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Utopolis

Utopolis

Titel: Utopolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Illig
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»Wenn wir in dieser Zeit den Strahler nicht vernichtet haben, ist alles vorbei.«
    Er ordnete sofortige Räumung der Dreihundert-Kilometerzone um Utopolis an. Die stadtnahen Bezirke wurden angewiesen, unverzüglich in allen verfügbaren Fahrzeugen zu fliehen, ohne etwa zu versuchen, Genossenschaftsgut zu retten. Die schnellsten Flugschiffe sandte Joll nach den Jugendsiedlungen.
    Wir erfuhren auf diese Weise, daß die Strahlen noch nicht weit über den Stadtbereich hinausgedrungen waren. Genossen aus dem Gartengürtel berichteten, wie sie plötzlich von der Lust befallen wurden, nach Utopolis zu fahren, um sich mal einen vergnügten Tag zu machen und nur im letzten Augenblick und widerstrebend dem Befehle aus Futura nachgekommen waren. Manche hatten sich geweigert, die Wagen zu besteigen und waren in der Richtung nach dem Turm abgewandert. Sie waren verloren.
    Joll fragte bei den chemisch-physikalischen Versuchsabteilungen an, ob man bis zum nächsten Morgen Sprengbomben herstellen könne, die genügen würden, um U-Privat zu vernichten. Die Sprengwirkung müsse sich mehr in die Tiefe als in die Breite entwickeln, damit die Wohnburgen der Genossenschaft nicht gefährdet würden.
    Die Werkleiter antworteten, man habe sich zwar seit Jahrzehnten nicht mehr mit der Herstellung von chemischen Mordwaffen beschäftigt, würde aber die Aufgabe lösen können. Morgen früh seien hundert solcher Bomben bereit, mit denen man zehn Stadtteile in der Ausdehnung von U-Privat vom Erdboden rasieren könne.
    Ich sah bereits das schaurige Ende des verbrecherischen Abenteuers der Privaten.
    Aber Joll war anderer Meinung.
    »Es ist nur ein Versuch. Aber ich zweifle, daß er gelingen wird«, sagte er kurz.
    Nach einer Stunde meldete die Polizeimannschaft von Futura, daß alle Privaten befehlsgemäß interniert seien. Sie hätten fürchterlich gezetert und getobt und bereits eine Beschwerdeschrift an den Zentralrat von Utopolis gerichtet.
    Man übergab Joll das Schreiben. Er zerriß es und warf es in den Papierkorb.
    An den Handelsklub von Utopolis-Privat funkte er mit starker Energie das Ultimatum:
    Frist bis zum nächsten Morgen 6 Uhr. Wenn sich bis dahin nicht das Präsidium des Handelsklubs, als Haupt der Verschwörung, in Futura auf Gnade und Ungnade eingefunden habe und die Zerstörung des Strahlers, unter Beibringung seiner Konstruktionspläne und wichtigsten Teile, melden könne, werde erstens U-Privat um 8 Uhr dem Erdboden gleichgemacht; zweitens über sämtliche Privaten außerhalb von Utopolis, die sich im Gewahrsam der Arbeitergenossenschaft befanden, das Standrecht verhängt.
    Wir erwarteten darauf keine Antwort. Und doch kam sie.
    Der alte Morgon meldete sich selbst. Seine Stimme hatte einen weinerlichen Greisenklang.
    Das Präsidium des Handelsklubs, so versuchte er umständlich auseinanderzusetzen, sei auf das tiefste bestürzt. Soviel man wisse, sei Noris Leiter des Zentralrates und nicht »Herr Joll«. Man habe noch keine amtliche Mitteilung von der Verlegung der Regierung nach Futura erhalten. Man könne daher die schreckenerregende Nachricht nicht ernst nehmen und frage an, ob sich vielleicht einer der »Herren« im Nachrichtenbüro einen Scherz erlaubt habe. Wenn dies jedoch nicht der Fall sei, so müsse ein beklagenswertes Mißverständnis vorliegen. Ihm wäre nichts von einem Strahler bekannt, der auf die Bevölkerung von Utopolis einwirke. Bevor man so ungeheuerliche Anschuldigungen erhebe und Drohungen ausstoße, müsse man sich doch erst an Ort und Stelle über die Wahrheit von wilden Gerüchten unterrichten.
    Dann kam eine bigotte Floskel.
    Der Herrgott werde nicht zulassen, daß arme, unschuldige Menschen, die sich nach Kräften bemüht hätten, den neuen Machthabern gefällig zu sein, auf so grausame Art ums Leben kämen.
    Er berief sich auf seine Beliebtheit in Kreisen der Genossenschaft. Immer habe er wie ein Vater an seinen Arbeitern gehandelt und freue sich, daß ihre Bestrebungen schöne Früchte getrieben hätten. Um so mehr schmerze ihn diese Anschuldigung.
    Er lade »Herrn« Joll ein, nach Utopolis-Privat zu kommen und sich persönlich zu überzeugen, daß von Übergriffen der Kapitalklasse keine Rede sein könne. Er werde gern das Präsidium des Handelsklubs zusammenrufen und »Herrn« Joll in breiter Öffentlichkeit von der Gesetzestreue der Privatbevölkerung Zeugnis ablegen.
    Wenn man sich erst einmal am gemeinsamen Verhandlungstisch zusammengefunden habe, würden alle Schwierigkeiten bald aus der

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