Unverhofft verliebt
aufmunternd. „Selbst unter diesen Umständen solltest du dich freuen, Claire. Du wolltest so gerne Mutter werden und wirst nun tatsächlich ein Baby bekommen.“
Das aufgeregte Flattern in ihrem Bauch, das sogar diese scheußliche Übelkeit vertrieb, ließ sie zittrig lächeln. „Ich freue mich auch, Liv. Es ist nur ...“
„Lass das nur weg. Du bekommst ein Baby“, fiepte Liv aufgeregt und strahlte sie an. „Das ist ein Grund zur Freude! Ich kann es gar nicht fassen und freue mich so!“
Angesichts von Livs strahlendem Lächeln und ihrer feuchten Augen bekam Claire weiche Knie und konnte nichts gegen das ehrliche Lächeln auf ihren Lippen tun. Sie wusste nicht, was mit ihr los war. Einerseits verspürte sie ein solches Glücksgefühl, wie sie es niemals zuvor erlebt hatte, aber andererseits schien nur der kleinste Gedanke daran, das Baby völlig allein zu bekommen, sie in tiefste Depressionen zu stürzen.
Sie atmete tief durch und legte eine Hand auf ihren noch flachen Bauch. In der letzten Zeit hatte sie begonnen, sich damit abzufinden, dass sie vermutlich niemals ein Kind bekommen würde. Doch nun – völlig unverhofft – war sie schwanger und erwartete tatsächlich ein Baby. Vielleicht war es wirklich nicht besonders günstig, dass sie ledig war und keinen Kontakt zum Vater ihres Kindes hatte, nichtsdestotrotz sollte sie sich darauf konzentrieren, was momentan wichtig war. Und das war ganz sicher, ein gesundes und glückliches Baby zu bekommen.
Eine Woche später hatte Claire endlich einen Termin bei einer Frauenärztin und stand nervös vor der Sprechstundenhilfe, die ihre Angaben überprüfte und in den Computer eingab. Sie hoffte sehr, dass sich die junge Blondine beeilte, da Claire das Gefühl hatte, jeden Moment umzukippen. Ihr Kreislauf machte momentan ständig schlapp und warf sie regelmäßig aus den Schuhen. Heute war es nicht anders. Allein der Weg in die noble Praxis in der Upper East Side, die Liv ihr empfohlen hatte, war ziemlich anstrengend und nervenaufreibend gewesen. Natürlich hätte sie weiterhin zu ihrer Frauenärztin gehen können, aber die gute Frau hatte ihr bereits einen religiös angehauchten Kommentar reingewürgt, als Claire vor einigen Monaten hatte durchblicken lassen, dass sie über eine Samenspende nachdachte. Claire hatte sich nicht viel dabei gedacht, als die grauhaarige Ärztin mit dem verkniffenen Mund über Jesus Ansichten zu Kindern schwadronierte, aber der Gedanke, dass sie sich womöglich vor dieser anscheinend fanatisch Religiösen verteidigen müsste, weil sie ledig war und allein ein Baby bekam, hatte Claire zu der Einsicht kommen lassen, eine andere Frauenärztin aufzusuchen.
Eigentlich hatte sie schon vor zwei Jahren die Ärztin wechseln wollen, als diese sie wegen ihrer Intimrasur misstrauisch angestarrt hatte. Eigentlich sollte man doch denken, dass eine Frau, die in der modernsten Stadt der Welt lebte, nicht die Nase über eine rasierte Vagina rümpfen würde, doch Dr. Keller hatte sie angeschaut, als hätte sie Inzucht mit dem Teufel höchstpersönlich getrieben. Da Claire einen ziemlich perversen Sinn für Humor besaß, hatte sie sich nicht weiter daran gestört. Falls Gott etwas gegen Intimrasuren haben sollte, hätte er den Rasierer vermutlich nicht erfunden – jedenfalls war das Claires pragmatische Überlegung gewesen.
„Miss Harris, ich würde Ihnen gleich etwas Blut abnehmen, damit wir ein eindeutiges Testergebnis haben.“ Die junge Blondine warf ihr ein kleines Lächeln zu, das Claire sofort beruhigte, auch wenn ihr Magen noch immer rumorte und ihr eine höllische Übelkeit bescherte.
In den letzten Tagen hatte sie beinahe die ganze Zeit im Liegen verbracht und kaum einen Bissen bei sich behalten. Sie schluckte. „Darf ich mich bei der Blutabnahme hinlegen? Momentan bin ich etwas wackelig auf den Beinen.“
„Machen Sie sich keine Sorg en. Ich kümmere mich sofort um Sie.“
„Vielen Dank.“
„Keine Ursache“, die Sprechstundenhilfe reichte ihr einen Ausfüllbogen. „Setzen Sie sich doch schon einmal ins Wartezimmer und füllen dies bitte aus. Ich komme in ein paar Minuten und hole Sie dann.“
Claire nickte, nahm den Bogen in eine Hand und betrat anschließend das klimatisierte Wartezimmer, in dem leise Musik gespielt wurde. Genau wie der Empfangsbereich war auch hier alles modern eingerichtet, ohne dass es steril wirkte, was Claire ziemlich beruhigend fand. Sie war dermaßen neben der Spur und nervös, dass sie
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