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Urangst

Urangst

Titel: Urangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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geistiger Gesundheit.

    Langeweile ist ein Gemütszustand, der einem Gefühl ähnelt. Und vielleicht ist das Gefühl, zu dem Langeweile am häufigsten führt, Verzweiflung.
    Sie wirkt zu stark, um sich von etwas ernsthaft entmutigen zu lassen, und doch bekämpft sie die Langeweile mit so leichtsinnigen Unternehmungen wie diesem Feuer, was darauf schließen lässt, dass ihr davor graut, in einen ausweglosen Brunnen der Verzweiflung zu stürzen.
    Filigrane Flammenmuster flattern über das Gras und über Moongirl und kleiden sie ein, als sei sie eine ruchlose Braut.
    Im mittleren Fenster taucht ein Licht auf.
    Jemand ist aufgewacht.
    Hauchdünne Vorhänge sind einer klaren Sicht hinderlich, aber nach der Schwäche des Lichtscheins und den amorphen Schatten zu urteilen wallt im Zimmer bereits Rauch.
    Das Haus steht auf Stützpfeilern. Offensichtlich haben sich die Flammen sofort in den Kriechraum unter dem Haus geschlängelt, tausend leuchtende Zungen, die flackernd und zischend giftige Dämpfe durch den Boden nach oben hauchen.
    Harrow glaubt, einen erstickten Schrei zu hören, vielleicht einen Namen, aber er kann sich nicht sicher sein.
    Instinkt, bei der menschlichen Spezies unvollkommen entwickelt, wird die unsanft geweckten Bewohner des Hauses erst zur Haustür und dann zur Hintertür treiben. Sie werden an beiden Ausgängen eine dichte Wand von Flammen vorfinden.
    Der Mond scheint sich zurückzuziehen, während die Nacht immer heller wird. Feuer hüllt die Hausecken ein.
    »Wir hätten auch in eine andere Richtung fahren können«, sagt Moongirl.
    »Ja.«
    »Wir hätten ein anderes Haus finden können.«
    »Unbegrenzte Wahlmöglichkeiten«, stimmt er ihr zu.
    »Es spielt keine Rolle.«

    »Nein.«
    »Es ist alles dasselbe.«
    Im Haus ertönen Schreie, die schrillen Schreie einer Frau; und diesmal mit Sicherheit ein Ruf, die Stimme eines Mannes.
    »Sie dachten, sie seien anders«, sagt sie.
    »Aber jetzt wissen sie, dass es nicht so ist.«
    »Sie dachten, Dinge würden eine Rolle spielen.«
    »So, wie sie das Haus hergerichtet haben.«
    »Das geschnitzte Gesims.«
    »Die Miniaturwindmühle.«
    Jetzt verändert sich die Art der Schreie, geht von Schreckensschreien in Schmerzensgeheul über.
    Hinter den Fenstern pulsiert störrisches Feuer. Das Haus war Zunder, der nur darauf wartete, angezündet zu werden.
    Die Menschen ebenso.
    Im mittleren Fenster verschwinden die hauchdünnen Gardinen mit einem so raschen Lodern, als würden sie weggezaubert.
    Vor dem Haus zieht sich die menschenleere zweispurige Straße in eine Dunkelheit zurück, die vielleicht nicht einmal der Tagesanbruch mildern wird.
    Glas birst von innen nach außen und eine gemarterte Gestalt taucht im mittleren Fenster auf und setzt sich als Silhouette gegen den Hintergrund des brennenden Zimmers ab. Ein Mann. Er ruft wieder, aber der Ruf ist fast schon ein Schrei.
    Die Stimme der Frau ist bereits erstickt.
    Die Fensterkonstruktion erlaubt keinen einfachen Ausstieg. Der Mann ringt darum, die Verriegelung zu öffnen und die untere Scheibe nach oben zu schieben.
    Feuer ergreift ihn. Er fällt vom Fenster zurück und bricht in dem Backofen zusammen, der früher einmal ein Schlafzimmer war und jetzt sein Leiden stumm beendet.

    Moongirl fragt: »Was hat er gerufen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Hat er uns etwas zugerufen?«
    »Er konnte uns nicht sehen.«
    »Wem hat er dann etwas zugerufen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Er hat keine Nachbarn.«
    »Nein.«
    »Niemanden, der ihm zu Hilfe kommt.«
    »Niemanden.«
    Die Hitze lässt eine Fensterscheibe zerspringen. Brennende Farbe wirft Blasen, pop, pop, pop. Scharniere quietschen, als Nägel weich werden.
    »Hast du Hunger?«, fragt sie.
    »Ich könnte einen Happen essen.«
    »Wir haben diesen guten Schinken.«
    »Ich mache uns Sandwiches.«
    »Mit dem Senf mit grünen Pfefferkörnern.«
    »Das ist ein guter Senf.«
    Flammenspiralen beschwören die Illusion herauf, das Haus würde sich drehen, während es brennt, wie ein loderndes Karussell.
    »Im Feuer sind so viele Farben«, sagt sie.
    »Ich sehe sogar ein bisschen Grün.«
    »Ja. Dort. An der Ecke. Grün.«
    Rauch bildet Himmelsleitern in der Nacht, Schwaden über Schwaden, Ruß, der auf Ruß emporklimmt, höher und immer höher in den Himmel hinauf.

13
    Da das Frühstück und der morgendliche Spaziergang schon in zwei bis drei Stunden fällig waren, dachte Amy gar nicht daran, sich von der bettelnden Dreierbande Hundekuchen abluchsen zu lassen. »Keine

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