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Urbi et Orbi

Urbi et Orbi

Titel: Urbi et Orbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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jemals etwas erfahren.«
    Irma erwiderte nichts, doch Tränen rannen ihr über die Wangen.
    »Weinen Sie nicht«, sagte Ambrosi. »Hochwürden Michener wird schon das Richtige tun. Das tut er immer.« Ambrosi ging rückwärts zur Tür, blieb aber noch einmal stehen. »Wie ich höre, wird der Bamberger Krippenweg heute eröffnet. In allen Kirchen werden Szenen der Geburt Jesu zu sehen sein. Im Dom wird eine Messe gefeiert. Man rechnet mit großem Andrang. Die Messe ist um zwanzig Uhr. Ich schlage vor, dass wir der Menge zuvorkommen und unsere Pfänder um neunzehn Uhr austauschen.«
    »Ich wüsste nicht, was Sie mir geben könnten.«
    Ambrosi lächelte fies. »Ich glaube doch. Heute Abend. Im Dom.« Er zeigte aus dem Fenster auf die große Kathedrale, die den Hügel auf der anderen Seite des Flusses krönte. »Ein sehr öffentlicher Ort, da werden wir uns alle besser fühlen. Aber wenn Sie wollen, können wir den Austausch auch jetzt erledigen. «
    »Um neunzehn Uhr im Dom. Und jetzt machen Sie, dass Sie hier rauskommen.«
    »Denken Sie an meine Worte, Michener. Lassen Sie den Brief versiegelt. Tun Sie sich selbst, Frau Lew und Frau Rahn den Gefallen.«
    Ambrosi ging.
    Irma saß da und schluchzte lautlos vor sich hin. Dann sagte sie: »Dieser Mann ist böse.«
    »Er und ebenso unser neuer Papst.«
    »Gehört dieser Mann zu Petrus?«
    »Er ist der päpstliche Privatsekretär.«
    »Was ist da los, Colin?«
    »Das kann ich erst sagen, wenn ich das Dokument im Umschlag gelesen habe. « Doch er musste eine Gefährdung Irmas verhindern. »Ich möchte, dass du aus dem Zimmer gehst. Ich möchte nicht, dass du irgendetwas davon mitbekommst.«
    »Warum willst du den Umschlag öffnen?«
    Michener nahm den Brief in die Hand. »Ich muss wissen, was so wichtig ist. «
    »Dieser Mann hat ausdrücklich gesagt, dass du das nicht tun sollst.«
    »Zum Teufel mit Ambrosi.« Michener staunte selbst über die Härte seines Tons. Irma schien über seine Zwangslage nachzudenken, dann sagte sie: »Ich werde dafür sorgen, dass du ungestört bleibst. «
    Sie zog sich zurück und schloss die Tür hinter sich. Diese quietschte leise in den Angeln, genau wie damals die Tür im Archiv. Michener konnte sich noch gut an den verregneten Vormittag vor beinahe einem Monat erinnern, an dem jemand ihn im Archiv beobachtet hatte.
    Es war mit Sicherheit Paolo Ambrosi gewesen.
    In der Ferne hörte man das lang gezogene Tuten einer Schiffssirene. Von der anderen Seite des Flusses klang der Stundenschlag der Kirchturmuhr herüber. Es war ein Uhr mittags.
    Er setzte sich hin und riss den Umschlag auf.
    Darin lagen zwei Blätter, das eine blau, das andere beige Auf dem blauen Papier erkannte er Clemens ’ Handschrift und las diese Seite zuerst:
     
    C olin, inzwischen weißt du, dass die Botschaft der Jungfrau mehr umfasste. Ich vertraue dir ihre Worte an. Geh weise damit um.
     
    Mit zitternden Händen legte Michener das blaue Blatt beiseite. Clemens hatte offensichtlich gewusst, dass er schließlich den Weg nach Bamberg finden und das Dokument lesen würde, das sich in dem Umschlag befand.
    Er entfaltete die beigefarbene Seite.
    Die Tinte war hellblau, und die Seite fühlte sich neu an. Er überflog den italienischen Text. Nach dem zweiten Durchgang verstand er ihn besser. Nach dem dritten Lesen wusste er genau, was Schwester Lucia im Jahr 1944 aufgezeichnet hatte – den Rest des dritten Geheimnisses, das die Jungfrau ihr anvertraut hatte – und was Hochwürden Tibor damals, an jenem Tag im Jahre 1960, übersetzt hatte.
     
    B evor Unsere Liebe Frau uns verließ, verkündigte sie uns eine letzte Botschaft, die sie im Auftrag des Herrn nur Jacinta und mir anvertraute. Sie sagte, sie sei die Mutter Gottes, und forderte uns auf, diese Botschaft zur rechten Zeit aller Welt bekannt zu geben. Dabei würden wir aber auf heftigen Widerstand stoßen. Höre gut zu, und merke auf, so befahl sie. Die Menschen müssen besser werden. Sie haben gesündigt und das Geschenk, das sie bekamen, mit Füßen getreten. Mein Kind, sagte Unsere Liebe Frau, die Ehe ist heilig. Ihre Liebe kennt keine Grenzen. Die Gefühle des Herzens sind wahr, wem auch immer sie gelten und aus welchem Grunde auch immer, und vor Gottes Augen ist ein harmonisches Liebesverhältnis niemals widernatürlich. Wisse, dass Glück der einzige wahre Prüfstein der Liebe ist. Wisse außerdem, dass Frauen ebenso sehr Teil von Gottes Kirche sind wie Männer. Nicht allein Männer werden zum Dienst des Herrn

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