Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
Vom Netzwerk:
meinen Teller. Das lächelnde Frühstück starrte mich an, und ich wusste nicht, ob ich noch mehr hinunterbekam. Ich nahm einen weiteren Schluck Orangensaft. Er schmeckte sauer. Sicherlich hätte ich Jude überreden können, mich zur Schule zu fahren, aber ich hatte keine Lust länger zu bleiben und einen weiteren Putzfimmelanfall meiner Mutter mit anzusehen, wenn er zum Frühstück runterkam. Ich wickelte ein paar Pfannkuchen in eine Serviette und stand vom Tisch auf. »Ich muss los«, sagte ich. »Ich esse unterwegs.«
    Mom unterbrach ihre Scheuerei und blickte auf. Ich hatte nichts gegessen, und mir wurde klar, dass ihreSchuldgefühle dadurch erst recht nicht geringer wurden.
    Doch aus irgendeinem Grund war es mir egal.
    Durch die Kälte lief ich die paar Blocks bis zur Schule und vermachte unterwegs mein Frühstück einem streunenden Hund.
     
    Später, vor Schulbeginn
     
    Die Uhr im Kunstraum bewegte sich zügig auf sieben Uhr fünfundzwanzig zu, und ich verfluchte mich dafür, dass ich Daniel nur ein fünfminütiges Zeitfenster für eine Verspätung eingeräumt hatte. Ich schloss die Augen und betete, dass er bald käme, sodass ich Barlow beweisen konnte, wie falsch er Daniel einschätzte. Doch mit jeder Bewegung des Uhrzeigers gelangte ich mehr und mehr zu der Überzeugung, dass ich diejenige war, die enttäuscht werden würde.
    »Schon Angst gehabt, dass ich nicht auftauche?« Daniel ließ sich gerade rechtzeitig neben mir auf den Stuhl fallen. Er trug ein hellblaues Strickhemd und eine der Hosen, die ich ihm dagelassen hatte, doch seine Sachen sahen so zerknittert aus, als hätte er sie bis gerade eben in seinem Bündel mit sich herumgetragen.
    »Es ist mir völlig egal, was du tust.« Ich spürte, wie sich heiße rote Fleckchen auf meinem Hals bildeten. »Es geht um deine Zukunft, nicht um meine.«
    Daniel schnaubte.
    Mr Barlow kam aus seinem Büro und setzte sich an seinen Tisch. »Wie ich sehe, hat sich Mr Kalbi nun doch entschieden, uns Gesellschaft zu leisten.«
    »Einfach nur Daniel. Nicht
Kalbi
.« Daniel sprach seinen Nachnamen aus, als sei er ein Schimpfwort.
    Barlow zog eine Augenbraue hoch. »Nun, Mr Kalbi, wenn Sie ein berühmter Musiker oder gar Papst geworden sind, können Sie Ihren Nachnamen gerne weglassen. Doch in meiner Klasse werden Sie unter dem Namen geführt, den Ihre Eltern Ihnen gegeben haben.« Barlow betrachtete Daniel wie ein Kunstkritiker, der ein neues Werk in einer Galerie taxierte.
    Daniel lehnte sich zurück und verschränkte die Arme.
    Mr Barlow legte die Hände auf den Schreibtisch und verhakte die Finger ineinander. »Sie sind sich darüber im Klaren, dass Ihr Stipendium von Ihrem Verhalten abhängig ist? Sie werden sich so benehmen und kleiden, wie es sich für eine christliche Schule gehört. Das sieht ja heute schon einigermaßen aus, aber vielleicht wäre auch der Erwerb eines Bügeleisens nicht abträglich. Und ich bezweifle stark, dass dies Ihre natürliche Haarfarbe ist. Sie haben bis Montag Zeit, sich darum zu kümmern. Und was meine Klasse betrifft«, fuhr Barlow fort, »Sie werden hier jeden Tag pünktlich auf Ihrem Stuhl sitzen, wenn die Klingel ertönt. Jeder Teilnehmer des Leistungskurses ist verpflichtet, ein Portfolio von dreiundzwanzig Arbeiten über ein bestimmtes Thema sowie zehn weitere Projekte vorzulegen, um die Bandbreite seines Könnens nachzuweisen. Sie kommen zwar mit Verspätung in diese Klasse,aber ich erwarte von Ihnen das Gleiche.« Mr Barlow lehnte sich vor und sah Daniel in die Augen, als ob er ihn zu einem Spiel herausfordern wollte – wer zuerst wegsah, hatte verloren.
    Daniel verzog keine Miene. »Kein Problem.«
    »Daniel ist ziemlich tüchtig«, warf ich ein.
    Barlow strich über seinen Schnurrbart, und ich wusste, dass jetzt noch etwas kommen würde. »Ihr Portfolio wird sich ausschließlich aus Arbeiten zusammensetzen, die Sie in dieser Klasse angefertigt haben. Ich werde jede Ihrer Arbeiten beaufsichtigen, und zwar in jeder Phase ihrer Ausführung. Sie werden nichts einreichen, das Sie jetzt bereits angefertigt haben.«
    »Aber das ist unmöglich«, sagte ich. »Es ist fast Dezember, und selbst ich habe noch nicht einmal ein Drittel meines Portfolios fertig.«
    »Deswegen wird Mr Kalbi uns auch während der Mittagspause Gesellschaft leisten und sich danach eine Stunde in meiner Klasse weiterbeschäftigen, und zwar täglich.«
    Daniel war kurz davor, den In-die-Augen-Starr-Wettbewerb zu verlieren, gewann dann aber seine Fassung

Weitere Kostenlose Bücher