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Unwiederbringlich

Unwiederbringlich

Titel: Unwiederbringlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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wurden, wie man mir übrigens erzählt hat, durch Ihre Geistesgegenwart. Ich habe Sie sehen und Ihnen bei der Gelegenheit aussprechen wollen, wie groß meine Dankbarkeit ist. Solche Dinge bleiben unvergessen. Und nun gar erst von seiten Ebbas selbst. Sie kann Ihnen dies nie vergessen und wird sich Ihnen, dessen bin ich sicher, durchs Leben hin verbunden fühlen.«
    Es waren dies Worte, die, nach ihrem Inhalte, für Holk und alles das, was schon auf seiner Lippe zitterte, nicht glücklicher gewählt sein konnten, und einen Augenblick stand er auch wirklich auf dem Punkte, an die Prinzessin heranzutreten und unter Wiederholung und Ausdeutung ihrer eigenen Worte sein Herz vor ihr auszuschütten und seine Pläne sie wissen zu lassen. Aber sosehr der Inhalt der Worte dazu auffordern mochte, nicht die Haltung der Prinzessin, nicht der Ton, in dem ihre Worte gesprochen waren. Alles klang beinahe leblos, und Holk, so stark seine Seele nach Gewißheit und Abschluß drängte, fühlte doch deutlich, daß dies nicht der denkbar beste, sondern umgekehrt eher der denkbar schlechteste Moment für sein Geständnis sein würde. Von der freigeistigen Prinzessin, die sonst ein Herz oder doch mindestens ein Interesse für Eskapaden und Mesalliancen, für Ehescheidungen und Ehekämpfe hatte, war in der alten Dame, die da vollkommen greisenhaft unter dem feierlichen Königsbilde saß, auch nicht das geringste mehr wahrzunehmen, und was statt dessen aus ihrem eingefallenen Gesicht herauszulesen war, das predigte nur das eine, daß bei Lebenskühnheiten und Extravaganzen in der Regel nicht viel herauskomme und daß Worthalten und Gesetzerfüllen das allein Empfehlenswerte, vor allem aber eine richtige Ehe (nicht eine gewaltsame) der einzig sichere Hafen sei. Holk hätte die Schrift gern anders entziffert, es war aber nicht möglich und verbot sich in so hohem Grade, daß er, statt irgendwelche Confessions zu machen, sich darauf beschränkte, die Prinzessin um einen mehrtägigen Urlaub anzugehen. Ein klarer Plan stand ihm dabei keineswegs vor der Seele, so wenig, daß er auf eine diesbezügliche Frage nicht Antwort gewußt hätte; die Prinzessin aber, von Anfang an nur von dem Verlangen erfüllt, sich baldmöglichst wieder in ihr Cabinet zurückziehen zu können, verzichtete gern auf neugierige Fragen und gewährte huldvoll, um was sie gebeten war.
    Und nun noch ein gnädiges Kopfnicken, und die Audienz, wenn man ihr diesen Namen geben durfte, war zu Ende.
     
Neunundzwanzigstes Kapitel
     
    Als Holk um Urlaub gebeten, hatte nur das eine für ihn festgestanden, daß etwas geschehen müsse. Nun
war
er beurlaubt, und im selben Augenblicke war auch die Frage da:
was
soll nun geschehen? Aussprache mit Ebba, sosehr er ihrer Übereinstimmung sicher war, Verabredungen mit ihr für die Zukunft – das wäre das Natürlichste gewesen; aber Ebba war krank, und was Karin, wenn er vorsprach, antwortete, blieb dasselbe: das Fräulein dürfe niemanden sprechen. So ging er denn einer wahren Prüfungszeit entgegen, Tagen, in denen er nichts zu tun als zu warten hatte. Und das war ihm in seiner Seelenstimmung das Schwerste. Zuletzt ergab er sich darin und beschloß, sich einzuschließen, niemanden zu sehen, Zeitungen zu lesen, Briefe zu schreiben. Aber an wen? Er sah bald, daß er an niemanden schreiben könne. Petersen, Arne, die Kinder – alles verbot sich. Noch mehr die Dobschütz. Blieb nur noch Christine selbst. Er stand von dem Schreibtisch auf, an dem er eine Weile grübelnd gesessen, und schritt auf und ab. »Christine. Ja, das wäre das beste. Sie muß es schließlich doch wissen und lieber heut als morgen... Aber ihr schreiben? Muß durchaus geschrieben sein, als ob ich nicht den Mut hätte, ihr unter die Augen zu treten? Ich habe den Mut, denn was ich will, ist mein gutes Recht. Man lebt nicht zusammen, um immer zweierlei Meinung zu haben und zweierlei Wege zu gehen. Christine hat mich von sich weg erkältet. Ja, das ist das rechte Wort, und solche sich mehrende Kälte, das ist schlimmer als Streiten und Heftigsein. Eine Frau soll eine Temperatur haben, ein Temperament und Leben und Sinne. Aber was soll ich mit einem Eisberg? Und wenn er das klarste Eis hat, das klarste ist gerade das kälteste, und ich will nicht erfrieren. Ja, das paßt, das ist ein gutes Einleitungsthema, damit werd ich ihr kommen, aber von Mund zu Mund; ich will es ihr nicht schreiben, ich will es ihr sagen. Ihr eigener Brief hat mir goldne Brücken gebaut. Und wenn ich dann

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