Uschi Zietsch
der Macht selbst.«
Er lächelte und führte sie zu einem Stuhl. »Bitte nehmen Sie Platz, Prinzessin. Da Sie schon hier sind, wollen wir uns gleich unterhalten.«
Sie schielte verstohlen zu seinem unberührten Abendessen. »Es ist alles durcheinander im Schloss, und niemand hat an meinen Magen gedacht«, murmelte sie.
Er nahm schmunzelnd seinen Teller, belud ihn mit Speisen und schob ihn ihr hin. »Es reicht gut für uns beide.«
»Aber ich habe einen Wolfshunger«, warnte sie ihn. »Und wenn ich erst zu essen anfange, kann ich nicht mehr aufhören.«
»Das ist doch schön«, lächelte er. Er nahm sich einige Früchte und kaute sie in stillem Vergnügen, während Gorwyna begeistert den ganzen Teller leer löffelte. Dann lehnte sie sich zurück.
»Herrlich«, seufzte sie. »Ich war am Verhungern.«
Sie sah ihm zu, als er nach der Weinkaraffe griff und sich eingoss. »Darf ich ... nur ein wenig?«, bat sie schüchtern.
»Wenn Sie es vertragen«, erwiderte er, »brauchen Sie doch nicht zu fragen. Jedenfalls nicht mich.«
Sie räusperte sich. »Ich vertrage es bestimmt nicht. Sie sind alle der Meinung, dass ich noch zu jung bin. Aber alt genug zum Heiraten bin ich doch, oder? Also kann ich auch Wein trinken.«
»Ich habe nichts einzuwenden«, meinte er freundlich und hielt ihr einen halb gefüllten Becher hin. »Gorwyna, wollen Sie denn wirklich heiraten?«
Zu seinem Erstaunen wurde sie hochrot. »Ich ... ich muss ja doch, damit endlich Frieden herrscht. Und Prinz Lyrwe soll sehr nett und gutaussehend sein, das sagen alle. Er schickt mir glühende Liebesbriefe.« Sie nippte am Wein und hielt sich am Becher fest. »Aber ich ... da ... ist ein Problem ...«
»Sprechen Sie!«, ermunterte er sie.
Sie zögerte. »Werdet Ihr mich begleiten?«, fragte sie zaghaft.
»Ja«, antwortete er. »Sie können frei sprechen. Ich bin zum Stillschweigen verpflichtet, in allem, was Sie mir anvertrauen.«
Sie druckste herum, verknotete die Finger ineinander, trank den restlichen Wein, sah zum Fenster hinaus und platzte schließlich heraus: »Findet Ihr mich attraktiv?«
Sie erwartete, er werde lachen, und senkte verschämt den Kopf, aber er blieb ruhig und sachlich.
»Ich kann nur objektiv beurteilen, Prinzessin«, sagte Kelric ernst. »Und Sie dürfen mir glauben, dass ich schon viele Menschen sah. Aber niemand besaß zugleich soviel Schönheit, Anmut und Liebreiz wie Sie. Ihre Anziehung auf Männer muss unwiderstehlich sein. Nein, Gorwyna, strahlen Sie jetzt nicht. Es ist eine Beurteilung, kein Kompliment. Ich bin nicht dafür empfänglich.«
»Oh!«, machte sie. »Gar nicht?«
»Nein. Ich bin mit der Magie verheiratet, und ihr gehören alle meine Gefühle. Der Wein ist doch recht stark, nicht wahr?«
Sie nickte mit roter Nasenspitze. »Ja. Ich benehme mich ziemlich einfältig, oder?«
»Sie sind ja noch fast ein Kind. Und was gibt es für ein Problem?«
Sie wurde jäh ernst. Sie wollte es nicht sagen, aber es lastete schon so lange auf ihrer Seele, und mit irgendjemandem musste sie reden ... vorher . »Es ist schrecklich«, murmelte sie. »Ich habe Angst vor dem Prinzen ... in einer Hinsicht.«
Er musterte sie und schien schnell zu begreifen. »Mädchen, Sie sind kaum achtzehn«, sagte er. »Wann war die Geschichte?«
»Vor einem Jahr«, wisperte sie und fügte dann verteidigend hinzu: »Meine Mutter war sogar erst sechzehn, als sie Papa heiratete.«
»Weiß Ihr Vater davon?«, fragte er.
»Götter, nein, natürlich nicht! Niemand weiß es. Er ist auch schon lange fort. Es war nur ... diese Sommernächte, Ihr versteht, und er konnte so gut singen ... Er war nur wenige Tage hier und kehrte nie mehr wieder, aber ...«
»Aber passiert ist es trotzdem«, vollendete er den Satz. »Nun ja, ich glaube nicht, dass der Prinz unbedingt darauf bestehen wird. Er wird gar nicht darauf achten, wenn er mit Ihnen zusammen ist, und Sie sollten ihn vielleicht nicht direkt mit der Nase darauf stoßen. Und ansonsten ... ich werde bei Ihnen bleiben, bis Sie mich nicht mehr brauchen.«
»Wirklich?«
»Ja, bestimmt. Ich verspreche es.«
Sie betrachtete ihn prüfend. »Sie könnten ein Bruder meines Vaters sein.«
»Ja, aber ich bin es nicht«, erwiderte er. »Und wenn Sie jetzt noch weiter in meinen Gedanken herumkramen, werde ich Sie auf der Stelle übers Knie legen.«
»Ihr wisst ...«, sagte sie erschrocken.
»lhr Vater sagte es mir, aber ich kann es ohnehin spüren. Und nicht nur, weil ich Zauberer bin. Bevor Sie nämlich
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