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Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition)

Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition)

Titel: Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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gerade gekillt?«, grölte er.
    Ty ließ den Regler auf den Metalltisch fallen und versuchte, sich aus seinem Stuhl zu stehlen, doch der wütende Spieler packte ihn am Jackenkragen und riss ihn so weit in die Höhe, dass seine Füße gerade eben noch den Zementboden berührten. »Hast du mich gerade gekillt?«, brüllte der Spieler Ty ins Gesicht.
    »Tut mir leid, Mann.« Tys Stimme bebte. »Ich hab das Spiel zum ersten Mal gespielt.«
    »Wer hat diesen Anfänger hier reingelassen?« Der Spieler warf Ty in seinen Stuhl zurück.
    Ty kippte nach hinten und riss mich beinahe mit sich. Ich konnte gerade noch rechtzeitig zur Seite springen. Der Spieler brüllte Ty weiterhin an und bedrängte dann plötzlich einen anderen Jungen, der mit der ganzen Streiterei überhaupt nichts zu tun hatte. Wenn das die Art und Weise war, wie sie hier mit neuen Besuchern umgingen, dann musste ich so schnell wie möglich wegkommen, bevor eine Massenschlägerei ausbrach. Ich wandte mich zügig von der Szenerie ab, hatte jedoch in meinen albernen Stiefeln nur ein paar stolpernde Schritte gemacht, als ich auch schon mit voller Wucht gegen etwas stieß, das eine von Flanell bedeckte Ziegelmauer zu sein schien.
    »Ups, hallo. Bist du okay?«
    Die Ziegelmauer konnte sprechen? Ich trat einen Schritt zurück, blickte auf und erkannte, dass ich genau vor den Brustkasten eines Typs geprallt war, der ein kariertes Flanellhemdtrug. Aus seinen großen grünen Augen blickte er auf mich herab.
    »Tut mir leid«, murmelte ich und machte noch einen Schritt rückwärts. »Ich hab dich gar nicht gesehen.«
    Ganz im Ernst, ich wusste nicht, wie ich diesen Typen hatte übersehen können! Wenn ich hier schon auffällig war – er war es an einem Ort wie diesem erst recht. Während die vorherrschende Mode Tätowierungen und einen Überfluss an Schwarz propagierte, trug er ein grünkariertes Flanellhemd und eine hellblaue Jeans mit einer großen bronzefarbenen, altmodisch wirkenden Gürtelschnalle, die einem Sheriffstern aus Texas ähnelte. Sein welliges, schokoladenbraunes Haar lugte unter einem blauen Basecap hervor und sein sonnengebräuntes Gesicht war völlig frei von irgendeinem auffälligen Tattoo oder komischen Bart. Ich blickte nach unten, ging davon aus, dass er Cowboystiefel trug, stattdessen hatte er graue Nike-Laufschuhe an den Füßen. Ansonsten hätte er wirklich so ausgesehen, als wäre er hier geradewegs von einer Ranch hereinspaziert.
    Er lächelte mich freundlich an, wobei sich in seinen braunen, scharf geschnittenen Wangen Grübchen bildeten, und legte seine warmen Finger um meinen Ellbogen. »Ein hübsches Mädchen wie du sollte an so einem Ort etwas vorsichtiger sein«, sagte er und zog mich weiter von der Schlägerei weg, die sich hinter mir zusammenbraute.
    »Ja. Äh. Ich weiß. Tut mir leid.«
    Seine große schwielige Hand lag immer noch auf meinem Ellbogen. Seine Worte – ›hübsches Mädchen wiedu‹ – erreichten schließlich mein Gehirn. Ich errötete und biss mir auf die Lippe. Ich wollte mich entschuldigen und wegrennen, um mich auf der Toilette oder sonstwo zu verstecken.
    Das Lächeln des Typs wurde breiter. Plötzlich fiel mir auf, dass es etwas an ihm gab, vielleicht die Form seines Munds oder der Ton seiner Stimme, das unerklärlicherweise tröstlich vertraut auf mich wirkte. So wie der erste heranwehende Duft eines Apfel-Karamell-Kuchens an Thanksgiving, nachdem man ein ganzes Jahr auf ihn verzichtet hatte. Dann wurde mir klar, dass aus demselben Grund, aus dem dieser Junge an diesem Ort wie ein bunter Hund auffiel, er wahrscheinlich die einzige Person war, die ich gefahrlos nach Jude fragen konnte. »Hey, kann ich dich was fragen?«
    Er ließ meinen Ellbogen los. Seine grünen Augen blickten kurz in Richtung der herumbrüllenden Spieler ein paar Meter entfernt, dann ruhten sie wieder auf meinem Gesicht. »Ja klar, Süße.«
    »Hast du … Ahhh!« Ich presste die Hände auf die Ohren, als ein stechender Schmerz in meinem Trommelfell explodierte und sich mein Gehör um das Zehnfache verstärkte. Die Vibrationen der dröhnenden Musik waren quälend, vermischten sich mit dem Chor der schreienden Spieler und den einhergehenden Geräuscheffekten verschiedener Videospiele – kurz gesagt: Mir wurde kotzübel. »Schon gut.« Ich zuckte zusammen und wandte mich ab.
    »Bist du okay?« Der Klang seiner Stimme aus dieser Nähe ließ mein Trommelfell noch stärker pochen.
    Ich machte eine abwehrende Geste und zog mich in eine leere Ecke

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