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Unverstanden

Unverstanden

Titel: Unverstanden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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können. Einige davon sind sogar Alkoholiker oder leiden an Narkolepsie!«
    »Tatsächlich?«
    »Das ist sehr beunruhigend. Über dieses Thema wurden sehr viele Bücher geschrieben.«
    An war noch nie ein Fan von Pflichtverteidigern gewesen, aber sie war Polizistin, und das war deshalb nicht gerade eine weltbewegende Enthüllung. »Meine Erfahrung mit Pflichtanwälten ist die, dass man bekommt, wofür man bezahlt.«
    »Genau das habe ich erwartet. Danke für Ihre Aufrichtigkeit.«
    »Gibt es irgendetwas, was Sie mir sagen wollen, Mr. Reed?«
    »Erst wenn mein Anwalt hier ist. Ich hoffe, Sie halten mich nicht für unhöflich, aber das ist eine sehr ernste Situation. Ist Ihnen bewusst, dass ich noch nie auch nur einen Strafzettel bekommen habe?« Er schüttelte den Kopf. »Natürlich wissen Sie das. Sie haben sich sicher bereits meine Akte
vorgenommen. Durchsuchen Sie mein Haus? Ist das der Grund, warum das hier so lange dauert? Versuchen Sie, einen Durchsuchungsbeschluss zu bekommen?«
    »Was glauben Sie, was wir in Ihrem Haus finden werden?«
    Er murmelte die Antwort, aber sie verstand ihn dennoch. »Eine sehr wütende, sechzigjährige Frau.«
    An sagte: »Ihre Mutter scheint zu glauben, dass Sie Alkoholiker sind.«
    Nun stammelte er fast. »Das hätte sie gern.«
    An schaute auf seine Hände hinunter, die gefaltet auf dem Tisch lagen. Bruce hatte ihm die Handschellen nicht abgenommen, und An musste wieder an die Krispy-Kreme-Maschine denken. »Geben Sie mir Ihre Hände«, sagte sie und zog ihre Schlüssel heraus. Sie versuchte, ihn nicht zu berühren, als sie ihm die Handschellen abnahm, aber das ging einfach nicht. Seine Haut war so feucht, dass sie eine Gänsehaut bekam.
    »Danke«, sagte er und massierte sich die Handgelenke, um den Kreislauf in Schwung zu bringen. »Albada - ist das deutsch?«
    »Niederländisch.«
    Er versuchte einen sehr schlechten Akzent. » Pardonne-moi.«

    » Das ist Französisch.«
    » Oui.«
    » Wieder Französisch.«
    Er blinzelte ein paarmal.
    An seufzte. »Wollen Sie mir nicht sagen, wo Sie gestern Abend waren?«
    »Ich habe Ihnen doch bereits gesagt, dass ich meine Mutter gefahren habe, weil sie ihr Grabschäufelchen abholen wollte.«
    »Ist Ihnen bekannt, dass der Pfingstrosenclub von Lawrenceville eine einstweilige Verfügung gegen Ihre Mutter erwirkt hat?«
    Sein Kehlkopf hüpfte, als er schluckte. »Das war ein Missverständnis.«
    »Und was ist mit den Freiwilligen Pflegehelferinnen der Baptistengemeinde?«
    Seine feuchten Lippen öffneten sich schockiert. »Die haben sie auch angezeigt?«
    »Hat Ihre Mutter Ihnen das nicht erzählt?«
    Er schüttelte, offensichtlich erregt, den Kopf.
    »Sie scheinen zu glauben, dass sie ein gewalttätiger Mensch ist.«
    »Sie ist nicht gewalttätig. Sie ist nur … einschüchternd.«
    Eine einschüchternde Mutter. Das war interessant. »Hat sie Sie je geschlagen?«
    »Sie hat einmal ihren Schuh nach mir geworfen,
aber ich glaube, das war eher, weil ich mit Kopfhörern ferngesehen habe. Sie kennen diese drahtlosen Dinger?« An nickte. »Die störten irgendwie ihr Hörgerät.«
    »Und deshalb warf sie ihren Schuh nach Ihnen?«
    »Nur, um meine Aufmerksamkeit zu erregen.« Er sagte das so, als wäre es völlig logisch. »Was hat meine Mutter mit der ganzen Sache zu tun?«
    »Ich bin Detective, Mr. Reed. Ich setze Hinweise zusammen. Was ich vor mir sehe, ist ein Mann, der aus einer gewalttätigen Familie kommt. Ich sehe jemanden, der ein Auto mit Blut daran fährt - Blut, das von einer toten Frau stammt.«
    »Na ja - okay, das - ich gebe zu, das sieht nicht gut aus.«
    »Nein, das tut es nicht.«
    »Ich schätze, ich entspreche dem Profil, nicht?« Er nickte nun, als würde er sich selber zustimmen. »Ein Einzelgänger, der bei seiner Mutter wohnt. Überqualifiziert, unter seinen Fähigkeiten beschäftigt.«
    Die letzten beiden Argumente verstand sie nicht so recht.
    »Ich hoffe, sie halten mich nicht für einen desorganisierten Mörder. Ich bin ein sehr ordentlicher Mensch. Fragen Sie meine Kollegin Unique Jones.
Sie hat sich oft über meine Pingeligkeit lustig gemacht.«
    An hätte nichts lieber getan als mit Unique Jones zu reden. Gegen die Frau wurde wegen Ladendiebstahl ermittelt. Die Wohnadresse, die sie bei Southern Toilet Supply angegeben hatte, war ein unbebautes Grundstück. »Sind Sie ein Mörder, Mr. Reed?«
    »Nein, natürlich nicht!« Er wirkte jetzt wieder beleidigt. »Ich habe Ihnen doch gesagt, was heute Morgen mit meinem Auto

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