Urangst

Titel: Urangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz

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ist keine Berühmtheit, aber vielen Leuten ist sein Name ein Begriff. Er hat einen Ruf von der Sorte, die diese Perverslinge liebend gern mit den Zähnen zerfleischen und dann von einer Küste bis zur anderen rauskotzen. Der erste Schritt besteht darin, dass ihr noch heute Nacht nach Santa Barbara fahrt.«
    »Überleg doch«, sagte Brian. »Ich habe alles zu verlieren und nichts zu gewinnen, wenn ich versuche, dich reinzulegen. Du hast also allen Grund, mir zu trauen.«
    »Allen Grund? Wie kann das sein? Ich habe darauf vertraut, dass du mir ein hübsches kleines rosa Baby machst, aber du hast mir eine Missgeburt beschert und damit zehn Jahre meines Lebens versaut. Es gibt niemanden, dem zu trauen ich weniger Grund hätte, Bry.«
    Ihre Haltung war irrational, aber das überraschte ihn nicht. Jeder Versuch, mit ihr darüber zu diskutieren, wäre eine so große Torheit, als wollte man dem Meer befehlen, nicht mehr an die Küste zu branden.

    »Ich muss das alles erst mit Amy besprechen«, sagte er. »Ich kann nicht für sie entscheiden.«
    »Oh, ich bin mir sicher, dass sie mitkommt. Sie ist so verrückt nach Hunden. Sag ihr, hier wäre ein armseliges kleines Hündchen namens Piggy, das dringend gerettet werden muss. Aber ich rate dir, mir innerhalb der nächsten Stunde eine E-Mail zu schicken.«
    »Eine Stunde genügt nicht.«
    Sie sagte: »Ich habe das alles mit Mr. Deep Pockets abgesprochen, aber man kann nie wissen, ob er nicht doch noch nervös wird.«
    Dann legte Vanessa auf.
    Brian drehte sich zu Amy um.
    »Wie du aussiehst«, sagte sie.
    Kalter Schweiß überzog seinen Nacken. Er nahm an, das Blut sei aus seinem Gesicht gewichen, denn seine Lippen fühlten sich nahezu taub an.
    »Wie der Tod«, sagte Amy. »Wie der Tod auf der Suche nach jemandem, den er niedermähen und mitnehmen kann.«

40
    Harrow sagt: »Eiskalt.«
    Als sie von dem Küchenhocker aufsteht, von dem aus sie den Anruf gemacht hat, und sich ihm gegenüber an den Tisch setzt, sagt sie: »Brian war schon immer leicht zu übertölpeln.«
    »Wie Trockeneis.«
    So, wie der Mond die Gezeiten des Meeres anzieht, scheint sie das Kerzenlicht zu krümmen und es durch eine ihr eigene Anziehungskraft auf sich zu lenken.
    »Wie gut hast du dich darauf vorbereitet?«, fragt er.
    »Überhaupt nicht. Ich habe mir von ihm die Stichwörter zuspielen lassen.«
    »Nicht zuspielen lassen. Du hast ihn gespielt, wie ein Instrument. «
    Sie lächelt. »Wie eine Piccoloflöte.«
    »Er sollte dich inzwischen kennen.«
    »Damals war ich noch nicht so sehr ich.«
    »Du warst niemals weniger.«
    »War ich nie ein Kind?«
    »Warst du eines?«
    Sie antwortet nicht.
    »Wo hast du es gelernt?«
    »Du meinst, derart unverfroren zu lügen?«
    »Du machst das Lügen zur Poesie.«
    »Ich habe es schon mit der Muttermilch aufgesogen.«
    »Du hast mir nie etwas über deine Mutter erzählt.«
    »Sie ist tot.«

    »Das ist alles?«
    »Was könnte sonst noch sein?«
    Er sieht zu, wie sie an ihrem Rotwein nippt. Auf ihren Lippen wirkt er schwarz, bis sie die Tropfen ableckt.
    Ihre Beziehung ist in ein neues Stadium eingetreten. Die Erwartung dessen, was bevorsteht, verstärkt bei beiden das Gefühl eines gemeinsamen Schicksals.
    Harrow ahnt, dass er nun Fragen stellen kann, die bislang tabu waren. Er ahnt jedoch auch, dass er sie noch nicht fragen darf, warum sie Piggy all die Jahre behalten hat oder warum sie überhaupt ein Kind bekommen hat, wenn sie der festen Überzeugung ist, und der ist sie mit Sicherheit, dass nichts anderes zählt als das eigene Ich, der Augenblick und der Nervenkitzel.
    »Was ist mit deinem Alten?«
    »Er war der König unter den Lügnern.«
    »Was hat er getan?«, fragt Harrow.
    »Nichts, was er nicht tun wollte.«
    »Ein Mann nach meinem Geschmack.«
    »Er hat Geschichte unterrichtet.«
    »Geschichte ist ein Haufen Lügen?«
    »So, wie er sie gelehrt hat.«
    »Unterrichtet er noch?«
    »Er ist tot.«
    »Sie sind beide jung gestorben.«
    »Ja.«
    Harrow nippt an seinem Wein. In ihrer Gesellschaft trinkt er nie übermäßig viel.
    »Es war erstaunlich, dich am Telefon so viel reden zu hören.«
    »Viel Gerede, ganz egal mit wem, heißt immer, dass es Lügen sind.«
    Sie impliziert damit, dass sie Harrow nicht belügt.

    Er sagt: »Ich erinnere mich noch an diesen Besuch vor zwei Monaten – Karen und Ron.«
    »Wir hatten so viel Spaß mit diesem Pärchen.«
    Die beiden waren in ihren Zwanzigern gewesen, Abenteurer und Rucksackreisende, die Küstenwanderungen