Unzaehmbares Verlangen
sitzt nicht an ihrem Schreibtisch, aber ich habe mir trotzdem erlaubt, hereinzukommen. Ich möchte einige wichtige Dinge mit Ihnen besprechen.« Philip verstummte plötzlich. »Meine Güte, Letty«, sagte er dann. Seine Stimme klang erstickt.
Joel strich beruhigend über Lettys Haar. »Gute Neuigkeiten, Dixon«, erklärte er heiser. »Sie braucht keine Therapie.«
18
»Weißt du was?« fragte Letty und spießte mit der Gabel einige der scharfgewürzten Glasnudeln mit Erdnüssen und Peperoni auf. »Ich denke, daß mich nach dem heutigen Ereignis in deinem Büro nichts mehr aus der Bahn werfen kann.«
Zum ersten Mal erwähnte sie den Vorfall.
Joel konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Jedesmal, wenn er an Dixons Gesichtsausdruck dachte, mußte er lachen. Sicher würde er sich auch in vierzig Jahren noch köstlich darüber amüsieren.
Sein Instinkt sagte ihm, daß Dixon in Zukunft wohl keine großen Schwierigkeiten mehr bereiten würde. Wahrscheinlich hatte er bereits den nächsten Flug zurück nach Indiana gebucht. Joel war heilfroh, ihn loszusein.
Sobald der Professor begriffen hatte, was sich da vor seinen Augen abspielte, war er eilig aus dem Büro geflüchtet. Joel hatte seinem Rivalen triumphierend nachgesehen.
Das Gefühl, daß er sich um Philip Dixon keine Sorgen mehr machen mußte, war beinahe so befriedigend gewesen wie Lettys Liebkosungen.
Leider hatte er weder das eine noch das andere länger auskosten können, denn Letty schien einen Schock erlitten zu haben.
Bedauernd hatte Joel seinen Reißverschluß hochgezogen und seine Chefin in ihr Büro begleitet. Dort hatte er dem äußerst besorgten Arthur Bigley erklärt, daß sich Miß Thornquist nicht gut fühle und ihn gebeten, Tee für sie aufzusetzen. Bestens gelaunt war er in sein Büro zurückgegangen.
Als er gegen halb fünf Uhr wieder nach Letty sah, fand er sie in die Unterlagen über die neue Werbekampagne vertieft. Sie wich seinem Blick aus, vermied es sorgfältig, den Vorfall zu erwähnen, und ließ sich nur widerstrebend davon überzeugen, daß es Zeit war, nach Hause zu gehen.
Joel führte sie in eine nahe gelegene Bar und bestellte ein Glas Weißwein für sie. Anschließend ging er mit ihr in ein Thai-Restaurant. Anscheinend war ihr gar nicht bewußt, daß sie das Gericht mit den schärfsten Gewürzen bestellte, das in dem Lokal zu haben war.
»Du solltest das nächste Mal die Tür abschließen, bevor du mich im Büro verführst«, empfahl Joel.
»Das wird nicht wieder Vorkommen.« Letty rückte ihre Brille zurecht und warf ihm einen mißbilligenden Blick zu. »Allerdings glaube ich allmählich, daß ich mich durch diese kompromittierende Situation besser an den Gedanken gewöhnen kann, eine Affäre zu haben.«
Joel runzelte die Stirn. Der nachdenkliche Ausdruck in ihren Augen gefiel ihm nicht. »Tatsächlich? Ich hatte heute eher den Eindruck, daß du damit große Schwierigkeiten hast. Immerhin hast du von Heirat gesprochen.«
Letty zuckte die Schultern und sah auf ihr Nudelgericht. »Nun, du mußt verstehen, daß es mir ein wenig schwerfällt, mich über die altmodischen Anstandsregeln des Mittleren Westens hinwegzusetzen. Da, wo ich herkomme, glaubt man immer noch daran, daß man zuerst heiraten sollte, bevor man eine Familie gründet.«
»Eine Familie?« fragte Joel entsetzt. »Heißt das, du bist schwanger? Das kann doch nicht sein - wir waren vorsichtig.« Dann dachte er an das erste Mal in der Scheune und zuckte zusammen.
»Nein, ich erwarte kein Baby.« Sie lächelte. »Noch nicht.«
»Dann hör bitte auf, solche Andeutungen zu machen. Das könnte meinem Herz schaden.«
»Möchtest du denn keine Familie, Joel?«
Vor seinen Augen entstand ein Bild von Letty, die schwanger war und später einen Säugling im Arm hielt. Es war nicht das erste Mal, daß er sich das vorstellte, und wieder regten sich seltsame Gefühle in ihm. Am liebsten hätte er jetzt von Heirat gesprochen, aber solange Letty Thornquist Gear besaß, war das unmöglich.
»Doch«, erwiderte er. »Irgendwann möchte ich Kinder haben.«
»Du solltest damit nicht zu lange warten. Vielleicht wäre es am besten, wir würden uns bald darum kümmern. Was meinst du? Jetzt, wo ich mich an den Gedanken gewöhne, eine Affäre zu haben, brauchen wir vielleicht gar nicht zu heiraten. Immerhin sind wir hier an der Westküste - da sieht man die Dinge wohl etwas anders.«
Er sah sie aufgebracht an. »Wir werden keine Kinder in die Welt setzen, bevor wir verheiratet
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