Urmel fliegt ins All
daß Terra
I darin keine Ausnahme macht! Ich habe Appetit auf Bananen, Ananas und Orangen.
Auch etwas Zuckerrohr zum Nachtisch könnte mir guttun!»
Wutz hatte sich nicht gänzlich geirrt, es gab etwas zu essen, wenn
auch nicht das, was sie sich gewünscht hatte, sondern besonders zubereitete
Kost — Weltraumnahrung. Und damit diese beim Essen nicht in tausend kleinen
Teilchen im Raumschiff herumschwebte, war da eine sinnreiche Einrichtung. Aus
den Sessellehnen ließen sich kleine Plastikschläuche herausziehen. Daneben
befanden sich bunte Knöpfchen. Die Schläuche steckten sie in den Mund, und je
nachdem, auf welches Knöpfchen sie drückten, erhielten sie ein zu
wohlschmeckendem Brei zermahlenes Gericht — Bratenbrei, Gemüsebrei, Obstbrei
oder Süßspeise. Und natürlich auch Getränke. Sie saugten mit Vergnügen.
Wutz stockte plötzlich und fragte Neschnem-Kopf Otto: «Warum ißt
du denn nichts?»
Er lachte
und sagte: «Wir Neschnem-Köpfe brauchen nur sehr wenig Nahrung. Uns genügen
einige Tabletten wöchentlich!»
«Hm...»,
grunzte Wutz. Dann wandte sie sich schmatzend Tim Tintenklecks zu und flüsterte
ihm ins Ohr: «Hör mal — öfföff, was hältst du davon? Ich muß sagen, dieser
Neschnem-Kopf Otto ist ein unheimliches Wesen. Gerade fing ich an, mich ein
wenig an ihn zu gewöhnen, aber nun bin ich wieder sehr mißtrauisch geworden!
Denn das ist doch sonnenklar, wer nicht gern ißt, der kann nicht gut sein!
Essen macht satt und friedlich, essen ist ein Lebensgenuß. Wenn ich lange Zeit
nichts zu essen kriege, werde ich bösartig...»
«Ja, du!» versuchte Tim Tintenklecks sie zu beruhigen. «Aber
Neschnem-Kopf Otto hat ja anscheinend gar keinen Hunger!»
«Was? Keinen Hunger? Das ist doch unglaublich! Wenn er keinen
Hunger hat und gar nichts ißt, wie kann er dann Kultur haben? Feine Sitten
entwickeln sich nur beim Essen. Denk nur an die Ritter und Fürsten und an die
Prinzessinnen. Immer wenn ein Märchen gut ausgeht und geheiratet wird, gibt es
ein Festmahl! — Nein, nein, nur wer gern und viel speist, der hat einen guten
Charakter — öfföff!»
«Schon gut!» antwortete Tim Tintenklecks gelangweilt. Ihn
interessierte dieses Problem nicht sonderlich. «Schmatz mir bitte nicht die
Ohren voll, schließlich befinden wir uns auf dem Flug zum Mond, da könntest du
ruhig etwas erhabenere Gedanken haben!»
«Ich habe noch nie im Leben geschmatzt!» grunzte Wutz und biß die
Kiefer fest aufeinander, denn sie war empfindlich gekränkt. Und sie dachte
weiter über ihre Lebensweisheit nach.
Wie sehr sie sich irrte, sollte sie bald genug am eigenen Leib
erfahren.
Wutz ärgert sich
über schmutzige Fensterscheiben
Sie flogen nun
viele Stunden dahin. Eigentlich hatten sie das Gefühl, als ob Terra I ganz
stillstände. Es gab keine Erschütterung und auch keinen durch Beschleunigung
hervorgerufenen Druck mehr. Schon hatten sie das Schwerefeld der Erde verlassen
und befanden sich in dem des Mondes.
Das einzige,
woran sie überhaupt eine gewisse Bewegung feststellen konnten, war ihr
Heimatplanet, die Erde, dessen große Scheibe allmählich immer kleiner wurde und
sich mehr und mehr in einen blauen, leuchtenden Ball verwandelte — wie ein überwältigend
schöner Edelstein. Um dieses wunderbare Geb ilde,
an dem sich Professor Habakuk Tibatong und Tim Tintenklecks nicht sattsehen
konnten, breitete sich die samtschwarze Weltraumnacht aus. Es war keine Nacht,
wie wir sie kennen, denn die Sonne strahlte hell, blendend hell — das Innere
von Terra I funkelte und blitzte, wo es von ihren Strahlen getroffen wurde — ,
und auch die Erde selbst leuchtete! Aber da der Weltraum luftleer ist, gab es
nichts, was das Licht reflektieren konnte, und deshalb sah es so aus, als ob
überall tiefe Nacht herrschte.
Ping Pinguin machte sich seine eigenen Gedanken über alles. Er
wandte sich an seinen Freund. «Weißt du, Wawa, es ist, als ob wir in der
allerpfönsten Mupfel säßen und alles zöge so über uns hinweg, Sonne, Mond und
Sterne, einfach alles, nur wir stehen ganz still!»
«So ist es doch auch», quäkte das Urmel. «Die Erde fliegt weg, und
der Mond kommt auf uns zu, und wir brauchen bloß zu warten, bis wir ankommen.»
Vergeblich versuchte Professor Habakuk Tibatong ihnen zu erklären,
daß sie sich in Wirklichkeit mit irrwitziger Geschwindigkeit durch den Raum
bewegten und daß sie der gleichen Täuschung unterlägen wie die Erdbewohner, die
ja auch nichts von der Wanderung der Erde um die Sonne
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