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V wie Viktor

V wie Viktor

Titel: V wie Viktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Schwarz
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Beine zu zerren und ich traute kaum meinen Augen, als es sich tatsächlich etwas lockerte. Auch die anderen begannen zu knirschen und zu ächzen. Lin stoppte kurz, um zu verschnaufen, musterte die ganze Sache mit zusammengekniffenen Augen.
    »Ok, wir versuchen es anders. Ich drücke, du ziehst.«
    Sie legte sich unter die Bank, stemmte ihre Knie dagegen und bedeutet mir, von oben zu ziehen. Sie entwickelte Kräfte, die ich niemals zugetraut hätte und mit einem lauten Schrei stemmte sie die Bank aus ihrer Verankerung. Im letzten Moment sprang ich ein Stück zu Seite, um das schwere Teil nicht abzubekommen, und starrte es fassungslos an. Sie richtet sich schwer atmend wieder auf, betrachtet ihr Werk und ein zufriedenes Grinsen erschien auf ihrem Gesicht.
    In aller Ruhe schlenderte sie zu unserer Kiste, holte Wasser und 2 Sandwiches heraus, warf mir eines davon zu. Das andere schälte sie aus der Verpackung und biss hinein.
    »Ich muss nachdenken«, sagte sie mit vollem Mund, »das kann ich nicht, wenn ich Hunger habe.«
    Wenn ich jemals jemanden unterschätzt hatte, dann ganz sicher Lin. Sie war unglaublich. Nachdem wir aufgegessen und das Wasser geleert hatten, schleppten wir die Bank zum Fenster. Selbst wenn man darauf stand, waren es noch mehr als zwei Meter bis zum unteren Rand. Aber sie hatte schon wieder diesen Gesichtsausdruck wie zuvor.
    »Ok. Du stellst dich auf die Bank und ich klettere auf deine Schultern.«
    Sie fügte fast entschuldigend hinzu: »Ich bin eben leichter als du …«
    Ich musste lachen. Das löste meine Blockade endlich und ich konnte wieder klar denken.
    »Na dann los!«
    Ich stieg auf die Sitzfläche, stützte mich so gut es ging an der Wand ab und machte für Lin die Räuberleiter. Gelenkig wie eine Katze war sie in Sekundenschnelle auf meinen Schultern.
    »Und? Kommst du dran?«
    »Warte … gleich …«
    Es klapperte, knirschte. Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt und immer wieder ging mein Blick zur Tür.
    »Verdammt!!!«
    Sie heulte enttäuscht auf, ließ sich wieder an mir heruntergleiten.
    »Abgeschlossen! Wir brauchen etwas, mit dem wir es einschlagen können.«
    Die Flaschen waren aus Plastik, zu weich und in der Kiste war sonst nichts Verwertbares.
    »Die Kiste!«
    Wir sahen uns an und dachten das Gleiche. In Nullkommanichts hatten wir den Deckel abgetreten und in zwei Teile zerlegt. Also nochmal von vorn. Auf die Bank, an die Wand gelehnt, Lin auf meine Schultern. Ich reichte ihr den halbierten Deckel nach oben.
    »Halt mich bloß gut fest, ich muss Schwung holen.«
    Ich griff nach oben, fasste sie so fest es ging um die Hüfte.
    »Jetzt.«
    Sie holte aus — wir wackelten beide beängstigend — ein lautes Klirren — Glassplitter regneten auf mich herunter.
    »Scheiße!!! Anna? Alles ok?«
    »Ja, nichts passiert. Mach weiter.«
    Sie bearbeitet den Rahmen so lange mit dem Holz, bis sie alle Scherben entfernt hatte. Dann ließ sie den Deckel fallen und streckte sich nach oben, zog sich hoch. Ich griff unter ihren Fuß, drückte kräftig dagegen. Als ich den Kopf hob, sah ich Lins Oberkörper durch das Fenster verschwinden. Sie hielt sich in dieser Position und drehte sich zu mir um.
    »Ich mach dir die Tür auf. Ok? Ich schaff es nicht, dich hier hochzuziehen. Aber keine Angst. Ich bin gleich da.«
    Und damit verschwand auch der Rest von ihr. Es folgte ein dumpfer Aufschlag und unterdrücktes Fluchen.
    »Lin?«
    »Alles ok. Das war ganz schön hoch. Komm zur Tür.«
    Mein Herz schlug bis zum Hals. Das war zu schön, um wahr zu sein. Natürlich war ich schneller als sie auf der anderen Seite, wartete schon ungeduldig, als ich endlich Geräusche hörte. Sie rumorte draußen herum, dann Stille. Das war nicht gut.
    »Anna. Wir haben ein Problem. Hier hängt ein Riesen-Vorhängeschloss dran. Das krieg ich nicht auf.«
    Mir schossen vor Enttäuschung Tränen in die Augen.Und nun? Wir schwiegen beide minutenlang. Ich hatte schwer damit zu tun, meine beginnende Panik niederzukämpfen.
    »Ok. Bleib ganz ruhig! Ich lass mir was einfallen, ich verspreche es! Aber dafür muss ich mich hier mal umsehen …«
    Oh Gott! Lass mich nicht allein!
    Tief durchatmen!
    »In Ordnung. Ich lauf schon nicht weg.«
    Sie lachte überrascht auf.
    »Schön, dass du noch ein bisschen Humor behalten hast. Bis gleich.«
    Ich setzte mich, mit dem Rücken an die Tür gelehnt, auf den Boden und blinzelte gegen das grelle Sonnenlicht. Sie schien mir durch das zerstörte Fenster ungehindert ins Gesicht. Die

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