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V wie Viktor

V wie Viktor

Titel: V wie Viktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Schwarz
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leicht an meinem Ärmel, legte mir dann die Hand auf den Mund, damit ich schwieg. Zwei Hände schob sich durch das Gebüsch und teilten es. Mein Puls überschlug sich fast. Lin krallte ihre Fingernägel in meinem Arm. Den Händen folgte ein blonder Lockenkopf. Lin stieß einen Triumphschrei aus und sprang Andrew um den Hals! Er zwinkerte mich über ihre Schulter hinweg an und trat dann einen Schritt zur Seite.
    »Anna!«
    Er flog fast über die beiden hinweg, riss mich vom Boden hoch und umschlang mich so fest, dass ich keine Luft bekam. Bedeckte mein Gesicht über und über mit Küssen. Ließ mich wieder los, hielt mich auf Armesbreite von sich.
    »Bist du verletzt? Geht es dir gut?«
    Ich konnte nicht sprechen, nur den Kopf schütteln, dann nicken. Und lag schon wieder in seinen Armen. Tränen der Erleichterung liefen mir über die Wangen. Jetzt war alles wieder gut.
    Was für ein Trugschluss!

10.
    »Wir müssen hier weg. So schnell wie möglich.«
    Andrew nickte, nahm Lin an der Hand und ging voraus, Viktor und ich folgten den beiden. Da ich so gut wie nichts sehen konnte, stolperte ich prompt über eine Wurzel und wäre fast gestürzt. Er fing mich auf, zog mich an sich, legte mir den Arm um die Taille.
    »Bleib ganz dicht bei mir, unsere Augen sehen auch im Dunkeln gut.«
    Nach einer Weile wurden die Bäume etwas lichter, der Mond hatte endlich eine Chance durchzudringen und machte das Laufen einfacher. Dennoch bekam ich nicht mit, dass Andrew vor mir stehen blieb und prallte ungebremst gegen ihn.
    »Was …?«
    Mein Herz setzte fast aus, als ich sah, was ihn gestoppt hatte. Direkt vor uns auf einer Lichtung stand Pierre mit zwei weiteren Männer. Viktor schob mich sofort hinter sich, genau wie Andrew Lin. Geschockt starrte ich an ihm vorbei, wollte es einfach nicht glauben. Pierre lehnte lässig an einem Baum, die Hände in den Hosentaschen, als würde er auf ein Treffen mit Freunden warten. Die beiden anderen — auch Vampire? — hatten sich breitbeinig rechts und links von ihm postiert.
    »Was für eine Überraschung. Aber ich hätte es wissen müssen, dass ihr beide hier auftaucht.«
    Die schmeichelnde Stimme klang vollkommen locker, unangestrengt.
    »Leg dich nicht mir an«, knurrte Viktor in einem Tonfall, den ich noch nie bei ihm gehört hatte, »ich reiß dich in Stücke.«
    »Na na na … Viktor, mein Freund, wer wird denn so unhöflich sein?«
    Ich war fassungslos über seine maßlose Arroganz und gleichzeitig auf eine unerklärliche Weise fasziniert. Viktor vibrierte vor Zorn.
    »Ich bin alles andere als dein Freund.«
    Er spuckte es fast aus. Pierre stieß sich vom Baum ab und trat einen Schritt nach vorne, seine Augen begannen rot zu glühen. Viktor schob mich zu Andrew hinüber, sagte, ohne Pierre aus den Augen zu lassen: »Pass auf sie auf, ich mach das.«
    Im nächsten Moment erstrahlten seine Augen wie blaue Spots in der Dunkelheit. Langsam gingen die beiden aufeinander zu, den Blick fest in dem des anderen verankert, belauerten sich, warteten auf die nächste Bewegung. Die folgenden Minuten waren so unwirklich, dass ich sie erst hinterher begriff. Als hätte man an einer DVD den schnellen Vorlauf gedrückt, schossen die beiden in einer unglaublichen Geschwindigkeit aufeinander zu. Ich schrie entsetzt auf, krallte mich in Andrews Arm, der mich unerbittlich hinter sich festhielt. Danach konnte ich nichts Klares mehr erkennen. Nur noch ein fauchendes, brüllendes Knäuel, das sich wie ein Kreisel um sich selbst drehte, sich überschlug. Und die beiden neongrellen Augenpaare, die immer wieder wie die Leuchtfinger eines Scheinwerfers Teile des Waldes erfassten. Es war mehr als beängstigend. Andrew war in voller Alarmbereitschaft, jeder Muskel angespannt, wie eine Raubkatze vor dem Sprung. Doch es war unnötig, denn genauso schnell, wie es begonnen hatte, war es vorbei.
    Viktor stand schwer atmend alleine mitten auf der Lichtung und Pierre war weg. Einfach verschwunden. Die Männer auf der anderen Seite bleiben noch ein Sekunde stehen und dann lösten auch sie sich auf. Also doch Vampire! Ich wollte mich aus Andrews Griff befreien, aber er hielt mich fest.
    »Warte noch.«
    Viktor drehte sich langsam zu uns um. Die langen Reißzähne und die blutigen Striemen, die sich quer über sein Gesicht zogen, gaben ihm etwas Furchteinflößendes. Am erschreckendsten für mich war sein Blick, die grenzenlose Wildheit in den schmerzhaft blauen Augen. Er sah uns an, aber ohne ein sichtbares Erkennen. Ich hielt

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