Unzertrennlich
Ergebnis von Marleens Arbeit wieder vom Teller, teilte es in zwei Hälften und sagte belehrend: »Nun lenk mal nicht ab. Guck mal, so müssen die aussehen.« Marleen nickte knapp und sah Mathilde abwartend an.
»Lena wohnt jetzt bei Kiel. Die haben sich letztes Jahr ein Haus gekauft. Jürgen ist ja so patent, die haben das ganz schön umgebaut. Der ist auf Zack, mein Schwiegersohn.«
»Sag mal, Mathilde, kannst du dich noch an Christine erinnern?«
»Die Dunkelhaarige, die Bernd Kruse geheiratet hat?«
»Ja, genau die. Sie sind aber seit fünf Jahren geschieden.«
»Nein, ist das wahr? Die jungen Leute rennen heutzutage alle auseinander. Haben sie Kinder?«
Anneliese zog die zweite Schüssel zur Tischmitte. »Die Tochter von Claasen ist auch geschieden, der ihr Mann hat doch so gesoffen. Fürchterlich.«
Inge sah interessiert hoch. »Die rothaarige Tochter? Die ist mit unserer Katja konfirmiert worden. Sag bloß. Und die ist jetzt geschieden?«
Marleen versuchte es wieder. »Waren Christine und Lena nicht befreundet? Die haben doch zusammen Handball gespielt.«
Mathilde dachte nach. »Das ist ja schon ein paar Jahre her. Ja, stimmt, die waren mal miteinander befreundet. Lena hat noch bei Christines Hochzeit fotografiert, die Bilder habe ich gesehen.«
Anneliese wischte sich ihre Hände ab. »Hatte sie ein schönes Kleid an? Ich hole noch mal Kaffee.«
»Ich glaube, ja. Das ist schon so lange her.«
Marleen wandte sich wieder an Mathilde. »Weißt du denn, ob die beiden noch Kontakt haben?«
»Nein, irgendwas ist da gewesen. Ich habe das nicht so genau mitbekommen. Die erzählen ja auch nichts. Irgendwie war was mit Bernd oder mit Jürgen, da steckt man ja nicht drin. Wieso fragst du?«
Marleen stand auf, holte vier Gläser und eine Flasche Eierlikör. »Das erzähle ich dir gleich. Ich brauche jedenfalls Lenas Adresse.«
Hamburg
Christine saß auf ihrem Balkon und starrte auf ihren leeren Notizblock, als sie Dorotheas Stimme im Flur hörte.
»Hallo, wo steckst du?«
»Auf dem Balkon, bring dir einen Stuhl mit.«
Dorothea stand bereits in der Tür. Sie stellte eine Flasche Sekt und zwei Gläser auf den Tisch und holte sich dann einen Stuhl. Christine sah auf die Flasche, dann auf Dorothea.
»Gibt es was zu feiern?«
»Eigentlich nicht. Ich dachte, wir könnten doch mal wieder Sekt zusammen trinken. Das haben wir ungefähr drei Monate nicht mehr gemacht. Und ich wüsste gern, warum.«
Christine sah sie an. Dorothea ließ sich auf den Stuhl fallen und drehte den Draht des Sektkorkens ab. »Und tschüss«, sagte sie, während ihr Blick dem Korken folgte, der in hohem Bogen über das Balkongeländer flog und auf die Straße ploppte.
Christine sah sie kopfschüttelnd an.
»Irgendwann schießt du noch mal jemanden ab und kriegst richtig Ärger.«
Sie hielt Dorothea ihr Glas hin. Während Dorothea einschenkte, versuchte Christine, ihren Gesichtsausdruck zu deuten. Irgendetwas war los, Dorothea schien sich zu ärgern, war zumindest ungehalten, Christine überlegte, was es sein könnte.
»Prost, Christine, auf uns.« Dorothea sah Christine an, hob ihr Glas und zog die Augenbrauen hoch, was ihr einen spöttischen Ausdruck verlieh. »Und auf die Freundschaft.« Sie trank das Glas halb leer und stellte es auf den Tisch.
Christine stellte ihr Glas neben Dorotheas.
»Also, was ist los?«
»Was heißt, was ist los?« Dorotheas Stimme wurde lauter, sie sah Christine fast wütend an. »Du fragst mich ernsthaft, was los ist? Wir sehen uns kaum noch, wir telefonieren nur noch selten, du hast nie Zeit, du erzählst nichts mehr, ich muss deinen Bruder fragen, wie es dir geht, und dann willst du wissen, was los ist? Wenn ich dir was getan habe, hättest du ja was sagen können, aber dieses Schweigen kann ich nicht ab. Ich bin richtig sauer.«
Christine war verblüfft. Dorothea neigte eigentlich nicht zu solchen Ausbrüchen. Sie überlegte einen kurzen Moment, ob Dorothea vielleicht einen Witz gemacht hatte. Deren Gesichtsausdruck verriet jedoch etwas anderes.
Christine wurde unbehaglich zumute. Sie fühlte sich ungerecht behandelt und hatte gleichzeitig ein schlechtes Gewissen. Trotzdem musste sie anfangen.
»Ich ignoriere dich doch nicht. Ich habe einfach so viel zu tun. Den Zeitaufwand für die Kolumnen habe ich unterschätzt, ich sitze viel länger dran, als ich dachte. Und dann ist im Verlag so viel los, dass ich nie pünktlich Feierabend machen kann. Letzten Monat war ich dauernd unterwegs, und
Weitere Kostenlose Bücher