Uschi Zietsch
körperlichen Arbeit eignete Kelric sich theoretisches Wissen an und rezitierte Gelerntes; sein Eifer steckte seine Freunde schließlich so sehr an, dass auch sie mehr als notwendig arbeiteten. Viel Schlaf brauchten die jungen Leute ohnehin nicht, und oftmals feierten sie einen gelungenen Tag bis spät in die Nacht mit spielerischen Wettkämpfen. Es war längst kein Geheimnis mehr, dass es für einige Zeit viele gute Zauberer auf Lerranee geben würde.
Es waren heitere und schöne Jahre, anstrengend und fordernd, aber keinem wurde die Zeit zu lang; nicht einmal Tarmin, der trotz körperlicher Übungen mit den Jahren immer dicker und gemütlicher wurde. Er hatte ein großes Talent fürs Wetter und eine gute Hand für Pflanzen und Tiere; seine magische Begabung war sonst eher bescheiden, aber sie genügte für den ehrenvollen Posten des Verwalters, den er nach Beendigung seiner Ausbildung übernehmen sollte. Fandor entwickelte ein hervorragendes Talent im Umgang mit Menschen und der Vermittlung von Wissen; er beherrschte alle Künste gleichermaßen gut und war sehr bescheiden und ausgeglichen. Lordmeister Marbon kümmerte sich auch um ihn sehr viel und gab ihm eine Sonderausbildung zum späteren Lordmeister.
Kelric wurde mit den Jahren ruhiger; er lernte durch eiserne Disziplin, sich besser zu kontrollieren, aber er konnte nicht ausgeglichen werden; denn da war immer noch eine ruhelose Sturmwoge in ihm, die nach Kräftemessen verlangte. Er begann Melwin zu verstehen, der ebenso stark war wie er und eine Aufgabe in sich spürte, die er erfüllen musste; doch dazu musste er erst zu sich selbst finden, und das konnte er nur in langen Wanderungen, die noch Jahre auf ihn warten mussten.
Als Wogryn eines Tages kam, kannte Kelrics Freude keine Grenzen. Der Wompet brachte vier Weibchen und über zwanzig Kinder mit und sonnte sich sichtlich in der glotzenden Bewunderung der Schüler. Kelric zerquetschte den kleinen Gefährten beinahe an seiner Brust und küsste seine Knopfnase, woraufhin Wogryn ein lautes »Hatschi!« von sich gab, fröhlich pfiff und dem Jungen über das ganze Gesicht leckte.
Das hast du nicht gedacht, was? Ich bin der Chef von einem großen Stamm und habe vier Frauen, eine schöner und entzückender als die andere, und meine süßen Kinderchen erst . ..
Mit vorgewölbter Brust stellte der Wompet seine ganze Familie vor. Bis auf Fandor, der die Wahrheit kannte, wunderte sich jeder über die prächtige Unterhaltung zwischen Kelric und den Wompets; es wurde viel gelacht und gekeckert, obwohl kein einziges Wort gesprochen wurde. Die Wompets stellten sechs Tage die Schule auf den Kopf, ließen sich knuddeln, steckten überall neugierig ihre nervösen Nasen hinein und stellten sich für alle Fragen zur Verfügung. Kelric, dem die unbekümmerte Aufdringlichkeit seiner Tierfreunde etwas peinlich war, versuchte sich beim Lordmeister zu entschuldigen, der jedoch selbst tiefbeschäftigt soeben mit einigen Wompets Kontaktversuche unternahm.
Ein Irrenhaus , stellte Wogryn vergnügt fest und wackelte auf seiner Schulter hin und her, hier kann man sich wohlfühlen .
Wogryn , erwiderte Kelric streng, morgen hat dieses Chaos ein Ende. Wenn das so weitergeht, fliege ich noch raus, und außerdem gibt es eine Menge zu tun .
Macht nichts, dann kommst du zu uns, da kannst du auch viel tun.
Du hast dich nicht verändert.
Nein, warum auch? Aber du bist groß geworden, Kelric, schon beinahe ein Mann. Ich bewundere dich. Wie geht es Fergon und Melwin?
Oh, Fergon wird allmählich alt. Er geht nicht mehr auf Reisen, sondern hat ein Amt als Lehrer übernommen. Wie es Melwin geht, wüsste ich selbst gern. Ich habe ihn seit seiner Abreise nicht mehr gesehen.
Wogryn war plötzlich ernst. Und du , fragte er, was willst du einmal tun?
Einen Krieg führen, mein Freund . Einen Krieg gegen einen grausamen Gott.
Du bist völlig verrückt, das habe ich doch immer schon gesagt.
Vielleicht, Wogryn. Vielleicht.
Schließlich brachen die Wompets wieder in heimatliche Gefilde auf; plötzlich war es sehr still in Laïre, und das gewohnte Leben wollte nicht so schnell wieder seinen alten Gang nehmen.
»Hallo, Kelric!«, sprach Teng einige Tage darauf. »Du bereitest uns doch immer wieder Überraschungen!«
Kelric lächelte ihn an. »Man tut, was man kann.«
Teng musterte ihn prüfend. »Es kommt mir vor, als sei es gestern gewesen, dass du als Kind zu uns kamst. Und nun bist du fast ein Mann. Wann hast du Prüfung?«
»Oh, erst in
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