Urgum der Barbar
loszulassen. Das ist ein tiefer Fall und du würdest als fetter Fleck auf dem Boden landen.«
Ruff schaukelte und trat und fluchte und gab schließlich auf.
»Also?«, sagte er schroff und fügte dann hinzu: »Bitte?«
Es war eigentlich ganz einfach, nachdem Raymond es einmal erklärt hatte.
»Alles, was du tun musst, ist, zum anderen Ende des Seils rüberschwingen, das aus dem Flaschenzug rauskommt. Schnapp dir das Seil, aber lass dabei bloß nicht das Ende los, das du jetzt in der Hand hast, sonst wird es durch den Ring gezogen und du fällst runter . Stattdessen knotest du das eine Ende des Seiles an das andere. DANACH kannst du problemlos nach unten klettern.«
Was er danach tun musste, konnte Ruff sich selbst ausrechnen. Du machst dich auf die Suche nach deinen anderen Brüdern, die auf den Felsen rund um die Ebene sitzen und sich immer noch über dich krummlachen und du sagst ihnen, dass du völlig ohne fremde Hilfe entkommen bist. Dann, nach sehr langer Zeit, schaffst du es, sie zu überzeugen, dass sie mit dir gehen und dir helfen, den letzten Felsklumpen auf die Kante zu hieven. Und wenn du dorthin kommst und der Felsblock ist schon oben, dann liegt es bestimmt daran, dass Raymond die Sache inzwischen ganz allein bewerkstelligt hat. Und dann denken alle, Raymond hätte magische Kräfte und du wärst ein völliger Idiot, und lachen dich schon wieder aus.
Natürlich hatte Raymond keine magischen Kräfte (auch wenn er das nicht laut sagte), er war völlig normal, genau wie jede andere in ihre Einzelteile zerlegte Person, die in Beuteln und Säcken lebte.
Die Wahrheit war, dass Raymonds Mund nach Herrn Thomkinsons Lastenpony gepfiffen hatte, das den Nachmittag damit verbracht hatte, friedlich herumzulaufen und nach Kaktusstückchen Ausschau zu halten, die es fressen konnte. Einer von Raymonds Armen zog sich zu einem anderen Stück Seil hinüber, das auf der Klippe lag, und verknotete es mit dem ersten Stück, damit es länger wurde. Dann schnappte sich sein Arm das neue Seil, ließ sich daran runter, bis er Ruffs Knoten erreichte und löste ihn. Der Arm rutschte dann zu Boden, machte eine Schlaufe in das Seilende und reichte es dem freundlichen Lastenpony, welches die Schlaufe in sein Maul nahm.
Der Arm krabbelte zu dem Felsbrocken, der Mund pfiff und ohne großen Aufwand zog das Lastenpony den Felsbrocken hinauf auf die Klippen. Der Arm hüpfte dann von dem Felsbrocken und zurück in seinen Beutel. Das war alles eigentlich ganz einfach, denn Raymond war, wie Molly schon bei ihrem ersten Treffen festgestellte hatte, der mit Hirn.
Wilde und Weichlinge III
W ährend die Jungs sich um die Felsbrocken kümmerten, saß Molly auf dem Himmelbett im Schlafzimmer ihrer Eltern und sah Divina dabei zu, wie sie verschiedene Dinge in die Hand nahm, sie ansah und an einem anderen Ort wieder hinstellte, einfach zum Spaß. Die brennende Fackel an der Wand spuckte, zischte und warf Funken, was sehr gut zu Divinas Stimmung passte. Sie war offenbar ein bisschen sauer wegen der Handschüttel-Geschichte, und Molly fragte sich, was sie sagen konnte, damit ihre Mutter sich besser fühlte.
»Ich sag dir was, Mama«, sagte Molly. »Du warst heute echt cool drauf.«
»Ich bin mir gar nicht cool vorgekommen«, schnauzte Divina sie an.
»Natürlich warst du cool!«, sagte Molly. »Du bist immer cool. Immerhin sagt Mungoid, dass du der einzige Mensch bist, der Papa je dazu gebracht hat, sich das Gesicht zu waschen, und es überlebt hat.«
»Du hast das auch geschafft«, sagte Divina.
»Äh... ja«, sagte Molly unsicher, »... aber Mungoid sagt, dass du es besser gemacht hast. Komm, Mama, erzähl mir, was damals genau passiert ist.«
Divina schnaubte böse, aber dann fiel ihr auf, dass Molly einfach nur nett sein wollte, also entspannte sie sich ein bisschen.
»Tut mir leid, Molly«, sagte sie. »Ich kann dir das nicht erzählen. Das war alles vor langer Zeit, und es war so eine eklige Angelegenheit, dass jeder, dem ich davon erzählen würde, sich sofort übergeben müsste.«
»Wahnsinn, das muss ja echt eklig gewesen sein!«, rief Molly vor Freude laut.
»War es auch«, sagte Divina. »Es war unser Hochzeitstag, aber ich kann dir nicht mehr sagen, oder du musst dich übergeben.«
»Ach, Mama!«, bettelte Molly. »Ich hab gesehen, wie Papa sich im Wohnzimmer die Hosen ausgezogen hat! Wenn ich das aushalte, dann schaff ich fast alles. Also los, erzähl mir’s, BITTE...«
Divina seufzte, dann setzte sie sich auf das
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