Unwiderstehlich (German Edition)
Hintern zu treten war zwar möglich, führte aber meistens nur dazu, dass er sich kurz erhob, um sich zwei Meter weiter unter lautem Schnaufen wieder auf den Boden plumpsen zu lassen. Dann schaute er mit seinen treudoofen Augen zu ihr hoch, und sein Blick sprach Bände: Siehste, hab ich dir doch gleich gesagt, dass das nix wird. Da hättest du mich auch gleich liegen lassen können. Nein, dieses Mal würde sie das durchziehen. Bestimmt. Versprochen. Ganz ehrlich.
Da die Enthaltsamkeit in Sachen Genussmittel eine Art Disziplin erforderte, die ihre Fähigkeiten weit überstieg, musste sie vor allem auf zusätzliche Verbrennung setzen. Der Stoffwechsel musste angeheizt werden. Thea hatte sich für den Biathlon entschieden, weil sie etwas tun musste, was ihr Spaß machte. Am Abend ins Fitnesscenter zu gehen, da machte ihr Biorhythmus nicht mit. Zwar hieß das jetzt, morgens sehr viel früher aufzustehen, aber ohne ein Gläschen Wein machte ja auch das lange Aufbleiben nur noch halb so viel Spaß. Doch der erste Morgen zeigte sich gnädig. Sie fühlte sich gut. Wenn es jeden Morgen so bliebe wie heute, würde sie es schon schaffen.
Keine zehn Minuten später stand sie am Beckenrand und hielt den Zeh ins Wasser. Kalt wie Gurken aus dem Kühlschrank. Na gut, sie musste sich ja nur schnell genug bewegen, dann würde sie die Kälte nicht mehr spüren. Der Beinausschnitt des Badeanzugs saß eng. Alles war ein bisschen eingeschnürt. Sie zog den Stoff aus der Poritze raus. Egal. Sobald das erste Kilo geschafft war, würde es schon weniger kneifen. Und außerdem: Sie nahm hier schließlich nicht an einem Schönheitswettbewerb teil.
Fünf Rentner undefinierbaren Geschlechts schwammen mit eiserner Verbissenheit ihre Bahnen, und ein sechster zog im Hundekraulstil rund um das gesamte Becken. Oje, daran hatte sie ja gar nicht mehr gedacht. Wird schon nicht so schlimm werden, sagte sie sich. Ist ja noch genug Platz da. Sie rückte sich ihre Schwimmbrille zurecht, sprang ins Wasser und fand es einfach herrlich.
Hin eine Bahn Bruststil, zurück im Wechsel jeweils eine Bahn kraulen und eine Bahn rückenschwimmen. Das war der Plan. Der hatte früher schon gut funktioniert. Sie schwamm die erste Bahn im Bruststil, schlug an, und sofort ging es zurück im Kraul.
Thea tauchte zwischen den einzelnen Zügen auf, und in den kleinen Fenstern ihrer beschlagenen Schwimmbrille sah sie eine große Kontur am Becken stehen. Noch mal links ziehen, rechts ziehen, atmen. Sie kam näher, und langsam zeichnete sich das Bild einer fabelhaften Gestalt ab. Links ziehen, rechts ziehen, atmen. Eine Fata Morgana? Links ziehen, rechts … Ach, scheiß doch drauf. Weiter im Bruststil, Kopf schön über Wasser halten, auch wenn der Nacken steif wird.
Es war doch keine Einbildung gewesen. Jetzt erinnerte sich Thea auch noch an den weiteren Grund, warum sie sich für das Schwimmen entschieden hatte. Sie stand auf Schwimmer, auf diese gnadenlos männliche Silhouette, breites Kreuz, schmale Taille, eine Vorderfront wie eine Ritterrüstung. Schwimmer waren meistens braun gebrannt, und immer umgab sie ein Flair von Sommer, Urlaub und Strand. Den Geruch von Chlor in Kombination mit den typischen Sonnencremedüften verband sie mit ihren schönsten Kindheitserinnerungen.
Und Mister breites Kreuz hier war ein ausgesprochenes Prachtexemplar dieser Sorte. Er bückte sich, hob etwas auf und drehte sich weg, um zum nächsten Mülleimer zu gehen. Thea zog sich schnell die Brille von den Augen. Yes, Sir. Das nenn ich einen geilen Schwimmerhintern. Arschbacken zum Nüsseknacken. Er drehte sich um und Yippie , er sah auch von vorne gut aus. Das war nicht immer so, aber der da vorne war wirklich Bundesliga.
Thea versuchte sich in einem besonders guten Schwimmstil, aber gleichzeitig war ihr klar, dass sie sich quasi als Anfängerin outete, wenn sie beim Brustschwimmen den Kopf über Wasser behielt. Es waren noch gut zehn Meter bis zum Beckenrand, und er stand genau am Ende ihrer Bahn hinter dem Absprungblock.
Sie legte ihr nettestes Lächeln auf, und jetzt schaute er sogar in ihre Richtung, als er plötzlich von einem älteren Bademeister gerufen wurde. Er drehte sich um, ging weg und verschwand in einem kleinen Büro mit Fensterfront. Mist. Thea schwamm bis zum Ende der Bahn. Für einen Moment hing sie am Startblock, schaute ihm nach und überlegte, was sie ihn Interessantes fragen sollte, um ihn auf sich aufmerksam zu machen, da fiel es ihr endlich wie Schuppen von den
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