Unverhofft verliebt
schwankte zwischen Nervosität und Ärger, als sie ihr Handy aus der kleinen schwarzen Abendtasche hervorzog, die sie passend zu ihrem Outfit ausgesucht hatte. Extra für diesen Anlass hatte sie sich ein neues Kleid gekauft, einfach weil sie das Bedürfnis gehabt hatte, sich besonders attraktiv zu fühlen. Es gab ihr das Gefühl von Selbstsicherheit, wenn sie wusste, dass sie gut aussah. Sie schminkte sich gerne, liebte passende Schuhe zu ihrer Kleidung und hatte einen Haufen Taschen, auch wenn sie manche noch nie benutzt hatte. Es mochte oberflächlich klingen, aber sie legte einigen Wert auf ihr Aussehen. Claire war in bescheidenen Verhältnissen großgeworden und hatte öfter, als ihr lieb gewesen war, Kleidung tragen müssen, die ihre Mutter aus der Kleiderkammer der Kirche besorgt hatte, was natürlich alle Kinder der Schule bemerkt und sie damit aufgezogen hatten. Am schlimmsten war es während der Highschool gewesen. Vor allem die Mädchen mit wohlhabenden Eltern hatten ihr das Leben schwer gemacht, wenn Claire mit deren ausrangierten Klamotten zur Schule gegangen war, die ihre Mutter von der kirchlichen Wohlfahrt als Spende entgegengenommen hatte. Damals hatte sie sich furchtbar geschämt und sich eine moderne und vor allem neue Garderobe gewünscht. Auch die Familie ihres Ex-Freundes hatte mehr als nur einmal die Nase gerümpft, weil sich Claire keine ordentliche Kleidung hatte leisten können. Den Satz Kleider machen Leute hatte sie verinnerlicht und war zu der Überzeugung gekommen, dass der erste Eindruck auch von einer makellosen Erscheinung abhing.
Um einen guten Eindruck auf Mitch Cahill zu machen, hatte sie sich daher ein enganliegendes, trägerloses Kleid mit einem tiefen, herzförmigen Ausschnitt gekauft, das ihre Brüste eindrucksvoll nach oben schob. Das knappe Cocktailkleid schimmerte in einem dezenten Goldton und passte wunderbar zu ihrem dunkelroten Haar, das sie leicht gewellt trug. Zu dem Kleid hatte sie sich schwarze Highheels angezogen, sich die Fingernägel in einem goldenen Metallicton lackiert und eine schwarze Abendtasche ausgesucht, in der sie lediglich Handy, etwas Geld, einen Lippenstift und ihren Hausschlüssel verstaut hatte.
Zwar mochte ihr Outfit grandios aussehen, nichtsdestotrotz fror sie und saß ein wenig unbequem auf ihrem Barhocker, während sie darauf wartete, dass ihre Verabredung endlich erschien. Sie schaltete ihr Handy an und hätte am liebsten auf ihren rot geschminkten Lippen herumgenagt, als sie sah, dass er sich nicht gemeldet hatte.
Mittlerweile wartete sie beinahe seit vierzig Minuten auf ihn und war mehr und mehr frustriert. Natürlich hätte sie ihn anrufen können, aber sie wollte auch nicht verzweifelt wirken. Wieso hatte ausgerechnet sie immer ein solches Pech mit Männern?
Seufzend lehnte sie den Kopf zurück und sah sich in der exklusiven Bar um, in der glücklicherweise auf jegliche Dekoration zum Valentinstag verzichtet worden war, die man ansonsten überall in der Stadt sah. Junge Paare saßen beisammen, tranken miteinander Cocktails und genossen den Freitagabend, der ganz im Zeichen der Liebe stand. Claire rümpfte genervt die Nase.
Das hatte sie nun davon, dass sie sich in den Kopf gesetzt hatte, den Valentinstag nicht ohne Date zu verbringen. Anstatt gemütlich auf der Couch zu sitzen, hatte sie viel Geld und Zeit für ihr Outfit verschwendet und wartete nun wie ein Häufchen Elend in einer Bar auf einen Mann, der vermutlich vergessen hatte, dass er sich mit ihr verabredet hatte. Nichts war erbärmlicher, als am Valentinstag versetzt zu werden und allein in einer Bar zu sitzen – nicht einmal ein Abend im Pyjama mit einer Portion Nachos und einer Katze auf dem Schoß.
Gerade als sie das Handy zurück in ihre Tasche steckte und sich dazu entschied, nach Hause zu fahren, bemerkte sie den dunkelhaarigen Mann, der neben sie an die Bar trat.
Claire stockte der Atem, als ihre Augen über seine hochgewachsene Gestalt wanderten, die in einem perfekt sitzenden schwarzen Anzug steckte, und an seinem Gesicht hängen blieben, das sich ihr interessiert zugewandt hatte. Schon lange hatte sie keinen derart intensiven und offenen Blick bemerkt. Er schien sie ganz genau zu mustern, ohne die Augen gleich zu ihrem Ausschnitt zu senken, und löste damit eine wunderbare Zufriedenheit in ihr aus.
Mit trockener Kehle, rasendem Herzen und einer Gänsehaut fragte sie: „Mitch?“
Einen winzigen Augenblick hatte sie die Hoffnung, dass er nicken und ihren
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