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Uschi Zietsch

Uschi Zietsch

Titel: Uschi Zietsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sternwolke und Eiszauber
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Bruder und vergaß alle Scheu, sprang auf und umarmte ihn stürmisch, lachend und weinend. »Mein kleiner Bruder, dich kann man doch gar nicht mehr erkennen!«
    Kelric erwiderte die Umarmung, bevor er seinen Vater an sich drückte und zuletzt seine Mutter in die Arme schloss, sie küsste und sich dann umsah.
    »Ich bin so froh, dass ihr mich aufnehmt«, sagte er leise. »Bei euch werde ich die Kraft zurückbekommen, den Kampf fortzusetzen.«

    Die Nachricht von Lord Kelrics Heimkehr wurde rasch im ganzen Dorf bekannt, und der Zauberer sah sich bald von vielen Leuten umringt, denen er bei ihren kleinen Sorgen helfen sollte. Kelric stellte den Menschen gern seine Kräfte zur Verfügung; bei dem, was er sonst zu leisten hatte, war dies eine angenehme Abwechslung und Erholung, ohne dass er dabei ganz aus der Übung geriet. Er stellte bald fest, dass sich hartnäckig der Aberglaube um seine Stab hielt, so dass er ihn schmunzelnd behielt, anstatt ihn zu verheizen, wie er es vorgehabt hatte. Sein Bruder, der inzwischen die Wahrheit wusste, lachte mit ihm.
    Kelric fühlte sich mit den geruhsamen Tagen, fern aller schwermütiger Gedanken, zusehends jünger werden. Trotz der lebensverlängernden und kraftspendenden DROGE hatte er die Last der vergangenen anstrengenden Jahre gespürt und diese Pause gebraucht, und so setzte er sich abends gern an das große Feuer in der Dorfmitte, ließ sich von Frühlingsstimmung durchströmen und erzählte Geschichten von sich und Melwin. Manchmal konnte er fast selbst nicht mehr glauben, was er da berichtete, obwohl er nichts erfand; aber er wusste, dass die Dorfleute ohnehin keinen Unterschied zwischen Legende und Wirklichkeit sahen, wenn schon ein normaler Wanderstab in ihren Augen in der Hand eines Zauberers zu einem magischen Instrument wurde. Da Kelric die ersten zehn Jahre seiner Kindheit bei ihnen gelebt hatte, scheuten sie sich längst nicht mehr, ihm ihre Zuneigung und Verehrung offen zu zeigen und ihm zu sagen, welch ein lebendiger Mythos von Vollkommenheit er war. Ja, Vollkommenheit. Ganz Laïre bewunderte ihn als das Idealbild des Zauberers, obwohl seine Macht geringer war als Melwins. Aber es war die Gedankenkraft, die ihn auszeichnete, und sein unbeugsamer Wille. Er hatte so manches Jahr unterrichtet, bevor es ihn wieder weiterzog, neuen Gefahren und Abenteuern entgegen. Und stets war Melwin an seiner Seite gewesen, sie hatten zusammen gekämpft und gelitten; so manche Nacht hatte der eine am Lager des anderen Wache gehalten, um dem Tod den Zutritt zu verwehren. Kelric wusste heute nicht mehr, welche Bedeutung jede einzelne Narbe hatte. Doch tief eingebrannt hatte sich in ihm das schreckliche Grauen, als er zuletzt zum Schwert gegriffen hatte, zusammen mit Melwin; mit blutigen Klingen hatten sie dagestanden, um sich herum ein Schlachtfeld von getöteten Geschöpfen, die das gebrochene Sonnensymbol ihres Gottes Oloïn auf der Brust eingebrannt trugen. Sie hatten lange verharrt und sich angesehen, erwacht aus einem wahnsinnigen Blutrausch, der sie wie ein tollwütiger Wolf angefallen und infiziert hatte, ihnen die Magie gestohlen und stattdessen Kampfwut eingegeben hatte. Sie hörten Oloïns fern hallendes grausames Gelächter, als sie zusammenbrachen und sich übergaben, bis sie nur noch Galle spien. Schluchzend, dem Irrsinn nahe, hatten sie sich aneinandergeklammert und Elwin angefleht, das Blut von ihnen zu nehmen und sie nie wieder einer solchen List erliegen zu lassen.
    Ja, sie hatten beide versagt, die angeblich vollkommenen Zauberer, hatten alle Lehren missachtet und die Gesetze gebrochen, und das Entsetzen war so groß gewesen, dass sie nach Laïre geflohen waren und sich einige Sternenwanderungen in dem Heiligen Gewölbe eingesperrt hatten.
    Danach war es nie mehr wie früher gewesen, und sie hatten sich getrennt, um jeder auf seine Weise Sühne zu leisten und mit der Schuld fertig zu werden, die sie niemals wirklich abgelten konnten.
    Zehn Jahre waren seither vergangen. Die längsten und einsamsten Jahre in Kelrics Leben, aber auch die Zeit der Läuterung, die seinen Entschluss nur noch mehr festigte. Deshalb war er nun hierher gekommen, auch wenn er womöglich die Familie dadurch in Gefahr brachte. Aber er wollte etwas abschließen, bevor sein Kampf in die endgültige und wichtigste Phase trat.
    »Was denkst, du, mein Sohn?«, fragte der Vater in Kelrics Gedanken hinein, und Kelric sah auf.
    »Ich denke, es wird Zeit mir zu sagen, was euch bedrückt«, antwortete

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