Urmel taucht ins Meer
haben
sie gesprochen, ganz bestimmt!»
«Sei nicht so eingebildet!»
grunzte Wutz.
Der Professor hörte einen
Augenblick zu. «Eins ist sicher», meinte er, «diese Geschöpfe, die ich nicht
mehr gern Seeungeheuer nenne nach allem, was ich nun von ihnen weiß, diese Geschöpfe
sind nicht nur klug, die dürften auch, ähnlich wie unser Urmel, aus einem sehr,
sehr frühen Erdzeitalter stammen. Vielleicht sind sie wirklich entfernt mit ihm
verwandt oder dieses mit ihnen — aber was will das schon besagen, letztlich
haben ja alle Lebewesen gemeinsame Vorfahren.»
«Vögel und Schweine auch?»
fragte Wutz ungläubig.
«Weniger!» sagte der Professor.
«Weniger als die See... See...
Seeungeheuer, die keine Ungeheuer sind, mit mir?» wollte das Urmel wissen.
«Ja, wahrscheinlich weniger!»
Das hätte der gute Professor
lieber nicht sagen sollen. Denn sehr spät in der Nacht, als alle anderen längst
schon eingeschlafen waren, dachte das Urmel noch hierüber nach. Die Sterne
standen klar am Himmel. Und das Wasser klatschte behaglich an die Planken des
Floßes. Es klang wie das gutmütige Geplauder eines Freundes. Die große Lampe
hatte Tim Tintenklecks gelöscht. Nur die roten und grünen Positionslichter
leuchteten noch.
Das Urmel lag in seiner
Hängematte. Ganz sanft wurde es von den Wellen hin und her gewiegt. Es sann —
oder träumte es? Es träumte von seinen Verwandten, von einer großen
freundlichen Familie. Sie murmelten — sie urmelten... es wachte auf, es rieb
sich die Augen. Es drehte Däumchen — es dachte immer noch an Onkel und Tanten.
Es kratzte sich hinter den Ohren — es dachte an viele kleine urmelähnliche
Kinder. Und sie spielten Urmeln zusammen. Das Urmel ließ den Hals lang über den
Rand der Hängematte hinabgleiten — auch die Seeungeheuer hatten so lange Hälse.
Es schnüffelte, es lauschte — alles war ruhig — , alle schliefen! Aber da, weit
draußen im Meer... War das nun ein Nebelstreif, der im Mondlicht schimmerte,
oder war es eins der fremdartigen Geschöpfe, das seinen Kopf herausreckte und
ihm zuwinkte, es aufforderte, doch zu ihnen zu kommen? Leise wälzte sich das
Urmel aus der Hängematte.
«Hilfe! Ein Sturm!» grunzte
Wutz im Traum. Das Urmel wartete, bis das Floß wieder ruhig lag. Es winkte der
Nebelgestalt mit der Hand. Es suchte des Professors Buch und seinen Bleistift.
Beides lag noch dort, wo er gesessen hatte, als er Ping Pinguins Bericht
notierte.
Das Urmel zeichnete eine
Gestalt auf die letzte freie Seite, die ungefähr so aussah wie es selbst.
Darunter eine Welle — und darunter noch ein ungeheuerliches Wesen. Dann malte
es einen Pfeil, der vom Urmel zum Ungeheuer hinabdeutete. So, das mußte nun
jeder verstehen. Noch einmal winkte es der Nebelgestalt zu — oder dem
Seeungeheuer — oder dem Unterwasserurmel. Es jauchzte: «Ich komme! Hurra! Ich
tauche ins Meer!» und rutschte über den Bordrand.
Es streckte den Hals aus und
bewegte gleichmäßig den kräftigen Schwanz — wie ein Fisch, wie eine
Wasserschlange, oder wie ein Aal.
So glitt es in die rätselhafte
Tiefe.
Alle folgen dem Urmel
Geplagt von schweren Träumen
hatte Wutz die Nacht verbracht. Ping Pinguins sonderbare, ausführliche
Schilderung war immer und immer wieder wie ein Film vor ihrem Auge abgerollt,
ein Film allerdings, der zunehmend wirrer und unverständlicher wurde. Da
purzelte alles durcheinander und wälzte sich wie ein Alp über sie. Und dann war
auch noch ein Sturm über das Floß hinweggebraust, hatte seine Masten zerknickt,
ihre Schlummertonne wie einen Korken herumgewirbelt...
Wie erstaunt war sie, als ihr
die helle Sonne auf die Nase strahlte und die See so blau dalag wie auf einer
Ansichtspostkarte, die man aus dem Urlaub mit «herzlichen Grüßen» verschickt.
Hm — es wäre leichtsinnig gewesen, diese heitere Welt zu verlassen. Sie öffnete
ihren Vorhang noch ein wenig und blinzelte zum Floß TITIWU II hinüber.
Da regten sich die anderen
schon. Auch der Pro fessor war wach. Er trug eine schlotternde
Badehose und stakste mit Schwimmflossen an den Füßen über die Planken.
«Willst du so früh schon ins
Wasser?»
«Ich besuche heute die
Geschöpfe, die wir bisher als Seeungeheuer bezeichnet haben. In Wahrheit
dürften es sehr hochentwickelte Saurier sein. Ich habe über sie nachgedacht.
Meine Theorie ist, daß sie nur überlebten, weil sie sich vor den Kälteschauern
der Eiszeit und später vor den Menschen ins Meer retteten. Vielleicht könnte
man sie
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