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Utopolis

Utopolis

Titel: Utopolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Illig
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Sekunden aus und schwang mich auf die Terrasse. Gleich darauf knisterte die Luft wieder von der eingeschalteten Kraft.
    Die Gefangenen im Turm hatten kaum mit meiner Rückkehr gerechnet. Auch sie hatten bemerkt, daß die fremde Gewalt immer unerbittlicher ihre Geißel über der unglücklichen Stadt schwang. Vom Turm aus beo bachteten sie durch Ferngläser das ausgelassene Treiben auf den Dachpromenaden. Die Verbindungsstraßen, die von Utopolis nach U-Privat führten, wimmelten von Menschen. Die einfache, helle Sommerkleidung der Genossenschaft wurde immer mehr von schwarzer »Privatkleidung« verdrängt. Offensichtlich erhielten die Arbeiter in den Läden der Geldstadt bereitwillig, was sie nur forderten.
    Das Gejohle der Massen und der Lärm von Straßenmusikanten drang wie das Brausen von Faschingstrubel zu den Genossen im Turm empor.
    Als sie unser Flugzeug am Horizont bemerkten, gaben sie uns verloren. Sie erwarteten von Sekunde zu Sekunde, daß wir unseren Kurs aufgeben und bei den Vertollten landen würden.
    Um so größer war die Freude, Nachricht von Joll zu erhalten. Die Schriftstücke, die ich überbrachte, enthielten alle Befehle und Kundgebungen, die bis zu meiner Abreise erlassen worden waren. An den Rand des Ultimatums hatte Joll geschrieben:
    »Glaube nicht, daß die Sprengung gelingt. Muß aber alles versuchen. Stellt einen Mann an den Panzerschalter. Vielleicht wollen sich Flugzeuge von uns auf den Turm retten.«
    Während der Nacht ließen wir unsere Scheinwerfer über die Stadt hinspielen. Vor allem leuchteten wir Morgons Burg ab. Da begab sich etwas Sonderbares. Wir fanden sie nämlich nicht. Eine dünne, aber undurchdringliche Nebelwand verhüllte sie. Der Scheinwerferstrahl fiel wie in einen Milchsee. Als der Morgen kam, verzog sich der künstliche Dunstschleier. Über Morgons Haus hatte jemand einen riesigen Vogelkäfig gestülpt. Auf dem übermannsgroßen Bild, das uns der Fernprojektor gegen die weiße Wand warf, erkannten wir ein spitz zulaufendes Metallgerippe, das in weitem Umkreis um das Gebäude aufstrebte. Schutz gegen die Bomben, erklärten die Ingenieure. Sie wurden sich nicht einig, ob das Gebilde elektrisch geladen sei, um die Sprengmassen bereits vor dem Aufschlag zu entzünden. Dagegen sprach, daß ein solches Kraftfeld die Wirkung des Strahlers beeinträchtigen würde.
    Nach dieser Rüstung schwand die letzte, bescheide ne Hoffnung, daß die Weißen einen Parlamentär zu Joll schicken würden.
    Die Zeiger der Chronometer rückten auf Acht. Von Süden stürmten drei Geschwader zu je 20 Flugzeugen geradenwegs auf U-Privat los. Joll hatte die kleinste und schnellste Type gewählt. Man konnte hoffen, daß bei der reißenden Schnelligkeit des Anfluges die Führer den Strahlen nicht erliegen würden.
    Plötzlich blitzte es kurz vor der Stadt, eine Rauchfontäne schoß auf, gewaltige Steintrümmer flogen empor. Dumpfer Donner dröhnte heran. Eines der Flugzeuge hatte seine Bombe vorzeitig abgeworfen. Man begriff die Nervosität der Führer.
    Immerhin machte uns dieses nutzlose Feuerwerk Mut.
    Jetzt raste das Geschwader über den ersten Häuserblock. Jetzt – jetzt –! Wir warteten klopfenden Herzens.
    Da schwenkten die ersten Apparate zur Seite, begannen abzugleiten, die anderen folgten, beschrieben Kurven über der Stadt, verlangsamten den Flug, gaukelten wie Schmetterlinge in der Luft und ließen sich langsam auf Dächern und Straßen nieder.
    Nur einer schoß im Zickzackflug auf den Turm zu. Ich schaltete aus – und sofort wieder ein. Er war gerettet. Halb betäubt hing er in seiner Maschine. Wir hoben ihn heraus. Der war es, dessen Bombe vorzeitig gefallen war.
    Langsam erholte er sich. »Es ist unmöglich – unmöglich«, lallte er.
    Während wir uns um ihn bemühten, schreckte uns ein fürchterlicher Krach aus nächster Nähe empor. Wir stürzten an die Balustrade. Eine Wohnburg der Arbeiterstadt barst auseinander.
    Betonblöcke glühten wie Meteore in der Feuersäule und zermalmten im Niederstürzen Menschenmassen.
    Eines der Flugzeuge war beim Landungsmanöver abgestürzt, wobei seine Sprengladung explodiert war.
    Tirwa knirschte vor Wut. »Genossen müssen Ge nossen morden. Und der Götzentempel da drüben« – er deutete auf den Dom, dessen goldenes Kreuz hell in der Sonne funkelte – »darf uns verspotten.«
    Ich brach fast zusammen unter dem eisernen Griff Heins, der mich, weil er etwas zwischen den Händen brauchte, an beiden Schultern gepackt hatte und schüttelte,

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