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Utopolis

Utopolis

Titel: Utopolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Illig
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wäre ich bereit gewesen, die ganze ungeheure Stadt in Flammen aufgehen zu lassen.
    Der innere, rasende Schmerz machte mich fast blind. Ich tastete mich über Stufen und Gänge bis zum Arbeitszimmer Jolls. Zwei Genossen von der Polizei standen davor Wache. Sie durften niemanden unangemeldet einlassen. Aber sie kannten mich und wußten, daß ich eine Vertrauensperson war.
    Joll saß über Plänen. Er überhörte meinen Eintritt.
    Ich vermochte mich nicht mehr zu beherrschen.
    Rasch trat ich auf ihn zu und faßte ihn am Rock. Er bückte überrascht, aber nicht erschreckt auf.
    »Ich muß sofort nach Utopolis«, keuchte ich.
    »Ja«, sagte Joll einfach und wollte sich wieder über seine Papiere beugen.
    Ich ließ nicht locker. »Jana ist in Utopolis, sie ist ein Opfer des Wahnsinns, wenn ich sie nicht sofort befreie. Ich muß sie suchen. Gib Befehl, daß mir eine Maschi ne startbereit gemacht wird. Ich muß Jana suchen. Jana – Jana – hörst du?«
    Ich schüttelte Joll. Er schob mich weg. Stand groß und breit vor mir. Eiskalt ruhten seine Augen auf mir. Seine Stimme klang unerbittlich hart:
    »Nein! Du wirst Jana nicht suchen. In diesem Au genblick gibt es keine persönlichen Schicksale.
    Dein Flugzeug steht bereit. Du überbringst diese Dokumente Tirwa. Dann versuchst du mit allen Mitteln in das Haus von Morgon einzudringen. Dort befindet sich der Strahler. Daran zweifle ich keinen Augen blick. Du wirst ihn zerstören.
    Wenn es dir nicht gelingt und wir uns nicht wiedersehen sollten, so empfange durch mich den Dank der kämpfenden Genossen.«
    Er streckte mir die Hand hin.
    Ich schlug ein.
    Während er gesprochen hatte, zerbrach in mir der private Mensch. Der Herzschlag von Millionen Brüdern und Schwestern ging durch mich. Ich war ein Kämpfer unter Millionen Kämpfern. Persönliches Leid hatte kein Anrecht mehr an mich. Ich wußte, daß Jana an meiner Stelle ohne zu schwanken ihre Liebe geopfert hätte. Vielleicht wäre sie von stiller, heimlicher Sehnsucht langsam aufgezehrt worden – dem innersten Gefühl kann niemand gebieten – aber ihre ganze Bewußtseinskraft hätte bis zum letzten Atemzug der Gemeinschaft gedient.
    »Wir sind Pioniere einer neuen Zeit«, sagte Joll, als habe er meine Gedanken erraten. »Wir glaubten schon ein Anrecht auf Glück und Freude zu haben. Wir waren zu voreilig mit unseren Wünschen. Wir hatten uns die Etappe schon zu gemütlich eingerichtet.« –
    Mir schoß eine Idee auf: »Gib mir Hein mit, Joll. Er ist bärenstark. Kann mir von Nutzen sein, wenn ich zum Einbrecher werde. – Denn anders wird mich das Haus Morgon wohl nicht empfangen wollen.«
    Joll bedachte sich: »Glaubst du, für ihn bürgen zu können?« fragte er.
    »Gewiß«, antwortete ich mit voller Überzeugung.
    Joll unterfertigte einen Ausweis für Hein, und ich ging.
    Hein war begeistert. Er trennte sich verhältnismäßig leicht von seiner schönen Freundin. »Wir werden das Ding schon drehen«, rief er übermütig und krempelte die Hemdärmel auf.
    Wir begaben uns zum Startplatz. Joll hatte uns eine der kleinen pfeilschnellen Maschinen zugeteilt.
    Futura verschwand hinter uns wie eine leuchtende Vision.
     
23
     
    Wir flogen entlang der Magnetbahn. Ich erwartete gespannt den Augenblick, da wir über die Gebirgsscheide wechseln würden. Schon senkten wir uns, da erblickte ich im Fernglas den ruhenden Waggon. Wir landeten neben ihm. Ich kletterte hinauf. Auf einem Sessel lag ein Zettel: »Brachen 12,30 zu Fuß nach Utopolis auf. Hoffen, Fahrzeug zu finden.« Darunter einige Unterschriften gekritzelt, wie eilig und in unbequemer Lage geschrieben. Der eine Schriftzug konnte wohl Jana heißen. Mir fiel ein, daß ich nie einen Brief von ihr erhalten hatte. Man schrieb wenig Briefe in Utopien. Ich steckte den Zettel zu mir. Der Aufenthalt hatte uns vier Minuten gekostet.
    Dann schossen wir auf Utopolis los. Wie ein ungeheurer glühender Fels ragte vor uns der Turm im Schein der Abendsonne.
    Ich hielt wieder das Steuer. Die Strahlung war inzwischen verstärkt worden. Mattigkeit befiel mich, Gleichgültigkeit. Doch registrierte ich diese Empfindungen fast wissenschaftlich und blieb Herr meines Willens.
    Hein schlug vor, man solle doch lieber erst mal in der Stadt landen. Er wolle sich den »Jahrmarkt« mal ansehen. Ich hörte weder auf ihn, noch auf Bob, der hinter mir fröhlich zu singen begann.
    Ich umkreiste den Turm und schoß die vereinbarte Signalrakete. Man gab das Gegenzeichen. Ich zählte noch fünfzehn

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