Uschi Zietsch
angegriffen.«
»Seid Ihr da wirklich so sicher?«, meinte sie argwöhnisch. »Niemand weiß, welche Ziele Aranwir verfolgt. Dass Ihr Euch Gedanken über ihn macht zeigt schon Eure Bereitschaft, über ihn zu sprechen, ohne mich zu rügen.«
Er lachte leise. »Sie gehören ins Bett«, meinte er.
»Ich habe ein Recht auf eine Antwort!«, fuhr sie auf, mäßigte sich jedoch schnell. »Ihr seid mein Beschützer. Ich kann Euch befehlen, mir zu antworten.«
»Aber ob es etwas nützt, ist die andere Frage«, schmunzelte er. »Ich fürchte, mich interessieren die Befehle eines anderen nicht im geringsten.«
Die Wut kochte in ihr; mit zornfunkelnden Augen blitzte sie ihn an und wurde noch böser, als ihr Zorn an seiner Mauer aus unerschütterlicher Ruhe und Überlegenheit wirkungslos abprallte.
»Ich bleibe hier stehen, bis Ihr sprecht«, zischte sie. »Und dazu werde ich pausenlos auf Euch einreden.« Voll verzweifelter Wut musste sie den Kopf senken, als er die Augen direkt auf sie richtete.
»Kleiner Sturkopf«, sagte er leise. »Was nützt Ihnen die Wahrheit? Dies hier ist kein Spiel mehr, Gorwyna, sondern böse Wirklichkeit. Das finstere Zeitalter ist längst angebrochen, Prinzessin, schon vor dreitausend Jahren, als Aranwir alle Gesetze von Laïre brach. Seither kämpfen wir Zauberer um die Welt. Wir entwickeln Waffen, ergründen Geheimnisse und suchen nach Wegen, den Kampf möglichst unblutig zu beenden. Wenn es jetzt zu offenen Kampfhandlungen kommt, bin ich schuld, denn Oloïn setzt inzwischen alle Mittel ein, mich in seine Hand zu bekommen. Aber ich hatte keine andere Wahl, als so zu handeln, und ich verfolge einen bestimmten Plan. Ich muss mich allen seinen bösen Geschöpfen stellen und versuchen, sie umzudrehen. Ich sehe keine andere Möglichkeit mehr, einen Krieg, der unschuldige Opfer fordert, zu verhindern.«
Sie war blass geworden. »Oloïn ... aber ... dann habt Ihr ihn am Ende ... gesehen?«
Er nickte. »Ja, Libellchen. Er jagte mich quer durch Loïree. Nur deshalb kam ich nach Gorga: um mich endgültig seinen Versuchungen zu entziehen. Und heute muss ich alles daransetzen, Sie vor jeder Gefahr zu schützen, denn Sie sind Lerranees kostbarstes Kleinod. Ihre Gabe macht Sie genauso zu Oloïns Feind wie mich.«
Sie stieß einen leisen erschrockenen Laut aus und krallte ihre Finger in seinen Arm.
»Und dies ist die Wahrheit, Kind«, fuhr er fort. »Aber noch bin ich im Vorteil, denn die Bewohner von Phantomland wussten nicht, dass ich mit Ihnen bereits unterwegs bin. Ich werde Sie in Sicherheit nach Laïmor bringen und einige Zeit im Schloss bleiben, bis ich einen solchen Schutz um Sie gewoben habe, dass nicht einmal Feuer Ihnen etwas anhaben kann. Und Sie Ihrerseits können Ihre Gabe nutzen, um das Reich vor allem Bösen zu schützen, dessen Gedanken Sie nach der entsprechenden Ausbildung werden erfassen können. Loïree ist durch das Gebirge weitgehend sicher, und Gromgen Vogelsang, dessen Freunde die Vögel sind, bleibt dort. Lindala wird von Aranwir beschützt und Laïre ist ohnehin unangreifbar. Ich habe somit alle Mächte gleichmäßig auf unsere Länder verteilt. Und dann erst, Gorwyna, werden wir uns Gedanken über den zukünftigen Kampf machen. Wir werden nicht zum Schwert, sondern zur Magie greifen, doch das ist jetzt noch nicht wichtig.«
Er schwieg kurz und musterte sie; sie war verwirrt und entsetzt. Seine Stimme klang zum ersten Mal erzürnt, als er fragte: »Und sind Sie jetzt zufrieden? Haben Sie, was Sie wollten, war es das, woran Ihnen lag? Oder werden Sie endlich die Wünsche eines anderen zu respektieren lernen und es hinnehmen, dass man nicht alles sofort wissen muss? Sie hätten eines Tages schon meinen Plan und Ihre Aufgabe darin erfahren, zu einem richtig gewählten Zeitpunkt, wenn Sie bereit dafür gewesen wären und nicht diesem Entsetzen ausgesetzt, das ich Ihnen gerade bereitet habe!«
Sie wollte etwas sagen, aber er war jetzt in Fahrt geraten; so außer sich hatte sie ihn noch nie erlebt, und sie kam sich unendlich töricht vor. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und sie wünschte, sich könnte sich in einem Mauseloch verkriechen. Niedergeschmettert zog sie den Kopf ein.
»Manchmal benehmen Sie sich so närrisch wie ein kleines Kind!«, fuhr er fort. »Sie haben noch immer nicht begriffen, was ein Zauberer ist, oder wer ich bin. Sie wissen nicht, was Geduld ist, und dass Schweigen auch eine Antwort bedeutet! In all den Tagen, während wir zusammen sind, glauben Sie mich
Weitere Kostenlose Bücher