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Urban Gothic (German Edition)

Urban Gothic (German Edition)

Titel: Urban Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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weinen. Stattdessen trat er auf die neu entstandene Wand zu.
    »Türen bekommen nicht einfach Beine und laufen weg.« Javier klopfte mit dem Griff des Messers an die Wand. Er stöhnte. Die anderen versammelten sich verwirrt um ihn.
    »Halt die Augen offen«, forderte er Kerri auf, dann widmete er die Aufmerksamkeit erneut der Wand. Er reichte Heather das Messer, legte beide Hände auf die plötzlich vorhandene Holzverkleidung, drückte und schob in verschiedene Richtungen. Nichts rührte sich. Brett wollte ihm helfen, aber Javier winkte ab.
    »Da tut sich nichts«, flüsterte er. »Muss eine Art versteckter Mechanismus sein.«
    »Aber warum haben sie nur dieses Ende dichtgemacht?«, fragte Brett.
    »Vielleicht, damit wir weitergehen müssen. Unter Umständen in einen Hinterhalt.«
    Heather drängte sich an den beiden vorbei und fuhr mit einer Hand über die Wand. Kein Verputz, kein Lack, keine Tapete, nur festes Holz – glatt wie eine Tischfläche.
    Oder wie ein Sargdeckel, dachte sie.
    Heather kauerte sich hin und ließ die Hände daran entlanggleiten, bis ihre Fingerkuppen den Boden berührten. Dort spürte sie den Rand der Holzfläche. Die Wand hatte sich vor die Tür geschoben – so leise, dass niemand von ihnen etwas davon mitbekommen hatte.
    Sie richtete sich wieder auf. Brett und Javier diskutierten immer noch über die Blockade. Heather wollte gerade vorschlagen, dass es klüger sein dürfte, sich zu verstecken, statt herumzustehen und zu beratschlagen, doch sie kam nicht dazu. Wie zur Antwort auf Javiers Worte erloschen die Lichter. Finsternis umfing sie.
    Ein eigenartiges, gemeines Gelächter hallte den Gang herab.
    Heather, Javier, Kerri und Brett schrien wie aus einer Kehle.
    Das Gelächter wurde lauter und übertönte ihr Gebrüll fast.

9
    Als ihre Schreie von den Wänden hallten, erklang das unheimliche Gelächter ein drittes Mal. Dann verstummte das Geräusch so abrupt, wie es eingesetzt hatte. Die plötzliche Dunkelheit schien die Stille zu verstärken, die Kerri mehr Angst einjagte als zuvor das Lachen.
    Sie trippelte rückwärts durch den Gang, tastete mit einer ausgestreckten Hand durch die Luft und stolperte um ein Haar über Heather. Beide Mädchen quietschten verängstigt.
    »Leise«, flüsterte Javier. »Hört mal.«
    Das musste Kerri ihm lassen: Wenige Augenblicke zuvor, als der Durchgang plötzlich verschwunden war, hatte Javier genauso entsetzt geklungen wie der Rest von ihnen. Nun, da wieder eine unmittelbare Gefahr zu drohen schien, kehrte seine emotionslose, nüchterne Haltung zurück. Seine Stimme klang ruhig, fast unbeteiligt.
    »Wo sind die?« Brett stöhnte. »Ich ...«
    »Haltet euch alle an den Händen«, fiel Javier ihm ins Wort. »Heather, gib mir das Messer zurück, aber pass auf, dass du mich nicht damit stichst.«
    Sie fuchtelten in der Dunkelheit umher und suchten sich gegenseitig. Eine fremde Hand schlang sich um die von Kerri. Sie fühlte sich verschwitzt an, und dicke Schwielen rieben über ihre Haut. Kerri drückte die Finger fest, um Trost zu suchen, und die andere Hand erwiderte die Geste. Dabei kratzten lange, spitze Fingernägel über ihr Gelenk. Kerri erstarrte. Brett und Javier hatten kurze Fingernägel. Heather ebenfalls. Die Freundin beklagte sich jedes Mal darüber, wenn sie zusammen mit ihr und Steph einen Wellnessausflug unternahm. Wann immer Heather versuchte, sie wachsen zu lassen, wurden die Nägel brüchig.
    Die Hand drückte fester zu. Kerri kreischte. Sie versuchte, sich zu befreien, aber der Griff des Fremden verstärkte sich. Die Nägel bohrten sich in ihre Haut. In der Dunkelheit hörte sie, wie Javier, Brett und Heather verwirrt aufschrien, doch sie war zu sehr in Panik, um sie zu warnen. Der Knüppel rutschte ihr aus der anderen Hand und landete klappernd auf dem Boden. Der Angreifer riss sie mit einem Ruck nach vorn und Kerri fiel beinahe hin. Sie spürte heißen, widerlichen Atem im Gesicht, als etwas Warmes und Nasses über ihre Wange glitschte. Eine Zunge. Vor Ekel schaudernd öffnete sie den Mund, um erneut zu brüllen. Der feuchte Fortsatz schob sich zwischen ihre Lippen. Vor lauter Entsetzen biss Kerri zu.
    Nun war es ihr Angreifer, der brüllte. Das tat er in kurzen, gedämpften Schüben, weil seine Zunge zwischen Kerris Zähnen festklemmte. Blut füllte ihren Mund. Übelkeit stieg in Kerri auf. Sie gab die Zunge frei und stolperte rückwärts. Irgendjemand stöhnte vor Schmerz. Sekunden später pochten Schritte durch den Flur davon, als

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