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Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition)

Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition)

Titel: Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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Dunkeln. Ja, das hier rangierte ganz bestimmt hoch oben auf der Liste mit den dümmsten Dingen, die ich je getan hatte.
    April blickte auf den Zettel in ihrer Hand, drehte sich dann einmal um ihre Achse und nahm die Gebäude auf der Straße in Augenschein. »Hier ist angeblich die Adresse, aber für mich sieht das nicht nach einem Nachtclub aus.«
    Ich war von meinem albernen Outfit sowie der Aussicht, womöglich von einem Fremden ausgeraubt und/ oder schräg von der Seite angequatscht zu werden, derart abgelenkt, dass ich der uns umgebenden Architektur keinerlei Beachtung geschenkt hatte. Ich sah an dem Gebäude hoch, vor dem wir jetzt standen. Es war lang und breit, hatte zugenagelte Fenster, und um die Griffe der altersschwachen Doppeltüren waren riesige Ketten geschlungen. Unter meinen Füßen konnte ich eine schwache Vibration verspüren. »Ist das nicht der stillgelegte Bahnhof, von dem immer in den Nachrichten gesprochen wird? Soll der nicht abgerissen werden?«
    April zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nur, dass ich diesem bekifften Typen in die Weichteile trete, wenn er mir nicht meine zwanzig Dollar zurückgibt. Der hat mich so was von über den Tisch gezogen.«
    Ich ging ein paar Schritte auf das Gebäude zu. Die Vibrationen im Boden wurden stärker, krochen durch meine Schuhsohlen und hinauf in die spitzen, zehn Zentimeterhohen Absätze. Nach weiteren zwei Schritten konnte ich die Schwingungen in meinen Ohren spüren. Musik – die von irgendwo aus der Nähe kam. Unter uns vielleicht? Wenn meine Kräfte nicht gewesen wären, hätte ich wohl nichts bemerkt.
    »Nein«, sagte ich. »Ich denke, wir haben’s gefunden. Depot? Bahnhof? Klingt doch naheliegend, oder?«
    »Ich schätze, ja«, gab April zu. »Aber hier ist alles vernagelt.«
    Ich gab ihr ein Zeichen und folgte den musikalischen Vibrationen um die Hausecke und in eine schmale Gasse hinein, die zwischen dem Bahnhof und einem ähnlich verlassen wirkenden Lagerhaus lag.
Dumm, dumm, dumm
, schoss es mir bei jedem schnellen Schritt durch den Kopf. Aber dies war die einzige Möglichkeit, Jude zu finden, und ich wollte jetzt nicht mehr umkehren. Die quietschenden Reifen eines davonfahrenden Autos und die Rufe eines Mannes auf der Straße hinter uns ließen mich meine Schritte beschleunigen, bis ich an der Seite des Gebäudes zu einer Stahltür kam. Sie wirkte wesentlich moderner als die verketteten Türen an der Vorderfront. Die Vibrationen hallten uns heftig aus dem Innern des Gebäudes entgegen und ich konnte sogar den fernen, rhythmischen Takt von Technomusik hören.
    »Ich glaube, hier sind wir richtig.«
    »Bist du sicher? Das sieht nicht aus wie der Eingang zu einem Club. Ich meine, sollte es da nicht irgendwelche Absperrungen oder so was geben?« Aprils bisheriger Mut schien sie völlig verlassen zu haben. Ihr bleicherGesichtsausdruck wirkte, als ob sie halb erwartete und halb befürchtete, dass wir ohne gefälschte Personalausweise gar nicht in den Club hineinkämen. Eine Überlegung, an die ich bis jetzt gar keinen Gedanken verschwendet hatte.
    Ich probierte den Türgriff, doch ein Bolzen in der Tür hinderte mich, sie zu öffnen. Dann fiel mir neben dem Eingang ein Tastenfeld mit einem kleinen roten Licht ins Auge. »Ich glaube, wir brauchen nur die Zugangskarte, um in den Club zu kommen.« Ich kramte die Karte aus meiner Tasche – ein kompliziertes Unterfangen, wenn deine Hose aus Polyester gemacht ist – und zog sie durch dieses Ding, das so aussah wie ein Lesegerät für Kreditkarten.
    Dann drehte ich erneut am Türgriff. Die Tür glitt auf und eine Woge pulsierender Musik flutete in die Gasse. »Bist du bereit?«, fragte ich April.
    »Ich glaub schon …« Sie zog ihren Minirock glatt. »Also, ich meine, ja«, sagte sie mit einem nur winzigen Zittern in der Stimme. »Los geht’s.«
    Gleich hinter der Tür war eine lange Treppe. Ich griff nach dem Geländer und betete, dass ich mit meinen hohen Absätzen nicht abrutschen würde, während ich mir den Weg runter über die Betonstufen bahnte. Am Fuß der Treppe gingen wir durch einen Eingang und betraten den Club.
    Es summte wie in einem Bienenstock. Herumwirbelnde Leute, Stroboskoplicht, pulsierende Musik, wabernder Nebel von einer Tanzfläche in der Mitte des Raumsund flackernde Plasmafernseher so groß wie Autos, die an Drähten von der Decke herabhingen. Gruppen von Typen, die meisten davon Anfang zwanzig oder jünger, hatten sich um die Bildschirme geschart. Sie johlten und schrien,

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