Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Utopolis

Utopolis

Titel: Utopolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Illig
Vom Netzwerk:
hast’s getroffen, mein Junge. (Weinerlich:) Ein Wahnsinniger darf die Kultur dieses blühenden Landes zerstören. O mein Gott, kannst du das mit ansehen? Kannst du nicht dieser verblendeten Seele die Augen öffnen? …«
    Dieser Ausbruch erschütterte mich, obwohl ich den Gedanken, Joll sollte dieses furchtbare Unglück beschworen haben, nicht aufkommen ließ.
    Da zupfte mich Hein, der seinen Kopf nicht in den Lichtbereich gewagt hatte, zog mich ein wenig herab und flüsterte mir zu:
    »Ich gehe in die Stadt zurück. Das hat keinen Sinn hier …« Bevor ich ihn halten konnte, war er lautlos um die Ecke verschwunden.
    Ich ließ ihn laufen, um noch mehr von der Unterredung aufzufangen.
    Der junge Morgon zündete eine Zigarette an. In diesem Augenblick verschwanden beide Gestalten, wie in Luft aufgelöst. Die Sessel standen leer … Aber schon saßen sie wieder in ihrer früheren Haltung und setzten das Gespräch fort.
    Grauen schlug mir ins Genick. Meinen Lebtag hatte ich nicht an Gespenster geglaubt. Dieses Verschwinden und Wiederdasein von zwei Menschen, die leibhaft vor mir saßen und sich unterhielten, das grenzte doch an Übersinnliches. In der Erregung scharrte ich mit den Füßen auf dem Kies. Die beiden Männer hatten es nicht gehört.
    In der größten Klemme entwickelt man manchmal mehr Gescheitheit, als man sich normalerweise zutraut. Plötzlich hatte ich’s heraus: Die beiden Leute waren Lichtplastiken und redeten aus Lautsprechern, die in die Sessel eingebaut waren. Die Szene war für mich gestellt. Nur ein Kontaktfehler, der auf weniger als eine Sekunde die Vorstellung unterbrach, hatte mir die großartige Täuschung offenbart.
    Zugleich wurde mir klar, daß mein Begleiter nicht Hein gewesen war, obwohl er dessen Kleider getragen hatte. Dieser Mensch war schmächtiger und seine Ausdrucksweise nicht die meines schiffbrüchigen Kameraden gewesen.
    Man kannte mich also und meine Absichten.
    Die Scheingestalten sprachen im alten Sinn weiter und spannen ihren Verdacht gegen Joll fort. Niemand hatte den Kontaktfehler bemerkt. Ich konnte mich da her ohne Gefahr fortschleichen. Denn das ganze Manöver erfüllte ja nur dann seinen Zweck, wenn ich diese Neuigkeiten im Turm und außerhalb von Utopolis verbreiten würde, um Mißtrauen gegen Joll zu säen und den Verdacht von den Privaten abzulenken.
    Ich betrachtete mir jetzt das Haus in aller Ruhe, wenngleich vorsichtig. Der Mond erschien gerade über dem Horizont und beleuchtete fahl die metallenen Terrassen und das Schutzgestänge.
    Ich überzeugte mich, daß man von außen ohne Anwendung offener Gewalt niemals in diese Stahlburg eindringen könnte.
    Im ersten Morgengrauen schlich ich mich nach dem Turm und wurde auf mein Zeichen eingelassen.

 
26
     
    Wir berieten, ohne zu wesentlichen Entschlüssen zu kommen. Was konnten wir auch tun? Wir waren Gefangene im Turm. Am drückendsten empfanden wir, ohne Nachrichten von Joll zu sein. Daß er sich bei dem ersten, mißglückten Angriff nicht beruhigen würde, war gewiß.
    Es fiel mir also wiederum zu, die Bannmeile zu durchbrechen und nach Futura zu fliegen, bevor ich mich aufs neue an die Burg von Morgon heranpirschen würde. Ich gestand, zu dieser Unternehmung kein Vertrauen mehr zu haben. Man unterhielt offenbar einen besonderen Überwachungsdienst für mich, der tadellos funktionierte. Zweimal hatte man mich aus den Klauen gelassen, das dritte Mal würde man zupacken, da blieb nichts zu hoffen.
    Während der Beratung war ich am Tisch eingeschlafen. Man hatte mich ins Bett gebracht. Tirwa rüttelte mich wach. »Längst Mittag vorbei! – Auf! Los! Munter, mein Junge! Heute nacht mußt du wieder im Turm einflattern!«
    Ich aß gierig, was man mir auftrug. Bob hatte die Maschine bereits im Gang. Fürs erste übernahm ich wieder das Steuer, und wir surrten los.
    Kaum waren wir über der Stadt, als Bob auf Landung drang. Ich versuchte, ihm gut zuzureden, und hoffte, ihn hinzuhalten, bis wir die gefährliche Zone hinter uns hätten. Aber schon riß er mir das Steuer aus den Händen. Wir rangen. Der Apparat kippte und schoß in die Tiefe. Bob, kräftiger als ich, schleuderte mich hinter sich, fing die Maschine im letzten Augenblick und setzte glatt und schön auf einer Dachstraße auf Menschen kamen schreiend und fuchtelnd auf uns zugerannt. Die Wut verdoppelte meine Kräfte. Ich hob Bob am Kragen aus, schob ihn über den Rand und ließ ihn in die zappelnden Arme gleiten. Man empfing ihn mit großem Hallo und reichte

Weitere Kostenlose Bücher