Uschi Zietsch
ging weiter.
»Hier versagte meine Magie«, schloss Kelric, und der König lachte schallend.
Das konnte dennoch nicht darüber hinwegtäuschen, wie schwer dem Mann ums Herz war, seine Lieblingstochter herzugeben. Er vertraute sie Kelric bekümmert an und erbat den Segen Elwins, der den Weg der Prinzessin schützen sollte.
Der erste Teil der Reise war angenehm, als nach dem Weg durch das Narrowtal die Kleinebenen erreicht wurden. Das Wetter war gut, die Truppe fröhlich und sang oft Lieder bis spät in die Nacht. Erst, als in der Ferne das trübe, vertrocknete Phantom-Land sichtbar wurde und immer näher rückte, kehrte Ernsthaftigkeit ein; der Weg verlief in stillen Gedanken, auch am Abend fand niemand den Mut zu einem Scherz.
Kelric hatte ein Zelt für sich allein, das er stets nach der Abendmahlzeit aufsuchte; er hielt sich der Gesellschaft stets fern und studierte lieber bei Kerzenschein bis spät in die Nacht mitgeführte wissenschaftliche Werke, meditierte oder übte magische Künste. Wenn die Prinzessin sich in ihr Zelt zurückzog, sah er jedes Mal zur selben Stunde bei ihr vorbei, fragte sie nach ihrem Befinden und unterhielt sich eine Weile mit ihr. Er spürte recht rasch, dass sie ihm schwärmerische Gefühle entgegenbrachte und nichts unversucht ließ, um ihn länger bei sich zu behalten, aber er ging darauf nicht ein. Er blieb stets reserviert, höflich und zuvorkommend und gab seine unnahbare, verschlossene Haltung niemals auf. Manchmal, wenn sie es nicht bemerkte, blitzte es belustigt in seinen Augen auf, wenn er sie beobachtete; mit väterlicher Nachsicht nahm er alle ihre Launen hin, mit denen sie ihn aus der Fassung zu bringen versuchte. Andererseits aber unterhielt er sich gern mit ihr; sie war klug und wissbegierig, und er gab bereitwillig in allen Fragen Auskunft.
Kelric hatte begreiflicherweise keine Erfahrung im Umgang mit Frauen, vor allem wenn sie so jung waren, deshalb entging ihm, dass Gorwynas Schwärmerei mit der Zeit in tiefere Bahnen geriet, und dass sich zwischen ihnen etwas entwickelte, das er vielleicht hätte abwenden können, wenn er es rechtzeitig erkannt hätte. Aber vielleicht sollten die Dinge auch so ihren Lauf nehmen: Schließlich sah es so aus, als ob sich die Prophezeiung endlich erfüllen würde.
Die muntere Prinzessin gewöhnte sich rasch an Kelrics ruhige Gesellschaft und fand ihn schließlich unentbehrlich; er nahm sie ernst und lachte nie über seltsame Gedanken, er hörte ihr immer zu und sprach nie ein Verbot über etwas aus, das sie tun wollte. Sie konnte mit ihm über alles sprechen, ohne zu spüren, dass er erzieherische Maßnahmen ergriff. Er schimpfte sie nicht aus, wenn sie aus Langeweile Unsinn trieb; er war stets aufrichtig zu ihr – und immer da, ruhig, groß und sicher wie ein Fels, immer ein Stück hinter ihr, damit sie sich frei fühlen konnte und dennoch niemals einer Gefahr ausgesetzt war.
Die erste jugendliche Schwärmerei war bald vorbei, als Gorwyna einsah, dass diesmal etwas anders war als damals in jenen warmen Sommernächten mit einem jungen lebenslustigen Mann. Aber anstatt vernünftig zu sein und vor allem anzuerkennen, wie viele Jahre zwischen ihnen lagen, und nicht nur zwei Welten, und dass überhaupt keine Aussicht oder auch nur zaghafte Hoffnung auf Erfüllung ihrer Sehnsucht bestand, begann sie zu lieben, zuerst zaghaft, doch mit jedem Tag inniger, schließlich mit jeder Faser ihres Herzens und mit einer Ernsthaftigkeit, die ungewöhnlich war für ihr Alter. Ihre Jugend allerdings vermochte nicht einzusehen, dass der Zauberer kein Interesse an ihr hatte. Gewiss mochte er sie, das konnte sie spüren, aber ihre Liebe, die aus ihren Augen sprach, wenn sie allein waren, schien er nicht einmal zu bemerken. Das verletzte und schmerzte sie, und lange haderte sie mit sich, bis sie schließlich an jenem Abend an der Grenze von Phantomland allen Mut zusammennahm, forsch in sein Quartier schritt und ihn direkt ansprach, gerade als er das Zelt verlassen wollte: »Was kann man nur tun, um Euch zu erobern?«
Er drehte sich zu ihr. »Mich?«, fragte er erstaunt. »Prinzessin, ich bin nicht Ihr Prinz. Sie dürfen diese Gedanken nicht haben.«
»Aber ich liebe Euch!«, rief sie. »Und Ihr liebt mich doch auch!«
Er schlug ihre Gedanken ab, die sich in seinen Geist drängen wollten. »Natürlich liebe ich Sie«, erklärte er sanft. »Ich liebe Sie, wie ich alle Menschen liebe. Ich denke an Sie stets mit dem Gefühl der Zuneigung, weswegen ich Sie
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