Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition)
abhalten? Davon, mir anhören zu müssen, wie Slender Billy sich entweder mit seiner heroischen Verwundung brüstet oder wie er über seine verlorene Herrschaft jammert. Der Prinz von Oranien lässt nach.«
»Aber er wird der nächste König der Niederlande«, erinnerte Grace ihn.
»Selbst wenn er ein Zwölfjähriger im Körper eines Mannes ist.« Diccan beugte sich näher zu Grace, als würde er ihr ein Geheimnis anvertrauen wollen. »Ich weiß, es steht mir nicht zu, meine Boudicca, doch ich würde sogar meine Karriere aufs Spiel setzen, um ihm einfach mal einen Knebel verpassen zu können.«
Grace blieb bewundernswert ruhig. »Es könnte schlimmer sein. Sie könnten auch mit einem siegreichen Napoleon verhandeln müssen.«
Er lachte. »Genau das, was ich gebraucht habe. Ein anderer Blickwinkel.« Er trank den Rest seines Brandys aus und stand auf. »Also, Ladys, ich muss los, um Belgiens guten Willen sicherzustellen. Wenn Braxton kommt, sagen Sie mir Bescheid. Bis dahin bleiben Sie guten Mutes. Ich werde dem einen oder anderen gegenüber leise andeuten, dass man ein Auge auf verdächtige Männer haben sollte, die hier in der Gegend herumschleichen. Gib auch dem Hauspersonal Anweisungen, Kate, und halte Gracechurch sicherer verschlossen als einen Verrückten.«
Sie folgten ihm in die Eingangshalle, wo Finney mit Diccans Zylinder wartete. Diccan nahm ihn entgegen und setzte ihn sich leicht schräg auf den Kopf. »Keine Sorge, Bea«, sagte er und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Hilliard hat jetzt das Sagen.«
Sie schnaubte empört. »Himmel hilf.«
Kapitel 14
Thrasher war zurück. Jack, der in seinem Zimmer auf und ab gelaufen war, blickte auf und sah den Jungen durch die Tür schlüpfen, als wäre er auf der Flucht. Seine makellose Uniform hatte er gegen dreckige, zerrissene Kleidung und eine schäbige Kappe getauscht.
»Sag nichts«, knurrte Jack von seinem Platz am Fenster aus, von wo er in den dunkler werdenden Himmel hinaussah. »Du konntest nichts dafür, dass dir die Schnupftabakdosen in die Tasche gefallen sind.«
Thrasher straffte die Schultern, als hätte Jack ihn des Hochverrats beschuldigt. »Eure Lordschaft sollen wissen, dass ich heutzutage auf der richtigen Seite des Gesetzes bleibe. Der gnädigen Durchlaucht würde es gar nicht gefallen, wenn ich es nicht täte.«
Jack verneigte sich formell. »Entschuldige bitte, Junge. Wie war dein Tag?« Ohne die Antwort abzuwarten, ging er weiter im Zimmer herum. Er zwang seine noch immer schwachen Beine, ihn zu tragen. So schnell es ging, musste er wieder auf die Füße kommen. Irgendetwas, das in seiner Erinnerung verborgen war, fühlte sich gefährlich an, und er hatte so eine Ahnung, dass er fest auf den Beinen stehen sollte, wenn er sich dieser Sache stellte.
Thrasher tauchte an seiner Seite auf, als wollte er ihn auf seinem Spaziergang durchs Zimmer begleiten, und kratzte sich an der Brust. »Erstaunlich, was Männer auf der Straße so alles erzählen. Kennen Sie einen Kerl namens ›der Chirurg‹?«
Jack blieb abrupt stehen und fröstelte. Der Chirurg. Das klang vertraut, aber anders als in: »Kennen Sie einen Arzt?« Mit finsterem Blick kramte es in seinen Erinnerungen wie in einer trüben Kristallkugel.
Er konnte sich selbst schreien hören. Doch er rief nicht: »Chirurg!« Er rief: » Chirugien! «
Französisch.
Offenbar hatte er das laut gesagt, denn Thrasher runzelte die Stirn. »Was?«
Jack wurde schlagartig in die Wirklichkeit zurückgeholt. »Entschuldige. Ich hatte einen Tagtraum.«
Der Junge schnaubte ungeduldig. »Es klang, als würden Sie mit einem Franzosen sprechen.«
Einen Moment lang konnte Jack ihn nur anstarren. Er hatte recht. Aber wollte er wissen, warum?
»Das war ganz sicher kein Franzose«, sagte der Junge und beugte sich vor, um Jacks Bett zu betrachten. »Es war ein feiner englischer Herr.«
»Jemand, den ich auch gern kennen würde?«
Thrashers Lachen klang viel zu reif für sein Alter. »Klar, Sir. Mit dem Namen ›der Chirurg‹? Ganz bestimmt nicht. Es war ein dünner Dandy mit einer Fratze wie eine Eidechse und der schlechten Angewohnheit, mit seinem Taschenmesser herumzuspielen. Scheint zu glauben, dass Sie bei jemandem sein könnten, der die ›zypriotische Countess‹ heißt. Sagt Ihnen das was?«
Jack schüttelte den Kopf. »Nein, überhaupt nicht.«
Konnte damit Mimi gemeint sein? Er glaubte es nicht. Es klang nicht richtig.
»Der Chirurg hat außerdem erwähnt, dass Sie Probleme mit den
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