Unzaehmbares Verlangen
sind, und solange dir Thornquist Gear gehört, wird es keine Eheschließung geben. Das ist mein letztes Wort.«
Letty musterte ihn kühl. »Du verlangst also von mir, daß ich meine Erbschaft aufgebe, bevor du mich heiratest?«
»Nein, zum Teufel. Ich bitte dich nur, mir die Firma zu verkaufen. Du wirst einen fairen Preis dafür bekommen -die Summe wird höher sein als das, was du in zwanzig Jahren in deinem Beruf als Bibliothekarin verdienen kannst.«
»Das hört sich so an, als würde ich mir einen Ehemann kaufen wollen«, bemerkte sie stirnrunzelnd.
»Verflixt, das hat damit nichts zu tun!«
Letty biß sich gedankenvoll auf die Unterlippe. »Und was wäre, wenn du nach dieser Transaktion deine Meinung ändern würdest?«
»Meine Güte - wovon sprichst du überhaupt?«
»Es könnte ja sein, daß du mich doch nicht heiraten willst, sobald Thornquist Gear erst einmal dir gehört. Ich hätte dann keine Möglichkeit, dich dazu zu zwingen.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das Risiko ist mir zu groß. Laß uns lieber bei einer Affäre bleiben. Ich habe mich bereits daran gewöhnt - eine solche Verbindung hat auch ihre Reize.«
»Du bist heute in einer seltsamen Stimmung, nicht wahr?«
»Es war auch ein außergewöhnlicher Tag. Zuerst kippe ich dem Mann, der mir einen ernstgemeinten Heiratsantrag gemacht hat, einen Teller Austern über den Kopf. Dann muß ich deine Ex-Freundin trösten, und schließlich ertappt man mich in einer äußerst peinlichen Situation in
deinem Büro. Und jetzt sitze ich hier vor einem Nudelgericht, das so scharf gewürzt ist, daß jeden Moment der Teller in Flammen aufgehen könnte.«
»Ich habe dir schon öfter gesagt, daß du eben nicht mehr in Kansas bist.«
»Indiana.«
Joel lehnte sich schweigend zurück. Eigentlich hatte er damit gerechnet, daß Letty sich über kurz oder lang mit einer Affäre nicht zufriedengeben würde. Er hatte von Anfang an gespürt, daß ihr Verlangen nach wilder, verbotener Leidenschaft und Abenteuer nicht lange anhalten und daß sie dann von Heirat sprechen würde. Die alten Wertvorstellungen waren eben stärker.
Dabei war er doch fest entschlossen, Letty zu bitten, seine Frau zu werden. Ihm war nicht klar, wann dieser Gedanke zur Gewißheit geworden war, aber er war sich absolut sicher, daß er sie heiraten wollte. Aber zu seinen Bedingungen. Niemand sollte ihm vorwerfen können, er hätte sich Letty nur geangelt, um an Thornquist Gear heranzukommen.
Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, daß Letty sich schließlich mit einer Affäre zufriedengeben würde und sogar in Erwägung zog, Kinder zu bekommen, ohne verheiratet zu sein. Er hatte das Gefühl, die Dinge entglitten ihm allmählich.
Als Letty aufgegessen hatte, schien sich ihre Stimmung gebessert zu haben. Joel zahlte die Rechnung und führte Letty hinaus. Als sie in die First Avenue einbogen, fiel ihm plötzlich etwas ein.
»Ich habe keine frischen Hemden mehr bei dir«, sagte er. »Wir müssen zuerst in meine Wohnung fahren.«
»In Ordnung«, stimmte Letty zu. »Das bringt mich auf einen interessanten Punkt. Wir sollten uns überlegen, ob es nicht wirtschaftlicher wäre, zusammenzuziehen. Wie denkst du darüber?«
»Aber du hast doch auf getrennten Wohnungen bestanden«, erwiderte Joel irritiert.
»Das war, bevor ich begriff, daß ich mich mit einer dauerhaften Affäre abfinden muß.«
»Deinem Vater wird das nicht gefallen, Letty. Er wird darauf dringen, daß wir unsere Verhältnisse bald regeln.«
»Nun, er wird sich mit den gegebenen Umständen anfreunden müssen, nicht wahr?«
»Aber er ist in dieser Beziehung ein wenig altmodisch«, wandte Joel ein. »Und du bist seine einzige Tochter. Er erwartet sicher, daß du früher oder später heiratest.«
»Wer weiß? Vielleicht werde ich das auch tun. Irgendwann.«
Sie nahmen einen Bus nach First Hill, wo Joel wohnte - es wäre zu umständlich gewesen, seinen Jeep aus Lettys Garage zu holen.
Als sie das Haus betraten, stellte Joel fest, daß er in den vergangenen Wochen sehr wenig Zeit in seinem Apartment verbracht hatte. Eigentlich betrachtete er inzwischen Lettys Wohnung als sein Zuhause. Vielleicht sollte er sich wirklich überlegen, seine Unterkunft aufzugeben.
Aber das würde Letty nur darin bestärken, daß die Vorzüge einer Ehe auch ohne Trauschein zu haben waren. Die Situation wurde allmählich immer komplizierter.
»Es wird nicht lange dauern«, erklärte er, als sie den Fahrstuhl verließen und zur Wohnungstür
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