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Urbi et Orbi

Urbi et Orbi

Titel: Urbi et Orbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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Mutter, als er mit seiner Vergangenheit rang, in sein Leben getreten. Sie hatte ihn auf der Reise zu diesem Entbindungsheim in Kinnegad begleitet. Hinterher waren sie über die Klippen am Meer entlang spaziert. Sie hatte ihn bei der Hand gehalten und ihm gesagt, dass seine Adoptiveltern ihn geliebt hätten und er froh sein könne, zwei so liebe Menschen hinter sich zu wissen. Natürlich hatte sie Recht gehabt. Trotzdem musste er ständig an seine leibliche Mutter denken. Konnte die Gesellschaft Frauen wirklich so sehr unter Druck setzen, dass si e f reiwillig ihre Kinder aufgaben, um selbst normal weiterleben zu können?
    Warum war so etwas überhaupt nötig?
    Er trank seine Cola leer und starrte auf den Umschlag. Sein ältester und liebster Freund, ein Mensch, der sein halbes Leben für ihn da gewesen war, steckte in Schwierigkeiten.
    Also traf er eine Entscheidung. Es war Zeit zu handeln.
    Er griff nach dem Umschlag und zog den blauen Brief hervor. Der Text war deutsch und in Clemens ’ Handschrift verfasst.
     
    S ehr geehrter Herr Hochwürden Tibor ,
     
    i ch weiß, welchen Auftrag Sie für den tief verehrten Johannes XXIII. ausführten. Ihre erste Botschaft hat mir große Sorgen bereitet . » Warum lügt die Kirche? « , so lautete Ihre Frage. Ich hatte wirklich keine Ahnung, was Sie damit meinten. Nach Ihrer zweiten Kontaktaufnahme verstehe ich nun, vor welchem Dilemma Sie stehen. Ich habe mir Ihre Kopie des dritten Geheimnisses, die Ihrem ersten Brief beilag, angesehen und Ihre Übersetzung immer wieder gelesen. Warum haben Sie dieses Beweisstück zurückgehalten? Selbst als das dritte Geheimnis von Johannes Paul enthüllt wurde, haben Sie weiter geschwiegen. Wenn das, was Sie mir geschickt haben, wahr ist, hätten Sie damals Ihre Stimme erheben sollen. Warum haben Sie es nicht getan? Mancher würde Sie unter diesen Umständen als Betrüger ansehen und Ihnen keinen Glauben schenken, doch ich weiß, dass das ein Irrtum wäre. Warum? Das kann ich nicht erklären. Ich weiß einfach nur, dass ich Ihnen glaube. Ich habe Ihnen meinen Privatsekretär geschickt. Er ist vertrauenswürdig. Sie können dem Hochwürdigen Herrn alles Nötige anvertrauen. Er wird Ihr e W orte nur an mich weitergeben. Sollten Sie keine Antwort für mich haben, so richten Sie ihm das bitte aus. Ich verstehe, dass die Kirche Sie zutiefst enttäuscht und verärgert hat. Ich selbst habe manchmal ähnliche Gedanken. Aber es gibt vieles zu bedenken, wie Sie mit Sicherheit wissen. Ich möchte Sie bitten, den Umschlag mit diesem Brief an Monsignore Michener zurückzugeben. Ich danke Ihnen für alles, was Sie in diesem Fall für uns tun können und wollen. Gott sei mit Ihnen, Hochwürden.
     
    C lemen s
    P. P. Servus Servorum Dei
     
    E s war die offizielle Unterschrift des Papstes. Hirte der Hirten, Diener der Diener Gottes. So unterzeichnete Clemens jedes offizielle Dokument.
    Michener hatte ein schlechtes Gewissen, weil er Clemens ’ Vertrauen missbraucht hatte. Doch hier braute sich ganz offensichtlich etwas zusammen. Tibor musste beim Papst Eindruck gemacht haben, sonst hätte dieser nicht seinen Privatsekretär losgeschickt, sich ein Bild der Lage zu machen. Warum haben Sie dieses Beweisstück zurückgehalten?
    Was für ein Beweisstück?
    Ich habe mir Ihre Kopie des dritten Geheimnisses, die Ihrem ersten Brief beilag, angesehen und Ihre Übersetzung immer wieder gelesen.
    Lagen diese beiden Schriftstücke nun in der Riserva? Waren sie in der hölzernen Schatulle, die Clemens in letzter Zeit so oft öffnete?
    Unmöglich zu sagen.
    Er wusste noch immer gar nichts.
    Also steckte er das Schreiben wieder in den Umschlag zurück, ging zum Gemeinschaftsbad im Gang, zerriss alles in kleine Fetzen und spülte diese die Toilette hinunter.
     
    K aterina lauschte Colin Micheners Schritten auf dem Dielenboden im Zimmer über ihr.
    Sie war ihm von Zlatna nach Bukarest gefolgt, weil es ihr wichtiger erschien, sein Hotel zu kennen, als zu erfahren, was Hochwürden Tibor weiter unternahm. Sie war nicht überrascht gewesen, als er am Stadtzentrum vorbeifuhr und sich ein recht einfaches Hotel suchte. Er hatte auch das Büro des päpstlichen Nuntius ’ in der Nähe des Centru Civic gemieden – wiederum keine Überraschung, denn Valendrea hatte ihr ja deutlich erklärt, dass Michener keinen offiziellen Besuch machte.
    Bei ihrer Fahrt durch das Stadtzentrum machte es sie traurig, dass die endlosen gelben Plattenbauten noch immer diesen orwellhaft konformen

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