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v204640

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Titel: v204640 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Calaverno
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Du wirst überrascht sein, was unsere biedere Gegend alles zu bieten hat. Die verrücktesten Blüten gedeihen im Verborgenen. Hast du eine Maske? Am besten eine venezianische?«
    Hatte ich leider nicht. Auf dem Dachboden lagen zwar noch ein paar Faschingsmasken, aber die waren wohl eher nicht das, was Markus vorschwebte.
    »Dann kümmere ich mich darum. Zieh etwas Elegantes an, ein Kleines Schwarzes oder so etwas. Es ist eine ziemlich feine Gesellschaft. Nun, jedenfalls, was das Outfit anbelangt …«

Kapitel 11:
Karibischer Karneval
    Diese Worte im Ohr, stand ich Freitagnachmittag verzweifelt vor meinem Kleiderschrank. Mein schwarzes Strickkleid aus Wolle war zu warm. Das T-Shirt-Kleid saß zwar gut und hatte einen aufregenden Ausschnitt, kam mir aber billig vor. Zum Samtrock fehlte mir ein passendes Oberteil und das dunkelrote, knöchellange Tally-Weill- Kleid saß so hauteng, dass Rüdiger es »die Wurstpelle« getauft hatte. So angetan ich von meinem Bild im Kabinenspiegel gewesen war, so feige hatte ich bisher alle möglichen Entschuldigungen gefunden, es nicht anzuziehen. Als mein Blick zum dritten Mal daran hängen blieb, riss ich es kurz entschlossen vom Bügel. Eine Eigenschaft der Wurstpelle war, dass jeder Hauch von Unterwäsche sich erbarmungslos abzeichnete. Ein BH erübrigte sich, da der elastische Stoff so geschickt geschnitten war, dass er sogar meine üppigen Brüste gut genug stützte. Sie quollen oben aus dem Ausschnitt heraus. Bis auf ein schmales Goldband, das sich um meinen Nacken schlang, hielt dieses Kleid allein durch die Kraft seines elastischen Materials. Da der Gehschlitz vorne bis über die Knie reichte, musste ich riskieren, dass sich das Silikonband der halterlosen Strümpfe abzeichnete. Aber ich war nicht bereit, mich in eine Strumpfhose zu zwängen. Italienische Lackpumps, oberarmlange, schwarze Satinhandschuhe und der Spitzenschal meiner Urgroßmutter, der mir in letzter Minute noch einfiel, komplettierten meine Erscheinung. Gespannt beobachtete ich Markus’ Reaktion, seinen Blick, der an mir herabwanderte. Anerkennend schnalzte er mit der Zunge, leckte sich über die Unterlippe und räusperte sich.
    »Wow. Sei bloß vorsichtig heute Abend. Mit dem Outfit wirst du die anwesenden Damen nicht gerade entzücken.«
    Ich schloss die Haustür ab, stopfte den Schlüssel in mein Handtäschchen und stakste die Eingangsstufen hinunter.
    »Ganget Se heut’obed us?«
    Um ein Haar hätte ich eine Stufe verfehlt und mein sorgfältig komponiertes Outfit hautnah dem Vorgarten vorgeführt. Die unermüdliche Frau Stegmaier spähte mit inquisitorischer Schärfe durch die dichte Forsythien-Hecke, die wir aus gutem Grund zwischen unsere Grundstücke gesetzt hatten. Ihren neugierigen Eichhörnchenaugen entging kein noch so winziges Detail meiner Aufmachung. Sie huschten zwischen Markus und mir hin und her.
    »Ja, unser Bekannter hat sich netterweise bereit erklärt, mich auf eine Vernissage zu begleiten. Mein Mann ist ja nicht da«, erklärte ich.
    Frau Stegmaier neigte die Dauerwellen und wechselte die erbsengrüne Plastikgießkanne in die andere Hand. Sie hatte schon länger auf der Lauer gelegen: breite dunkle Streifen auf dem gefegten Asphalt vor ihrer mit Gipsgänsen dekorierten Blumenschale zeugten von gärtnerischer Sorgfalt.
    »Ha jo, warum solltet die Fraue immer daheim hocke. En schöne Obed allerseits.«
    Eine solch ketzerisch-feministische Einstellung hätte ich der Guten gar nicht zugetraut. Ich wünschte ihr ebenfalls einen schönen Abend, bemüht, jede Spur von Ironie zu vermeiden. Markus hielt mir, ganz Kavalier, die Beifahrertür auf. Mein langes Kleid raffend, ließ ich mich möglichst anmutig auf den Autositz sinken und rettete gerade noch ein Stück Saum, ehe Markus die Tür zuschlug. Als wir losfuhren, winkte meine Nachbarin mir doch tatsächlich nach. Etwas gerührt schob ich Frau Stegmaier samt ihrer unerwarteten Toleranz in den Hintergrund und nahm Markus genauer unter die Lupe. Konzentriert blinzelte er gegen die tief stehende Sonne. Er trug ein weißes Seidenhemd, dessen weit geschnittene Ärmel in schmalen Bündchen endeten. Über der Brust war es locker mit einer schwarzen Kordel verschnürt. Der lässige Spalt ließ einen breiten Streifen Haut bis fast zum Nabel sehen. Er trug geradezu unanständig eng sitzende, schwarze Lederhosen, Sie schmiegten sich um seine festen Hinterbacken und überließen auch vorne so gut wie nichts der Fantasie des Betrachters. Unwillkürlich

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