Unverhofft verliebt
nicht nur eine schöne Frau, sondern eine verdammt kluge Person, die wusste, was sie wollte. Grant hatte dies an ihr bewundert. Sie war kein einfältiges Blondchen gewesen, das man für dumm verkaufen konnte, sondern sie vertrat ihre Meinung und wich nicht von ihr ab, egal was passierte. Leider war dies ihr Problem gewesen. Anna hatte kein Verständnis für seinen Standpunkt gehabt, sondern sich von ihm getrennt, als er ihr sagte, dass er keine Kinder haben wollte. Nachdem sie fünf Jahre ein Paar gewesen waren, sich intellektuell gesehen auf Augenhöhe begegnet waren, sich gemeinsam ein Haus gekauft und sich gegenseitig beim Aufbau ihrer Praxen unterstützt hatten, schaffte es ein Streit über ihren Kinderwunsch, dass sie sich von ihm trennte.
Ihrer Trennung waren einige schwere Monate vorangegangen, in denen Anna die Psychologin herausgekehrt hatte, um mit ihm über sein Problem zu sprechen. Seinen Wunsch, das Geschehen so gut wie möglich zu verdrängen, hatte sie einfach ignoriert und immer wieder angefangen, darüber zu reden. Grant hatte ihr nicht verständlich machen können, dass er kein Interesse hatte, mit seiner Freundin über sein Seelenleben zu sprechen. Bis heute wusste er nicht, was ihn mehr gestört hatte – ihre klinische Studie seines Seelenlebens oder das völlige Fehlen von Gefühlen, wenn sie mit ihm über das Geschehene sprechen wollte. Anna hatte ihn wie einen Patienten, aber nicht wie ihren Partner behandelt.
Als sie dann auch noch damit angefangen hatte, dass sie beide endlich ein Kind bekommen sollten, hatte er dicht gemacht und geschwiegen. Ihr folgender Streit hatte in einer Trennung und seinem Auszug aus ihrem gemeinsamen Haus geendet.
Seine Eltern waren entsetzt gewesen. Annas Eltern waren entsetzt gewesen. Alle Freunde und Bekannte waren entsetzt gewesen. Und alle hatten ihm die Schuld daran gegeben. Dass Anna so weit ging und mit seinen Eltern über seine beharrliche Weigerung, Vater zu werden, und über sein angebliches Trauma sprach, hatte ihn dazu bewogen, Boston den Rücken zu kehren und in New York neu anzufangen.
Dies brachte ihn wieder zu der Frau, die wie erstarrt vor ihm saß und ihn musterte, als wäre er der apokalyptische Reiter. Er betrachtete das entsetzte Gesicht und merkte, wie ein ungutes Gefühl in ihm hochstieg.
Wie lange war es her, dass er sie mit auf sein Hotelzimmer genommen und wahnsinnig guten Sex mit ihr gehabt hatte? Er erinnerte sich nur daran, dass es verdammt kalt draußen gewesen war. Da er zu jener Zeit noch im Hotel gewohnt hatte, musste es der Februar gewesen sein. Ach ja, es war Valentinstag gewesen, weil überall in den Schaufenstern rote Herzen angebracht gewesen waren. Das hieß, dass es ungefähr zwei Monate her war. Laut ihrer Krankenakte befand sie sich im zweiten Schwangerschaftsmonat. Er blätterte in der Krankenakte herum, in der das ungefähre Datum ihrer Empfängnis eingetragen war.
Grant schluckte hart und presste die Kiefer aufeinander.
Die Frage der Verhütung erübrigte sich, da er am Morgen nach ihrem One-Night-Stand zwei Entdeckungen gemacht hatte. Erstens hatte er festgestellt, dass die rothaarige Claire nicht viel Schlaf brauchte, da sie schon verschwunden war, als er um kurz vor sieben Uhr wach wurde. Und zweitens hatte er festgestellt, dass eins der Kondome gerissen war.
Schockiert wurde ihm klar, dass die Möglichkeit einer Vaterschaft bestand. Tausend Gedanken wirbelten durch seinen Kopf, die alle damit endeten, dass er kein Vater werden wollte. Er war einfach nicht in der Lage, sich um ein Kind zu kümmern.
„Grant?“ Ihre Stimme klang zittrig und schwach.
Er atmete tief durch und vergrub eine Hand in seinem Kittel. „Hallo, Claire.“
Ihre Augen glitten über seinen weißen Kittel und blieben an ihrer Krankenakte kleben. Mit riesigen Augen fragte sie: „Was ... was tust du hier?“
„Wie es aussieht, bin ich dein Arzt“, er hob die Akte kurz hoch. „Unter diesen Umständen überweise ich dich lieber an eine Kollegin.“
„Du bist Dr. Montgomery?“
„Ja“, er nickte und setzte sich in Bewegung, um hinter seinem Schreibtisch Platz zu nehmen.
Er hatte keine Ahnung, wie er das peinliche Schweigen brechen sollte, und schaute in ihr kreidebleiches Gesicht, das trotz ihrer Blässe und der fahlen Wangen, die um einiges schmaler wirkten als vor zwei Monaten, viel zu schön für eine Frau war, die nach Aussage seiner Sprechstundenhilfe seit Tagen unter Übelkeit litt.
„Und deine ... deine Kollegin? Kann ich
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