Urangst
mit sanftmütigen Besitzern, die leise, aber mit Nachdruck Respekt verlangen.
Dennoch kann, ob bei der Erziehung eines Hundes oder in der Diplomatie, Entgegenkommen oft mehr bewirken als Beharrlichkeit.
Als Amy die Pantoffeln diesmal an sich nahm, stopfte sie sie unter ihre Kissen.
Nickie beobachtete diese Neuerung mit Erstaunen und grinste dann, vielleicht sogar triumphierend.
»Komm gar nicht erst auf den Gedanken, das könnte bedeuten, dass von jetzt an du mich an der Leine führst.« Sie klopfte neben sich auf die Matratze. »Hopp, Nickie.«
Entweder verstand die Hündin den Befehl oder sie deutete die Geste richtig. Jedenfalls sprang sie über Amy hinweg auf das Bett.
Fred nahm sein Kinn von Ethels Kopf, Ethel schloss die Augen, und Nickie tat, was die anderen Kids getan hatten: Sie drehte sich um sich selbst, bis sie eine bequeme Schlafposition gefunden hatte.
All diese Fellhügel und die lieben Gesichter entlockten ihr ein Lächeln und Amy seufzte, wie es die Hunde getan hatten.
Um sicherzugehen, dass der Bungalow einigermaßen haarfrei blieb, kämmte und bürstete sie jeden ihrer Hunde morgens dreißig Minuten lang und am Abend weitere zehn Minuten, außerdem saugte sie einmal täglich sämtliche Fußböden. Nickie würde die Arbeitslast vergrößern – und jede einzelne Minute wert sein.
Als Amy die Lampe ausschaltete, fühlte sie sich schwerelos; sie trieb auf einem Meer von Schlaf, dessen Spiegel stieg und in dem sie verträumt zu versinken begann.
Dann zappelte sie an einem Haken und die Angelschnur wurde aufgespult; sie hatte sich von einem Satz anlocken
lassen, der von den Gestaden der Erinnerung ausgeworfen wurde: Ich muss im Bett Pantoffeln tragen, damit ich nicht barfuß durch die Wälder meiner Träume laufe.
Amys Augen öffneten sich in diesem und zugleich in einem anderen Dunkel und im ersten Moment bekam sie keine Luft, als sei die Vergangenheit eine ertränkende Flut, die ihre Kehle und ihre Lunge füllte.
Nein. Das Spiel mit den Pantoffeln konnte nicht dazu gedient haben, sie an dieses Gespräch vor langer Zeit über das Traumwandeln in den Wäldern zu erinnern.
Dieser neue Hund war einfach nur ein Hund, nichts weiter. In den Stürmen dieser Welt lässt sich immer ein Weg finden, der vorwärts führt, aber es gibt keinen Weg zurück, weder in friedliche frühere Zeiten noch in stürmische.
Für den aufmerksamen Betrachter besitzen alle Hunde eine geheimnisvolle Aura, ein Innenleben, das tiefer reicht, als die Wissenschaft es ihnen zugestehen will, aber wie auch immer es um die wahre Natur ihres Verstandes oder um ihren Seelenzustand bestellt ist, so sind sie doch auf die Weisheit ihrer Gattung beschränkt und jeder ist durch die Erfahrungen seines eigenen Lebens geprägt.
Trotzdem erinnerten die Pantoffeln, die jetzt unter ihrem Kopfkissen lagen, sie an ein anderes Paar Pantoffeln, und die Worte, die ihr wieder eingefallen waren, hallten in ihrem Innern wider: Ich muss im Bett Pantoffeln tragen, damit ich nicht barfuß durch die Wälder meiner Träume laufe.
Ethel hatte begonnen, leise zu schnarchen. Fred war ein ruhiger Schläfer, es sei denn, er träumte davon, zu jagen oder gejagt zu werden.
Je länger Amy Nickies rhythmischem Atem lauschte, desto stärker regte sich der Verdacht in ihr, dass die Hündin wach war. Mehr als das, sie fühlte sich im Dunkeln von ihr beobachtet.
Amys Erschöpfung war unvermindert, doch die Möglichkeit einzuschlafen rückte in weite Ferne.
Schließlich konnte sie ihre Neugier nicht länger bezwingen. Sie streckte ihren Arm nach der Stelle aus, an der sich der Hund behaglich zusammengerollt hatte, und rechnete fast damit, dass sich ihr Verdacht nicht bestätigen würde und dass Nickie ruhig dalag.
Stattdessen fand ihre Hand in dem schwachen Licht den stämmigen Kopf, der tatsächlich erhoben und ihr zugewandt war, als sei die Hündin ein Wachposten im Dienst.
Sie nahm ihr linkes Ohr und massierte sanft mit dem Daumen den kleinen Knorpel direkt vor dem Gehörgang, während ihre Fingerspitzen die Oberseite des Ohrs an der Stelle rieben, an der es am Kopf angewachsen ist. Wenn es etwas gab, das einen Hund dazu bringen könnte, zu schnurren wie eine Katze, dann war es das, und Nickie ließ diese Aufmerksamkeit mit spürbarem Vergnügen über sich ergehen.
Nach einer Weile senkte sie den Kopf und legte ihr Kinn auf Amys Bauch.
Ich muss im Bett Pantoffeln tragen, damit ich nicht barfuß durch die Wälder meiner Träume laufe.
Zu ihrem eigenen
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