Unwiderstehlich (German Edition)
Aufzug war beendet. Unten im Saal war ein Aufatmen zu hören. Auch Renata schaffte es endlich aufzustehen. Sie griff nach ihrer kleinen Handtasche, die mittlerweile auf den Boden gefallen war, und holte zwei weiße Umschläge raus. »Ihr wart wirklich perfekt. Genau so hab ich es mir vorgestellt«, flüsterte sie. Brausender Applaus hob im Saal an.
Der Mann beugte sich lächelnd zu Renata. »Das Drehbuch war aber auch gut geschrieben. Ich sehe dich nächste Woche wieder?«
»Ja, dann kommt noch ein weiterer Mann hinzu.«
Die Frau schaute interessiert. »Das Gleiche, nur mit zwei Männern?«
Renata nickte zustimmend. »So was Ähnliches. Aber in zwei Wochen seid ihr zu zweit wieder dran. Ich schicke euch rechtzeitig das Drehbuch.« Sie verteilte die Umschläge, und die beiden anderen verließen die Loge ohne jedes weitere Wort.
Renata hätte jetzt gerne ein Glas Champagner gehabt, aber ihre Knie waren noch zu weich. Außerdem wollte sie noch ein wenig der sexgeschwängerten Atmosphäre in der Loge nachspüren.
Sie blickte nach links. Die Loge neben ihr war leer, so wie sie es geplant hatte. Wie ihre eigene Loge hatte sie auch die Nachbarloge für den Rest der Saison gebucht. Sie wollte weder entdeckt noch gestört werden. Es würde ein Fest der Sinne werden – eine ganze Saison lang.
Hugo, der Schweinehund
T hea ratterte mit ihrem Fahrrad über das Kopfsteinpflaster. Fünf Kilo mussten runter. Sieben wären noch besser, aber Thea wollte realistisch bleiben. Fünf in diesem Sommer, und die restlichen zwei würden dann vielleicht im Herbst purzeln. Sie wollte wenigstens wieder in Kleidergröße vierzig passen. Vorbei die Zeiten, als sie davon träumte, in achtunddreißig zu passen. Das war einmal. So fingen schöne Märchen an, aber sie hatte in den letzten Jahren gelernt, besser bei realistischen Vorstellungen zu bleiben. Die Träume von Karriere und Familie, eigenem Haus und Reisen in exotische Länder konnten nun mal nicht alle gleichzeitig wahr werden. Und auch eine Gehaltserhöhung würde sich nicht jedes Jahr automatisch einstellen. Seit diese Erkenntnis sie vor Jahren wie ein Hammerschlag getroffen hatte, lebte sie nach dem Prinzip: Immer eins nach dem anderen. Die gute Nachricht war: Sie hatte noch immer kein graues Haar bei sich gefunden, ihr Po war zwar drall, aber straff, und auch wenn Männern in ihrem Leben anscheinend keine dauerhafte Rolle zugedacht war, waren sie trotzdem keine Mangelerscheinung.
Und das mit den Kleidergrößen war ja nun auch relativ. Die waren auch nicht mehr das, was sie mal waren. Thea hätte schwören können, dass ihre uralte, verwaschene Bluse Größe achtunddreißig immer noch passen würde, wenn sie erst die sieben Kilo abgenommen hätte. Gut, möglicherweise war das Material ausgeleiert, aber Thea hatte eher die vereinigte Modeindustrie im Verdacht, ein persönliches Komplott gegen sie geschmiedet zu haben. Sie seufzte, es half ja doch alles nicht. So oder so musste sie von den Kilos runter.
Der Morgen war kühl, sonnig und erstaunlich früh. Aber wenn sie ihren Plan durchziehen wollte, dann musste sie Opfer bringen. Also hatte sie gestern ihr Rad startklar gemacht und schon mal auf das abendliche Glas Wein verzichtet. Und jetzt sauste sie um die Ecken in Richtung Freibad. Ihr Haar wehte im Fahrtwind, und sie fühlte sich alleine schon durch die frische Brise leichter.
Thea überschlug im Geiste: Eine Viertelstunde mit dem Rad zum Freibad und wieder zurück, machte zusammen eine halbe Stunde, also dreihundertfünfzig Kalorien. Dazu kamen dreihundert Kalorien für eine halbe Stunde zügiges Schwimmen. Ein Glas Wein pro Tag weniger, das sie mit hundertfünfzig Kalorien ansetzte, dann kam sie auf täglich achthundert Kalorien weniger als normalerweise.
Wenn also ein Kilogramm Körperfett umgerechnet siebentausend Kalorien waren, dann musste sie für fünf Kilo Speck weniger mindestens fünfunddreißigtausend Kalorien einsparen oder zusätzlich verbrennen. Summa summarum machte das vierundvierzig Tage, an denen sie dieses Programm durchziehen musste. An den Wochenenden gab es zwar eine Pause vom Trainingsprogramm, allerdings durfte sie sich den ganzen Juni bis Ende Juli über keinen Ausrutscher erlauben. Keine Fete mit Wein und Bier, keinen ausschweifenden Grillabend. Keine Schokoladenattacken. Keine Kino-mit-Käsenachos-Abende. Das würde schwer werden. Verdammt schwer.
Hugo, ihr innerer Schweinehund, war nämlich ein echt harter Brocken. Diesem Riesenköter in den
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