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v204640

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Titel: v204640 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Calaverno
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Harlekin-Maske verborgen.
    »Wie ich sehe, sind Sie neu. Nun, Sie sind wohl nicht auf die Auktionen angewiesen. Wissen Sie, früher war ich immer mit meinem Erwin hier. Als er dann starb, habe ich mich das erste Jahr nicht alleine hierher getraut. Aber dann habe ich es nicht mehr ausgehalten. Ich freue mich schon seit Wochen auf diese Auktion. Die Kerle sind ihr Geld mehr als wert. Das letzte Mal hatte ich einen Araber, der war der Wahnsinn.«
    Wir wechselten einen Blick und Markus blinzelte mir zu.
    »Was meinst du, Amanda, sollten wir uns nach einem Hausmädchen umsehen?«, fragte er mich verschwörerisch.
    Die Witwe zog mich näher zu sich heran. Ich roch ihr starkes Parfüm.
    »Einen Rat, meine Liebe, lassen sie ihm sein Hausmädchen. Bestehen Sie aber auch auf Ihr Vergnügen – einen Kutscher oder so was. Ich habe mir sagen lassen, die Auswahl sei heute superb. Gönnen Sie sich was Besonderes. Ihr Mann ist ja nicht schlecht gebaut, aber diese Schwarzen …« Sie zwinkerte mir fröhlich und unbefangen zu. »Günstig ist der Spaß natürlich nicht. Aber denken Sie doch, was Sie damit Gutes tun: Mit Ihrem kleinen Obolus kann er sich bei sich daheim eine anständige Existenz aufbauen. Erwin meinte immer, man müsste es eigentlich absetzen dürfen – als private Entwicklungshilfe sozusagen. Und das Risiko ist minimal. Sie sind besser durchgecheckt als die meisten hier. Schließlich müssen sie ein Vierteljahr in Quarantäne.«
    Das wurde ja immer verrückter. Offenbar gab die Mehrzahl der Anwesenden also Unsummen für einen exotischen Sexualpartner aus. Ich bohrte nach. Meine Neugier war geweckt.
    »Und wie findet man diese so genannten Sklaven? Wo leben sie denn während ihrer ›Quarantäne‹? Gibt das nicht Probleme mit den Behörden?«
    »Ehrlich gesagt, weiß ich das auch nicht so genau. Aber sie finden immer die Richtigen.« Sie wich meinem Blick aus und spielte mit einem Amethystring. »Ich glaube, sie führen Buch über unsere persönlichen Vorlieben. Wenn ich meinen Sklaven ersteigert habe, weiß er jedenfalls immer genau Bescheid, was ich mag und was nicht. Ich habe läuten hören, sie werden in der Quarantänezeit speziell darauf trainiert. Inzwischen könnte ich in dem Augenblick, in dem der Sklave das Podest besteigt, sagen, für wen er gedacht ist. Ein paar flexible ›Joker‹ sind natürlich immer dabei. Aber Sie werden es ja selbst sehen.«
    Ich konnte kaum glauben, in was ich da hineingeraten war. Ich betrachtete die Anwesenden mit anderen Augen. Kannte ich wohl jemanden von ihnen? Hier war offensichtlich viel Geld im Umlauf. Es steckte schon eine perverse Logik dahinter, Sexspiele auf diese Weise mit Machtspielen zu kombinieren. Die perfekte Kulisse und der Rückhalt einer Gruppe Gleichgesinnter bestärkte den Einzelnen, der alleine diese Grenze wohl nicht überschreiten würde. Gleichzeitig vermittelte diese Show eine künstliche Szenerie von erschreckender Wirklichkeit. Würden diese Menschen auch so freudig erregt reagieren, wann das Ganze echt wäre? Und was war mit den Sklaven? Ob und wie sie wohl von diesem Geschäft profitierten?
    In meine Überlegungen dröhnte ein Tempelgong und allerorten machte sich eine mühsam unterdrückte Erregung breit. Teller wurden abgestellt, Gläser rasch ausgetrunken. Die ersten Grüppchen strebten zielsicher durch eine versteckte Tapetentür ins Freie. Auch die Witwe erhob sich, schüttelte ihre weiten Röcke zurecht und griff mit zittriger Hand nach einem Pompadour. Markus bot jeder von uns einen Arm. Flankiert von einer schwarzen Witwe und einem Mae-West-Verschnitt spazierte er dem Strom nach. Der Grad der Erregung nahm zu. Bei einigen Männern war er am Ausmaß ihrer Schwellung in der Hose direkt ablesbar. Bei den Frauen äußerte er sich in einer Unzahl flattriger, überflüssiger Bewegungen.
    Es war eine herrlich warme Sommernacht. Draußen duftete es nach satter Blütenpracht und Seeluft. Unser Weg führte uns über einen Schotterpfad durch einen großen Garten. In regelmäßigen Abständen brannten Fackeln am Wegesrand und verliehen dem Menschenstrom die Atmosphäre einer Prozession. In einiger Entfernung sah ich zwischen den Büschen das Wasser des Bodensees aufblitzen. Wir gingen aufs Wasser zu und ich überlegte schon, ob die Auktion etwa am Strand des Seegrundstücks stattfinden sollte. Das schien mir doch sehr öffentlich.
    Plötzlich ragte vor uns eine dunkle Wand auf. Wir folgten unseren Vordermännern um das Gebäude herum. Es war ein

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