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Unverstanden

Unverstanden

Titel: Unverstanden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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»Danke«, sagte er dann zu dem Mann, aber anscheinend waren die Fische so unhöflich wie die Wachteln. Oder waren es die Wachteln, die die Fische kontrollierten? Und warum hießen sie eigentlich Fische? Vielleicht, weil sie gegen
den Strom schwammen, anstatt sich, wie der Rest der Gesellschaft, dem Schwarm unterzuordnen?
    Martin dachte darüber nach, als er die brechend volle Wartehalle des Gefängnisses durchquerte. Es gab unzählige Reihen von Plastiksitzen, genug für mindesten fünfhundert Personen, wie er schätzte. Familien saßen in Gruppen zusammen. Großeltern saßen allein. Was für eine Traurigkeit.
    Vor dem Gefängnistor war ein Taxistand. Martin stieg in das erste, das leicht nach Erbrochenem roch. Oder vielleicht wurde er sich in der engen Kabine einfach seines eigenen Geruchs bewusst. Der Fahrer schien nicht allzu erfreut zu sein. Er kurbelte die Fenster herunter, als er auf die Interstate fuhr. Martin wirbelten die Haare wild ums Gesicht und schlugen ihm gegen die Wangen, aber es war ihm egal. Er starrte durch das Fenster auf die Skyline der Stadt hinaus, während der Fahrer erst auf die I-20 fuhr und dann auf die I-285 wechselte. Erst als sie am Flughafen vorbeikamen, merkte Martin, dass der Mann die längstmögliche Route fuhr.
    Na ja, dachte Martin . Wenn der Fahrer denkt, er kriegt ein Trinkgeld, dann hat er sich getäuscht.
    Genau zweiundfünfzig Minuten später hielten sie vor dem Haus der Reeds. Martins Geld reichte gerade, um den Preis auf dem Taxameter zu bezahlen.
Der Fahrer zeigte seinen Unmut ziemlich deutlich: Er stieß mit Schwung in der Auffahrt zurück und überfuhr dabei eine ganze Reihe von Evies Pflanzen. Der Mann dachte wahrscheinlich, er würde Martin damit bestrafen, aber Martin war so wütend auf seine Mutter, weil sie ihm nicht geholfen hatte, dass es ihm völlig egal war, wie viele Blumen geopfert wurden.
    »Was willst du denn zu Hause?«, fragte Evie. Sie stand mit einem lose übergeworfenen Bademantel in der offenen Haustür. »Du müsstest doch im Gefängnis sein.«
    »Untersuchungshaft«, korrigierte er sie. »Ins Gefängnis kommt man erst, wenn man verurteilt ist.«
    »Vielen Dank für die Belehrung, du alter Besserwisser.«
    Martin stieg das Vordertreppchen hoch und ging ins Haus. Vor dem Dielenspiegel blieb er stehen, und es fiel ihm sofort auf, wie sehr er an diesem Morgen gealtert war. So was passierte eben, wenn man sich mit den falschen Leuten einließ.
    »Norton Shaw hat angerufen. Er sagt, du bist gefeuert.«
    »Was?«
    »Er meinte, du sollst dir nach Feierabend deine Sachen abholen und die Schlüssel in seinem Büro
lassen. Ich hoffe nur, du erwartest nicht, dass ich dich jetzt aushalte. Ich bin eine alte Frau. Ich muss mich um mich selber kümmern.«
    »Warum sollten die mich feuern?«
    »Ich weiß es nicht, Martin. Na ja, wenn ich mich aus dem Fenster hänge, würde ich sagen, sie haben es getan, weil du eine verdammte Kollegin ermordet hast.«
    Martins Kiefer schmerzte vom Zähneknirschen. »Ich muss mir dein Auto leihen.«
    »Warum, willst du noch jemanden umbringen?«
    Martin schloss die Augen und zählte langsam bis zehn. »Eins … zwei … drei …«
    »Ich habe ja immer schon gedacht, dass du vielleicht autistisch bist«, murmelte seine Mutter, während sie in die Küche ging. »Frage mich nur, ob das Teil deiner Verteidigungsstrategie sein könnte.«
    Martin öffnete die Augen. Seine Arbeit! Sein Lebensunterhalt! Seine Kollegen waren die einzigen Freunde, die er hatte. Was würde er ohne dieses soziale Umfeld tun? Wo würde er jetzt noch Kameraderie finden, eine Beziehung zur Außenwelt? Er betrachtete sich noch einmal im Dielenspiegel. Die Härte in seinen Augen war neu. War das der Mann, den An gesehen hatte, dieser alternative
Martin, der die Welt als einen elenden und heimtückischen Ort betrachtete?
    Evie warf Martin die Schlüssel zu. Er versuchte sie zu fangen, als sie von seinem Gesicht abprallten. »Mach den Tank voll, bevor du das Auto zurückbringst.«
    Martin bückte sich, um die Schlüssel aufzuheben. »Der Tank sollte voll sein.«
    »Ich musste mir ein paar Sachen im Laden besorgen. Ich bin eine alte Frau mit einem verdammten Kriminellen als Sohn. Wer weiß denn, wie lange du im Loch sitzt.«
    Martin versuchte, sich seine Mutter nicht am Steuer vorzustellen. Der graue Star hatte ihr das Gesichtsfeld massiv eingeschränkt. Mit dem Aufsitzmäher hatte sie letzte Woche den Briefkasten gestreift.
    Er schaute auf die Uhr. Southern Toilet

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