Urgum der Barbar
an, Dad«, sagte Ruff. »Lass mal sehen, wie der starke Barbar mit einer hübschen, kleinen Blumenkette aussieht!«
»Das muss mein Bruder Ruff sein, nehme ich an«, sagte Molly und warf ihm einen Blick zu, der nicht sonderlich beeindruckt wirkte. Einen Augenblick lang war Ruff überrascht, dass sie ihn erkannt hatte, aber dann schaute er einfach selbstzufrieden drein.
»Natürlich«, sagte er. »Mama hat dir wohl alles über mich erzählt.«
»Kaum«, sagte Molly. »Nur, dass du der Doofe bist.«
»Oi, kleines Mädchen!«, rief Ruff. »Hast du mich gerade doof genannt?«
»Ja. Weil du denkst, mein Papa hat zu viel Angst, um eine Blumenkette zu tragen.«
»Tja, hat er aber!«, erklärte Ruff. Hinter ihm grinsten die Jungs, aber ihr Grinsen erlosch, als Urgum sich zu ihnen umwandte und den Griff seiner Axt dabei fester umklammerte.
»Mein Papa hat vor gar nichts Angst«, sagte Molly. »Hab ich nicht recht, Papa?«
»Verdammt recht sogar.« Urgum knurrte die Jungs an. »Ihr hört besser auf dieses kleine Mädchen. Ich bin Urgum der Barbar und ich hab vor gar nichts Angst!«
»Dann mal los, Papa.« Molly stupste ihn an.
»Womit denn?«
»Zeig ihnen, dass du keine Angst hast«, sagte sie. »Leg die Kette um.«
Urgum war fassungslos. All seine Instinkte rieten ihm, die Blumenkette zu zerfetzen und das Mädchen ins Teerloch zu schmeißen, aber sein Verstand spielte ihm etwas vor. Es war, als würden kleine Stimmen in seinem Ohr flüstern:
»Urgum, das ist nur eine Ausflucht!«
»Willst du, dass man sich an dich erinnert als an den Wilden, der Angst vor ein paar Blümchen hatte?«
Das machte keinen Sinn! Hatte er etwa Panik bekommen, als ihn der Riesenadler von Gomah in seinen Klauen gefangen hatte? Nein! Hatte er sich in die Hose gemacht, als ihn der sechsköpfige Stier Taurassic in die Ecke gedrängt hatte? Nein! Also warum ließ ihn diese winzige Blumenkette in seiner Hand erbeben? Urgum blickte auf das kleine Mädchen hinab, das so stolz war, an seiner Seite zu stehen, und seine Ehre verteidigte.
Er blickte auf die andere Seite zu seinen angeblich wunderbaren Söhnen, die ihn alle schief anglotzten. Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, dass der wilde Weg vielleicht nicht immer der richtige war. Diese Kette anzulegen, würde ihm eine Art von Mut abverlangen, die er nie zuvor hatte zeigen müssen. Dies war der ultimative Test in Sachen Wagemut, und er wusste, er durfte nicht versagen.
Also blickte er seine Söhne an, hielt seine Axt bereit, um beim leisesten Anzeichen eines schiefen Grinsens zuschlagen zu können, und zog die Kette über den Kopf. Seine sieben Söhne pressten die Lippen fest aufeinander und wagten kaum zu atmen. Sie wussten, dass beim kleinsten Kichern die Axt auf sie zufliegen würde.
»Wow, Papa!« Molly schnappte vor Bewunderung nach Luft. »Du hast ihnen richtig Angst eingejagt! Mama hat mir gesagt, dass du unschlagbar bist, aber ich hatte keine Ahnung, dass du auch noch so cool sein würdest.«
»Cool?«, fragte Urgum erfreut, versuchte aber, so zu klingen, dass es seinem coolen Image entsprach.
»Das Einzige, was sie mir nicht gesagt hat, ist, dass du gut aussiehst«, sagte Molly.
»Hat sie nicht?« Urgum vergaß augenblicklich sein neues Image und ließ seine Axt auf den Boden gleiten, als er einen völlig uncoolen kleinen Freudensprung vollführte.
»Nein, aber das wird daran liegen, dass du so hässlich bist«, sagte Molly. »Aber ich hab dich trotzdem lieb, Papa.«
Und damit langte sie nach oben, warf ihre Arme um Urgums Hals und gab ihm einen fetten Kuss. Die Söhne konnten sich nicht länger zurückhalten.
»Oi, du mit den Blumen...«, kreischte Rekk.
»...gib uns auch ein Küsschen, Papi!«, rief Rakk. Die Jungs waren regelrecht hysterisch, immer ausgenommen Ruff, der ziemlich aufgeregt war. Er sah eine Chance, es dem Mädchen heimzuzahlen, dass es ihn dämlich genannt hatte - und niemand würde es wagen, ihm zu widersprechen.
»Du wirst ausgelacht, Vater«, sagte er pompös.
»Recht hat er!«, trompetete Ruinn. »Du solltest doch ein wahrer Barbar sein, Dad. Um diese Hänselei zu sühnen, muss Blut vergossen werden.«
»Was meinst’n du mit Blut?«, fragte Urgum.
»Das Mädchen!« Ruff zeigte auf Molly. »Sie hat das über dich gebracht. Du weißt, was du zu tun hast. Blut, Blut, Blut...«
Die anderen Jungs stimmten aufgeregt mit in den Gesang ein.
»...Blut, Blut, Blut...«
Ruff trat vor und hob Urgums große Axt vom Boden auf. Dann wurde er ganz feierlich
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