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Unverstanden

Unverstanden

Titel: Unverstanden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Blick zu, und beide Männer kicherten. »Haben Sie es sich mit Ihrer Mutter angeschaut?«
    An starrte den Anwalt an, und aus irgendeinem Grund hatte sie das Gefühl, den Verdächtigen beschützen zu müssen.
    Martin antwortete: »Ja, ich habe es mit meiner Mutter angeschaut.« An merkte bei dieser Antwort, dass er sichtlich bemüht war, einen letzten Rest Würde zu bewahren.

    Sie fragte: »Haben Sie sich die ganze Sendung komplett angeschaut?«
    Martin nickte. »Mutter ging zu Bett, als Mr. T Rumba tanzte, und da ich schon seit ewigen Zeiten ein Fan des A-Teams bin, wollte ich sehen, was passieren würde.« Dann fügte er hinzu: »Da ist nichts Feminines dran, wenn jemand gern Leuten beim Tanzen zusieht. Mr. T ist sehr leichfüßig. Er ist ein erstaunlicher Athlet. Viele Athleten nehmen Tanzstunden. Dadurch werden sie geschmeidiger.«
    An seufzte noch einmal und lehnte sich zurück. Sandra Burke war gegen acht Uhr fünfzehn ermordet worden, also etwa zu der Zeit, wenn An sich richtig erinnerte, als einer der Juroren von Let’s Dance bemerkt hatte, dass viele Athleten tatsächlich geschmeidige Tänzer seien.
    Martin konnte nicht aufhören, seine Männlichkeit zu verteidigen. »Was ist denn so schlimm daran, wenn man breit gefächerte Interessen hat? Ich interessiere mich für viele Dinge. Sehr viele interessante Dinge.«
    »Bücher?«
    Martin lächelte - ein echtes Lächeln. »Ich lese sehr gern.«
    »Welche Themen interessieren Sie am meisten?«
    »Na ja, Kriminalgeschichten. Science-Fiction,
aber mehr, wenn’s um soziale Themen geht als um Raumschiffe.« Er schaute fast schüchtern seine Hände an. »Kathy Reichs mag ich besonders gern. Ihre Hauptfigur ist sehr … faszinierend. Sie geht den Dingen auf den Grund, so wie, Sie wissen schon … Sie selbst es tun.«
    An merkte, dass sie rot wurde. Sie ließ keine einzige TV-Episode von »Bones - Die Knochenjägerin« aus. Verglich er sie etwa mit Tempe Brennan?
    Bruce kaufte es ihm nicht ab. »Kommen Sie, Reed. Dr. Brennan ist forensische Anthropologin.«
    »Er hat recht, Mann«, pflichtete Ständer ihm bei, der völlig vergessen zu haben schien, dass Martin sein Mandant war. »Andi ist ein Detective.«
    »Anther«, korrigierte ihn Martin. »Detective Anther Albada.« Er hielt den Blick auf An gerichtet, während er einen teigigen Finger auf den Block drückte, wo er den Namen hingeschrieben hatte. »Anther.«
    An hatte wieder angefangen, an den Nägeln zu kauen. Sie zwang sich zum Aufhören. Das Gespräch war ihr aus dem Ruder gelaufen, und sie wusste einfach nicht, warum. Sie fragte Martin: »Lesen Sie auch Kriminalreportagen über reale Verbrechen?«

    »Natürlich. Aber nur Ann Rule - nicht das billige Zeug. Ach, und ich schaue mir nie die Bilder an.«
    An klappte die Mappe jetzt so auf, dass Martin die Bilder sehen konnte. »Fotos wie diese hier?«, fragte sie und drehte Bild um Bild in seine Richtung, zeigte ihm Sandra Burke nackt auf dem Teer liegend, die Reifenspuren auf ihrer Leiche, wo das Auto immer und immer wieder darübergefahren war. »Wir haben Fragmente ihrer Zähne in Ihrem rechten, hinteren Reifen gefunden.«
    Martin öffnete den Mund und erbrach sich quer über den Tisch.

Was Martin an diesem Abend wirklich getan hat oder Aller Glitter ist nur Blendwerk

    Martin sagte oft, dass er mit Rassismus wirklich rein gar nichts am Hut habe. Er unterstützte sogar Barack Obama, zumindest erzählte er das den Leuten (Martins Leben war von starken Frauen bestimmt, er war kein Freund von Veränderungen). Seine engste Mitarbeiterin war schwarz. Hin und wieder hörte er sich Rap-Musik an, und er mochte den Witz des Komikers Chris Rock. Er war, kurz gesagt, ein Mann, der normalerweise nicht schwarz und weiß sah. Wenn er einen Menschen anschaute, dann sah er eine Person, keine Hautfarbe.
    Trotz seines diesbezüglich sicher erstklassigen Leumunds konnte Martin nicht umhin zu bemerken, dass er der einzige Weiße in der Gemeinschaftszelle des Gefängnisses von Atlanta war. Und auch bei seinen Mitgefangenen war der Hautfarbenunterschied nicht unbemerkt geblieben. Als Martin in die Zelle kam, hatte jemand sein kurzärmeliges
Anzughemd und die Ansteckkrawatte gesehen und gesagt: »Schaut her, ein Republikaner.«
    Er konnte einfach nicht glauben, dass sie ihn bei einer so dünnen Beweislage überhaupt festhielten. Okay, sein Blut war mit Sandys … Zeug vermischt, aber das hatte nichts zu bedeuten. Oder vielleicht doch? Man musste nur einen guten

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