Unzertrennlich
– Feinkost Meyer, ehem. Schlachterei Liebe.«
Luise griff zum Telefon, um die Buchhandlung in Schleswig anzurufen.
Hamburg
Ines rieb sich die Augen und gähnte. »So, ich glaube, wir haben jeden Schnipsel in der Hand gehabt, mir langt es.«
Gabi legte einen Stapel Eintrittskarten und Fotos in die Blechkiste zurück, die von Dorothea sofort wieder herausgenommen wurden.
»Gabi! Du kannst die doch nicht so sortiert zurückpacken, das fällt doch auf.« Sie mischte den Stapel wild durcheinander, während sie die Dinge, die auf dem Tisch lagen, musterte. »So erfolglos waren wir doch gar nicht. Wir haben eine erste Spur von Dani und Lena und dann noch diese Karte.«
Gabi griff nach einer Ansichtskarte, auf deren Vorderseite man den Hafen von Emden sah. Auf der Rückseite stand in kindlicher Handschrift geschrieben:
Gabi wedelte mit der Karte. »Und die arme Marie hatte anscheinend so ein Heimweh, dass sie ihre Adresse von zu Hause als Absender draufgeschrieben hat. Herrlich.«
Sie überlegte einen Moment, dann steckte sie die Karte in ihre Tasche. »Ich werde sie Ruth geben, nicht, dass sie sich bei der Suche ausgeschlossen fühlt, immerhin war es ihre Idee.«
»Von mir aus.« Dorothea stand auf und streckte sich. »Dann lasst uns hier noch unsere Spuren beseitigen, ich will rüber. Ich schreibe mal die Schulen an, die Christine besucht hat, um die Klassenlisten zu kriegen, und hoffe, dass es nicht mehrere Fraukes gab. Und dann melde ich mich bei dir, Gabi, oder?«
»Gut. Wir können uns ja nächste Woche mal zum Essen treffen, mit Ruth und Luise, um den Zwischenstand zu besprechen.«
Die drei sahen sich an. Selbst Ines hatte inzwischen diesen Gesichtsausdruck, den man sonst nur aus Kriminalfilmen von den Besprechungen der Ermittler kennt.
Sylt
Am Wenningstedter Kliff saßen Christine und Richard schweigend nebeneinander und betrachteten den Sonnenuntergang. Ab und zu berührten sich ihre Hände, strich er ihr über den Rücken, legte sie eine Hand auf sein Knie. Es war ein Schweigen, das nur entstehen kann, wenn man sonst über alles spricht.
Sie hatten sich vier Wochen lang nicht gesehen. Es war Christine wie eine Ewigkeit vorgekommen, sie hatte sich gezwungen, die Sehnsucht zu verdrängen, sich abzulenken. Das war ihr ganz gut gelungen, ihr Job im Verlag und die neue Zusammenarbeit mit der ›Femme‹ kosteten fast ihre gesamte Zeit, die Gedanken an Richard kamen erst abends, dann aber mit Wucht. Christine sehnte sich mit jeder Faser nach seiner Stimme, seinen Händen, seinem Körper, seiner Wärme.
Dann sah sie in ihren Gedanken Richard mit seiner Frau, sie wollte ihn für seine Unfähigkeit, eine Entscheidung zu treffen, hassen und schaffte es doch nicht. Christine fühlte sich hin- und hergerissen zwischen der Angst, ihn zu verlieren, und dem drängenden Bedürfnis, sich aus diesem Doppelleben zu befreien.
Auf dem Weg nach Sylt hatte Christine darüber nachgedacht, wie es sein konnte, dass sie hunderte Geschichten von heimlichen Geliebten und ihren Qualen gelesen und gehört hatte und trotzdem nicht klüger geworden war. Ob es Glenn Close in der ›Verhängnisvollen Affäre‹ oder eine der zahlreichen Romanheldinnen war, Christine fand sie alle grässlich und wollte nie so werden wie sie. Sie zermarterte sich das Hirn, bis sie vor Richards Zimmertür stand. Als er die Tür aufriss und sie ansah, lösten sich diese Gedanken wieder auf.
»Christine, ich habe mich so auf dich gefreut.«
Richard nahm sie in die Arme, sie standen minutenlang wie in einer Umklammerung, Christine schloss die Augen und hatte das Gefühl, zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit dem richtigen Menschen zu sein.
Eine Stunde später hatten sie sich auf den kleinen Balkon des Hotelzimmers gesetzt, eine Zigarette zusammen geraucht und sich an den Händen gehalten. Richard beugte sich immer wieder zu Christine, um sie zu küssen. Schließlich drückte er seine Zigarette aus und stand auf.
»Komm, lass uns ein Stück am Strand entlanglaufen. Und auf dem Rückweg trinken wir am Kliff Champagner und feiern uns.«
Christine sah in den Himmel und dachte, dass sich wieder alles richtig anfühlte.
Auf dem Spaziergang erzählten sie sich abwechselnd, was an wichtigen und unwichtigen Dingen in den letzten vier Wochen passiert war. Richard hatte sich die Ausgabe der ›Femme‹ gekauft und Christines erste Kolumne gelesen.
»Ich bin so stolz auf dich«, sagte er und blieb kurz stehen, »komm mal her und lass
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