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Utopolis

Utopolis

Titel: Utopolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Illig
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Welt geräumt sein.
    Vor allem aber warne er »Herrn« Joll vor übereilten Schritten, die später sein Gewissen vor Gott und den Menschen ungeheuerlich belasten würden.
    Er gestatte sich – meinte er zum Schluß – auf morgen vormittag 11 Uhr den Klub im Klubhaus zu versammeln und erwarte »Herrn« Joll als treuer Staatsbürger.
    Wenn »Herrn« Joll aber eine andere Zeit genehmer wäre, so solle er nur bestimmen. Man werde sich so weit wie möglich seinen Wünschen fügen. –
    »Nicht dumm«, lachte Joll. »Sie wollen mich in den Bereich ihrer segensreichen Maschine locken und mir wahrscheinlich eine Extraportion bourgeoiser Entar tung verabfolgen. Dann setzen wir einen kleinen Vertrag auf, denken diese Schlauköpfe, der uns alle früheren Rechte sichert und hauen Herrn Joll übers Ohr, daß es kracht.«
    Wir sandten noch ein Telegramm an den Handelsklub: Einwände Morgon nichtig. Ultimatum besteht.
    Joll hatte den Zentralrat von Futura einberufen lassen und begab sich zur Sitzung.
    Ich blieb im Nachrichtenraum und ließ mich mit der Jugendsiedlung verbinden. Eine helle Jungenstimme begrüßte mich. Ich bat um Jana.
    Die Stimme erstaunte sich. Jana müsse doch bei mir sein. Sie sei heute früh nach Utopolis gereist, um mit mir zusammenzutreffen.
    Ich erstarrte.
    »Wann fuhr Jana in Futura ab?«
    »Mit dem 10 Uhr-Wagen.«
    Mir fiel das Mikrophon aus der Hand.
    Kurz vor elf hatte ich den elektrischen Mantel um den Turm gelegt.
    Kurz vor elf mußten alle Magnetbahnwagen aus ih rer Bahn geschleudert werden, weil die Stromverbindung zerstört worden war. So dachte ich und das Herz stand mir still.
    Mit versagender Kraft fragte ich bei der technischen Leitung der der Magnetbahn an, ob meine Vermutung richtig sei.
    Man lachte mir entgegen. Die technischen Einrichtungen in Utopia scheiterten nicht an einer Zufälligkeit, die immerhin im Bereich des Möglichen läge. Bei Unterbrechung des Stromes bremsten die Wagen automatisch, setzten sich auf die Schiene und verklammerten sich dort, so daß sie nicht einmal stürzen könnten, wenn die Antriebskraft der Kreisel nachließe.
    »Und wie gelangten die Fahrgäste zur Erde, wenn der Wagen auf hundertmeterhoher Brücke stehen bleibt?«
    Der Fall hätte sich noch nicht ereignet, da die Betriebsstörungen stets nach wenig Minuten behoben worden wären. Immerhin führe jeder Waggon eine Strickleiter bei sich, so lang, als der höchste Abstand des Schienenweges von der Erde betrage.
    Hundert Meter an einer wehenden Strickleiter herabklettern ein wahnsinniger Gedanke.
    Da man die Unterbrechung natürlich sofort bemerkt hatte, konnte man mir ganz genau angeben, wo der Waggon halten mußte.
    Der Ingenieur rechnete. »Der Wagen steht 52 Kilo meter vor Utopolis-Turm. – Die Strecke führt dort durch Ausläufer des Berggebietes. Kilometer 52 liegt etwa zwanzig Meter über der Erde. – Wir hatten schon Flugzeuge ausgeschickt, um unsere Passagiere zu bergen«, plauderte er harmlos weiter, »wenn nicht Joll verbotenhätte, in der Richtung Utopolis starten zu lassen.«
    Ich merkte ihm an, daß er von mir noch gern einige Neuigkeiten erfahren hätte, aber ihr könnt euch den ken, daß mir nicht nach Unterhaltung zu Mute war.
    Kilometer 52 lag in der Randzone des Strahlungsbereiches. Da die Passagiere, unter ihnen Jana, der Bahnleitung noch nicht ihre Rückkehr mitgeteilt hatten, stand alles dafür, daß sie vom Strudel des Verderbens angezogen worden waren. So aussichtslos das Unternehmen schien: ich mußte Jana suchen. Ich mußte die tausend Wohnburgen und die Stadt der Privaten bis in jeden Winkel durchstöbern. Jana durfte nicht die Beute geiler, entarteter Tiermenschen werden, deren Krank heit es war, alles Reine und Edel-geformte zu besudeln. Ich sah Jana, selbst von dieser fürchterlichen Krankheit besessen, sich preisgeben. Die Kleiderfetzen hingen ihr vom Leibe. Sie schwenkte eine Schnapsflasche wie ein Siegeszeichen über der geifernden, lüsternen Meute ihrer Anbeter. Sie warf sich diesen betrunkenen, taumelnden Männern, die sie mit unflätigen Redensarten aufpeitschten, zügellos in die Arme …
    Ich kam halb von Sinnen bei diesen fieberischen Phantasien. Alles war mir gleich. Was ging mich Utopien an, was die Kämpfe zwischen Kapitalisten und Arbeitern? Mochten sie sehen, wie sie miteinander fertig wurden. Das war nicht meine Sache. – Aber Jana mußte ich retten. Sie war das einzige Ziel, das es für mich zu erreichen gab. Für sie wollte ich mein Leben einsetzen. Für sie

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