und an das ferne Donnern der Kanonen zu ihnen herüber.
    Die große Schlacht hatte begonnen. Wellington hatte Napoleon endlich von Angesicht zu Angesicht auf einem Feld südlich von Brüssel in der Nähe der Stadt Waterloo gestellt. Die Liste der Todesopfer war schon jetzt viel zu lang. Der gut aussehende junge Lord Hay, der jedes Mädchen auf dem Ball der Duchess of Richmond verzaubert hatte, war tot. Gefallen bei Quatre Bras. Genau wie der Duke von Brunswick, dessen schwarz gekleidete Soldaten ihn persönlich vom Schlachtfeld in die Stadt zurückgetragen hatten. Und die eindrucksvollen Gordon Highlander, die vor drei Nächten in ihren farbenfrohen Kilts getanzt hatten, waren fast alle abgeschlachtet worden. Gott allein wusste, wie viele noch umgekommen waren – auf dem Feld oder an der vierzig Kilometer langen Strecke vom Schlachtfeld bis nach Brüssel.
    Olivia trat in das Sanitätszelt und sah, dass Lady Kate einem der Chirurgen am Operationstisch half. Ihr keckes, strahlendes Lächeln half dabei mehr als einem Soldaten durch die Qualen des Eingriffs. Grace Fairchild beugte sich über einen sterbenden Jungen, der ein kleines Bild an seine zerschmetterte Brust drückte. Frauen erledigten an diesem blutigen Tag Arbeiten, die sonst nie jemand von ihnen verlangt oder erwartet hätte, und Olivia war sich nicht sicher, wie sie das

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