Uschi Zietsch
Verbindung, die Melwin erkannte ... aber welche?« Er schüttelte den Kopf und verschränkte grübelnd die Hände ineinander.
Der König stand blass und aufrecht neben ihm, dann sprach er langsam, fast mühsam: »Ich glaube, da kann ich Euch helfen. Fällt Euch nicht auf, dass ich kein Zauberer bin?«
Kelric hob den Kopf, Erstaunen in den Augen, weil er selbst bisher nicht darauf gekommen war.
Emhold fuhr fort: »Aber meine Tochter ... meine Tochter Gorwyna kann Gedanken lesen.«
14.
Die Prinzessin
»So«, sagte Kelric leise. »Diesmal also kein Mann, sondern eine Frau in der nächsten Generation.« Er hatte sich wieder völlig in der Gewalt, und keine Regung seines beherrschten Gesichtes drückte die Gefühle aus, die in ihm tobten.
»Ist ... ist das schon einmal vorgekommen?«, fragte der König zögernd.
Kelric schüttelte den Kopf. »Nein, mein König. Und es wird wohl auch nie wieder vorkommen. Aber macht Euch keine Sorgen. Dies ist nur ein weiterer Teil der Geschichte, und mir ist jetzt das meiste klar. Es ist kaum mehr ein Zufall, dass ich ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt hier eintraf, und ich glaube, dass mein Kampf nicht umsonst war. Ich werde also Eure Tochter in jedem Fall begleiten, Herr. Ich danke Euch sogar für den Auftrag. Aber nun zu etwas anderem: Ich möchte mir gern Eure Frau ansehen. Ich glaube, ich kann sie heilen.«
Der König sah ihn erstaunt an, mit leise aufflackernder Hoffnung. »Ihr könntet – aber wie?«
Kelric lächelte. »Auch Melwin hätte es gekonnt, wäre er zu diesem Zeitpunkt hier gewesen. Vorher vermochte er nicht zu helfen, solange die Krankheit nicht ausgebrochen war. Aber auch ich kenne ja jetzt den Namen der Königin und seine Bedeutung. Ich werde also das Leben meiner Mutter, die genauso heißt anhand meines Verwandtschaftsbandes zurückverfolgen, und dann werde ich das Band Eurer Frau ebenso entlang suchen, bis ich ihren Ursprung gefunden habe, in dem das Wort zur Heilung liegt. Wenn ich die beiden Frauen vergleiche, dürfte es gelingen. Aber hoffentlich wird Gromgen dann nicht arbeitslos.«
Emhold lachte befreit auf. »Keine Sorge! Kommt nur, mein Freund, und ich will Euch unterwegs noch Gorwyna vorstellen.«
Er führte den Zauberer rasch durch sein Schloss, das immer belebter wurde, je weiter sie vordrangen; Kelric fühlte sich wohl, denn er spürte überall eine lange und weitverzweigt verwurzelte Heiterkeit. Der König machte schließlich ein enttäuschtes Gesicht, als er seine jüngste Tochter in keinem der Aufenthaltsräume des Frauengebäudes vorfand. »Sie ist ständig unterwegs wie ihr Vater«, brummte er. »Vor heute Abend kommt sie bestimmt nicht zurück. Nun, dann stelle ich Euch die beiden Älteren vor. Die eine ist achtundzwanzig, die andere vierundzwanzig, sie haben beide kürzlich geheiratet, und ich werde bald Großvater.« Er lachte fröhlich. »Mein Sohn wird kaum älter als mein Enkel sein, das ist eine erheiternde Vorstellung, nicht wahr?« Er schüttelte erheitert den Kopf. »Gestern überlegte ich, dass Gorwyna eigentlich noch zu jung zum Heiraten ist. Aber sie will den Prinzen, obwohl sie ihn nicht kennt, und ich kenne niemanden, dem es je gelungen wäre, ihr etwas auszureden.«
»Sehr verwöhnt also«, sagte Kelric prompt.
»O ja«, gab der König lächelnd zu. »Aber wenn Ihr sie kennen würdet, verstündet Ihr warum. Sie wird ja selbst von ihren beiden Schwestern innig geliebt, obwohl sie die Schönste von allen ist.« Er unterbrach sich, als Kelric plötzlich stehen blieb und den Kopf wie lauschend bewegte,
»Welches ist der kürzeste Weg zum Gemach Eurer Frau?«, fragte er dann.
Emhold erschrak, als er das ernste Gesicht des Zauberers sah. »Kommt!«, sagte er und eilte voran.
Gromgen stürzte ihnen kurz vor den Gemächern aufgelöst entgegen. »Die Königin, sie ... sie ...«, schrie er. »Was soll ... « Er verstummte, als Kelric ihn wortlos an den Schultern packte und mühelos aus dem Weg hob, um rasch in das Gemach zu gelangen.
In dem großen Bett lag eine Frau unbestimmbaren Alters; nach normalen Maßstäben hätte sie siebenundvierzig Jahre alt sein müssen, aber durch ihre zierliche Gestalt und die glatte bleiche Haut wirkte sie viel jünger. Das liebliche Gesicht war ganz grau vor Erschöpfung, die Augen waren geschlossen; der Atem ging rasch und flach. Der König ergriff vorsichtig eine kalte weiße Hand und ließ sich dicht bei seiner Frau nieder. Kelric, der sah, wie sehr er sie liebte, setzte sich entschlossen
Weitere Kostenlose Bücher