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Urbi et Orbi

Urbi et Orbi

Titel: Urbi et Orbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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nicht mit ihm zusammen zu sein?«, fragte Katerina. »Ich meine jetzt nicht sexuell. Aber ich meine, real in seiner Nähe zu sein. Das war doch bestimmt hart. «
    »Anders wäre es mir lieber gewesen. Aber das konnte ich nicht beeinflussen. Jakob fühlte sich früh zum Priester berufen. Ich wusste das und habe mich nie dagegen gewehrt. Ich habe ihn so sehr geliebt, dass ich ihn teilen konnte … sogar mit dem Himmel. «
    Eine Frau mittleren Alters trat aus einer Schwingtür und besprach sich kurz mit Irma. Es ging um Einkäufe auf dem Wochenmarkt. Draußen auf dem graubraunen Fluss glitt ein weiterer Lastkahn vorbei. Ein paar Schneeflocken wirbelten gegen die Fensterscheibe.
    »Weiß irgendjemand von dir und Jakob?«, fragte Michener, als die Frau gegangen war.
    Sie schüttelte den Kopf. »Wir haben beide niemals darübe r g eredet. Aber hier in dies er Stadt wissen viele, dass Jakob und ich als Kinder befreundet waren.«
    »Sein Tod muss schrecklich für d ich gewesen sein«, sagte Katerina.
    Die alte Frau seufzte tief. »Ihr könnt es euch nicht vorstellen. Ich wusste, dass er angegriffen aussah. Ich habe ihn im Fernsehen gesehen. Es war mir klar, dass seine Zeit begrenzt war. Wir wurden beide älter. Aber dann kam es so plötzlich. Ich erwarte noch immer, Briefe von ihm zu bekommen, wie früher so oft. « Ihre Stimme wurde weich und zitterte vor Ergriffenheit. »Mein Jakob ist tot, und ihr seid die ersten Menschen, mit denen ich über ihn gesprochen habe. Er hat mir gesagt, dass ich euch vertrauen kann. Und dass ich durch euren Besuch meine Ruhe wiederfinden werde. Er hatte Recht. Allein schon darüber zu reden war eine Erleichterung.«
    Er fragte sich, was diese sanftmütige Frau denken würde, wenn sie wüsste, dass Volkner sich das Leben genommen hatte. Hatte sie das Recht, es zu erfahren? Sie hatte ihnen ihr Herz ausgeschüttet, und er hatte das Lügen satt. Clemens ’ Andenken würde durch sie keinen Schaden nehmen. »Er hat Selbstmord begangen.«
    Irma erwiderte nichts. Lange.
    »Der Papst hat sich das Leben genommen?« Katerina funkelte ihn empört an.
    Michener nickte. »Schlaftabletten. Er schrieb, die Jungfrau Maria habe ihn aufgefordert, seinem Leben ein Ende zu setzen. Zur Strafe für seinen Ungehorsam. Er schrieb mir, er habe die Wünsche des Himmels zu lange missachtet. Doch damit sei es nun vorbei.«
    Irma erwiderte noch immer nichts. Sie starrte ihn einfach nur an. Vollkommen aufgewühlt.
    »Du wusstest Bescheid?«, fragte er.
    Sie nickte. »Er war kürzlich bei mir … im Traum. Er sagte mir, es sei alles in Ordnung. Er habe Vergebung erlangt. Und er wäre ohnehin bald zu Gott gegangen. Ich verstand nicht, was er damit meinte. «
    »Haben Sie auch im wachen Zustand Visionen gehabt?«, fragte Michener.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nur im Traum.« Ihre Stimme klang abwesend. »Bald werde ich bei ihm sein. Das hält mich aufrecht, das allein. Jakob und ich werden für die Ewigkeit zusammen sein. Das sagte er mir im Traum.« Sie sah Katerina an. »Du hast mich gefragt, ob die lange Trennung nicht schwer war. Verglichen mit der Ewigkeit sind diese Jahre der Trennung ein Nichts. Und Geduld habe ich.«
    Michener musste zum springenden Punkt kommen. »Irma, wo ist das, was Jakob dir geschickt hat?«
    Sie starrte in ihr Bier. »Ich habe von Jakob einen Umschlag erhalten, den ich dir geben soll. «
    »Ich brauche ihn.«
    Irma stand auf. »Er liegt nebenan in meiner Wohnung. Ich bin gleich wieder da.«
    »Warum hast du mir das mit Clemens verschwiegen?«, fragte Katerina, als die Tür zugegangen war. Ihr Tonfall war so kalt wie die Temperaturen, die draußen herrschten.
    »Die Antwort dürfte auf der Hand liegen.«
    »Wer weiß davon?«
    »Nur ganz wenige Menschen.«
    Sie erhob sich vom T isch. »Es ist doch immer dasselbe. Lauter Geheimnisse im Vatikan.« Sie schlüpfte in ihren Mantel und ging zur Tür. »Du scheinst dich damit ja sehr wohl zu fühlen.«
    »Genau wie du.« Er wusste, dass er besser geschwiegen hätte.
    Sie blieb stehen. »Das eine will ich dir zugute halten: Ich habe es verdient. Und wie lautet deine Entschuldigung?«
    Er schwieg, und sie wandte sich zum Gehen. »Wo gehst du hin?«
    »Spazieren. Bestimmt hast du mit Clemens ’ Freundin noch andere Dinge zu besprechen, die mich nichts angehen.«
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    K aterina war vollkommen durcheinander. Michener hatte ihr verschwiegen, dass Clemens XV. sich das Leben genommen hatte! Valendrea wusste mit Sicherheit Bescheid – sonst hätte Ambrosi sie

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