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Urangst

Urangst

Titel: Urangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Schutz hatte Amy vor langer Zeit die Zugbrücke zwischen diesen Erinnerungen und ihrem Herzen hochgezogen, aber jetzt kamen sie durch den Burggraben geschwommen.
    Wenn es nur ein Traumwald ist, warum ist dann der Boden nicht weich?
    Er ist weich, aber kalt.
    Es ist ein winterlicher Wald, nicht wahr?
    Mhm. Mit viel Schnee.
    Dann träume dich in einen sommerlichen Wald.
    Ich mag den Schnee.

    Dann solltest du im Bett vielleicht besser Stiefel tragen.
    Ja, das sollte ich vielleicht.
    Und dicke Wollsocken und eine lange Unterhose.
    Als Amys Herz zu rasen begann, versuchte sie die Stimmen aus ihrem Kopf auszusperren. Aber ihr Herz pochte wie eine Faust an eine Tür: Die Erinnerung begehrte Einlass.
    Sie tätschelte den Kopf, der auf ihrem Bauch lag, streichelte das Fell und rief sich, um Erinnerungen abzuwehren, die zu furchtbar waren, um sie jemals wieder aufzusuchen, stattdessen die vielen Hunde ins Gedächtnis zurück, die sie gerettet hatte, die misshandelten und ausgesetzten Hunde, im Lauf der Jahre Hunderte. Sie waren menschlicher Gleichgültigkeit und Grausamkeit zum Opfer gefallen, und als sie zu ihr gekommen waren, waren sie physisch und psychisch gebrochen gewesen, aber oft waren sie körperlich und seelisch wiederhergestellt worden, hatten ihre Lebensfreude wiedergefunden und waren wieder in ihrer ursprünglichen Pracht erstrahlt.
    Sie lebte für die Hunde.
    Im Dunkeln murmelte sie Zeilen aus einem Gedicht von Robert Frost, das ihr in bitteren Zeiten eine Stütze gewesen war: »Der Wald ist dunkel, tief und lieblich anzusehen, doch ich muss weiterhin zu meinem Worte stehen und hab, bevor ich schlaf, noch weit zu gehen, und hab, bevor ich schlaf, noch weit zu gehen.«
    Nickie schlummerte mit dem Kopf auf Amys Bauch.
    Jetzt war Amy Redwing und nicht mehr dieser mysteriöse Hund der Wachposten im Dienst. Allmählich ließ ihr Herzklopfen nach, ihr Puls beruhigte sich, und alles war still und dunkel und so, wie es sein sollte.

14
    Vor den Fenstern senkte sich das Morgengrauen herab und drängte die Dunkelheit nach Westen ab.
    Verkehrsgeräusche begannen von der Straße aufzusteigen, die Räder der Geschäftswelt kamen ins Rollen und gelegentlich war eine ferne Stimme zu vernehmen.
    Auf dem Küchentisch lagen die Zeichnung von Nickie und zwei Studien ihrer Augen, die er aus dem Gedächtnis angefertigt hatte. Die zweite Studie konzentrierte sich noch stärker auf die Augen und zeigte einen noch kleineren Ausschnitt des Gesichts als die erste.
    Brian hatte eine dritte Studie begonnen. Diese zeigte nur die Augen in ihren tiefen Höhlen, den Zwischenraum, die ausdrucksstarken Augenbrauen und die dichten Wimpern.
    Die Aufgabe, die er sich gestellt hatte, faszinierte ihn immer noch. Außerdem war er weiterhin der Überzeugung, dass er im Blick der Hündin etwas gesehen hatte, das von größter Bedeutung war, das sich nicht in Worte fassen ließ, das aber sein unerklärlich gesteigertes Talent, seine anscheinend besessene zeichnende Hand möglicherweise aus seinem Unterbewusstsein holen und in einer bildlichen Darstellung einfangen konnte.
    Ihm entging keineswegs, wie irrational dieses Ansinnen war.
    Seine Entschlossenheit, die Augen der Hündin zu zeichnen und zwar so lange, bis er fand, was er suchte, war zwanghaft, fast schon neurotisch. Die extreme Konzentration
und die emotionale Intensität, die er in diese Aufgabe einfließen ließ, verblüfften ihn und bereiteten ihm sogar Sorgen, aber nicht genug Sorgen, um den Bleistift hinzulegen.
    Auf Rembrandts berühmtem Gemälde Dame mit Nelke nimmt die Abgebildete keinen direkten Kontakt zum Betrachter auf, sondern ist in einer Tagträumerei porträtiert, die im Betrachter den Wunsch auslöst, in ihre Versunkenheit einzugehen und den Gegenstand ihrer Träumerei zu erfassen. Der Künstler gibt ihrem näheren Auge einen erhöhten Farbkontrast, eine klare Iris und ein perfekt platziertes Glanzlicht, das auf ein Gemüt hinter dem Auge hinweist, dem tiefe Gefühle nicht fremd sind.
    Brian gab sich nicht der Illusion hin, sein Talent reichte auch nur annähernd an das von Rembrandt heran. Die subtile Raffinesse der lichtdurchlässigen Schatten und der Brechungen des Lichts in seiner letzten Variante der Augen des Hundes war allem, was er bisher gezeichnet hatte, qualitativ so haushoch überlegen, sowohl im Konzept als auch in der Ausführung, dass er sich fragte, wie er diese Zeichnung zustandegebracht haben konnte.
    Er zweifelte beinah daran, dass es wirklich seine Zeichnung

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