Urlaub mit Papa
ab. »So meine ich das nicht. Denk doch mal vernünftig. Du lernst einen richtig guten Typen kennen. Du verknallst dich, er sich anscheinend auch, und ihr habt eine richtig tolle Nacht. Am nächsten Morgen musst du arbeiten, also fährt er allein zum Strand. Und auf dem Rückweg trinkt er in einem Hotel Kaffee und zufällig sitzt er da am Tisch einer alten Dame. Wenn sich unser geisteskranker Gisbert von Meyer jetzt nicht für James Bond halten würde und dein Vater keine Schwäche für wilde Geschichten hätte, wäre doch überhaupt nichts dabei, oder?«
»Und was ist mit der Adresse? Und sein Interesse für Marleen? Und die Fotos von der Pension?«
»Das war doch geklärt.«
»Nicht richtig.« Meine Verzweiflung ließ sich nicht abstellen. Ich sah die Gesichter von Gisbert, Kalli und meinem Vater, das Handydisplay mit den Bildern und immer wieder Johanns Gesicht im Schlaf. Wütend warf ich den Kaffeelöffel in Richtung Spüle. Er fiel daneben. »Warum habe ich immer so ein Pech mit den Männern?«
»Christine.« Dorothea bückte sich und hob den Löffel auf. »Du benimmst dich wie eine Vierzehnjährige. Selbst wenn Johann Thiess nicht ganz sauber ist, dann hattest du wenigstens eine schöne Nacht mit ihm. Wann hattest du zum letzten Mal Sex? Vor zwei Jahren? Dann wurde es doch mal Zeit.«
Mir fiel keine Antwort ein. Das letzte Mal war schon zweieinhalb Jahre her. Dorothea nahm mein Schweigen als Zustimmung.
»Siehst du. Du lässt dich von unserer Altherrenrunde echt verrückt machen. Thiess ein Heiratsschwindler, ich glaube das nicht, nie im Leben. Rede noch mal mit ihm, er ist doch wirklich sexy.«
Vielleicht hatte Dorothea recht, vielleicht hatte ich mich nur von GvM und Heinz anstecken lassen, aber trotzdem verhielt Johann sich nicht wie ein Frischverliebter. Zumindest nicht so, wie ich das erwartete.
In diesem Moment klopfte Marleen ans Fenster, Dorothea öffnete es.
»Ist Christine hier? Ich suche sie überall. Ach, da bist du ja. Du hast mit den Augentropfen die ganze Wimperntusche verschmiert. Sieht furchtbar aus.«
Dorothea sah mich an. »Augentropfen?«
»Ja, sie hat doch eine Bindehautentzündung, Heinz hat ihr Augentropfen besorgt, was gibt es denn da zu lachen?« Marleen hielt inne und betrachtete Dorothea, die sich die Hand vor den Mund hielt. »Ist auch egal. Sag mal, Christine, weißt du, dass Johann Thiess abreist? Er hat gerade bezahlt und gesagt, dass er in die ›Georgshöhe‹ zieht, du könntest dich bei ihm melden, wenn du willst.«
»Vergiss es.« Meine Wut hielt sich die Waage mit der Enttäuschung.
»Siehst du«, sagte ich zu Dorothea.
Marleen ließ ihren Blick zwischen Dorothea und mir hin und her wandern.
»Kann mich mal jemand aufklären? Und was hat Johann Thiess mit Kalli und Hubert gehabt?«
Das wusste ich auch nicht. »Wieso?«
»Als er an der Rezeption stand, liefen Kalli und Hubert am Fenster vorbei und er ging sofort in Deckung.«
Dorothea grinste. »Das wird ja immer verrückter. Vielleicht war Kalli bewaffnet.«
Mir fiel ein, was Johann erzählt hatte. »Kalli hat ihn observiert. Er hat sich mit Gisbert abgewechselt. Johann wollte ihn wohl nicht treffen.«
Dorothea bekam einen Lachkoller. »Kalli observiert? Meine Güte, hier ist es wie im Wilden Westen und ich kriege nichts mit.«
»Ja, weil du nur Nils im Kopf hast und dich dann nach Juist abgesetzt hast.« Es ging mir auf die Nerven, dass Dorothea mein privates Debakel so leicht nahm. »Und jetzt lachst du nur darüber.«
Dorotheas Miene blieb heiter. »Du hast ja recht. Also, ich werde sofort meine Dienste zur Verfügung stellen, vielleicht kann ich das eine oder andere zur Aufklärung beitragen, hier und da ein wenig beschatten oder gar vollstrecken, alles im Auftrag seiner Majestät.«
»Was ist denn hier los?« Mein Vater stand plötzlich neben Marleen und schaute durchs Fenster. »Welche Majestät?«
Dorothea verbeugte sich. »Euer Majestät, König Heinz und natürlich Prinz Gisbert von Meyer. Ich will auch Verbrecher jagen.«
»Sei nicht albern. Das ist Männersache, mischt ihr euch da mal nicht ein. Wir sind drüben fertig, ihr könnt jetzt putzen.«
»Zu Befehl, mein Heinz. Komm Christine, lass uns die Hütte auf Hochglanz bringen, das lenkt ab.«
Mein Vater beugte sich vor. »Sind die Augen noch so schlimm?«
Ich stand auf und stellte meine Tasse in die Spüle. »Nein, Papa, die Augentropfen haben geholfen, danke. Ich komme gleich.«
Er fing mich vor der Haustür ab und sah mich
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